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Glutnester

Glutnester

Titel: Glutnester
Autoren: Gabriele Diechler
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erzählte zum wiederholten Mal, dass man im Dorf längst über Veronikas Todesart getuschelt habe. Alle möglichen Gerüchte gingen um. Durch den Sepp Gnadl habe er erfahren, wie die Veronika umgekommen war. Er habe sich lediglich dafür interessiert, wie so was ablief. Und im Stall versteckt habe er das Buch, damit die Kinder es nicht in die Finger bekämen.
    Elsa spürt plötzlich ein Feuer in sich brennen. Eine unerträgliche Hitze, die dabei ist, ihren gesamten Körper einzunehmen. Die Hitze frisst ihre bisherigen Überlegungen auf wie ein gefräßiges Tier. Könnte alles ganz anders sein, als sie bisher vermutet hat? Elsa schluckt leise ihren Speichel hinunter. Was passierte gerade mit ihr? Und was war Nadine zugestoßen? Wieso fühlte sie sich mit einem Mal völlig ausgeliefert?

22. Kapitel
    Elsa sitzt kaum im Auto, als ihr Handy erneut klingelt. Diesmal ist es Elvira Felber. »Frau Wegener, ich glaube, ich muss Ihnen noch was mitteilen. Keine Ahnung, ob es wichtig ist. Aber sagen muss ich es auf jeden Fall.«
    »Ich bin in Eile, Frau Felber. Kann ich Sie später zurückrufen?« Elsa hat das Handy zwischen Schulter und Ohr eingeklemmt, startet den Wagen und fährt rückwärts aus der Parktasche.
    Elvira Felber lässt sich nicht abschütteln und spricht einfach weiter. »An dem Tag, als das mit dem Mischgerät passierte. Sie wissen schon …« Sie seufzt laut auf. »Also kurz gesagt, es gibt noch jemanden, der die Möglichkeit zur Manipulation hatte. Ein Journalist, dem die Frau Doktor ein Muttermal entfernt hat. Er ist nicht zum Fädenziehen gekommen und hat auch sein Ergebnis nicht nachgefragt. Finden Sie das nicht seltsam? Ich schon.«
    »Wie ist der Name des Patienten?«, will Elsa wissen. Sie hat inzwischen ihr Ausparkmanöver beendet, ist aber noch nicht auf die Straße abgebogen.
    »Speckbacher, Gerd«, gibt die Felber an.
    Elsa bremst ihren Wagen ab. »Bitte erzählen Sie mir genau, was an jenem Tag passiert ist.« Elsa ist schlagartig ganz Ohr.
    »Also, es fing damit an, dass der Speckbacher im Sprechzimmer fertig war und mal aufs WC musste. Ich allerdings musste dringend zur Frau Doktor ins Sprechzimmer. Als dieser Speckbacher also aufs WC verschwand und ich ins Sprechzimmer, waren für einige Minuten keine Patienten im Warteraum. Ich dachte, dieser Zeitungs-Typ, der wird nur schnell seinen Urin loswerden wollen. Und freundlich war er außerdem. Der lächelte lieb. Trotzdem hatte ich ein seltsames Gefühl bei dem. Ich hab mir aber nichts dabei gedacht, ihn kurz allein zu lassen. Was sollte der auch anstellen?«
    Elsa stöhnt auf, als läge sie selbst unterm Messer von Frau Dr. Kamps. Allerdings ohne Betäubung. »Alles zusammengefasst, hatte Herr Speckbacher, genauso wie Hubert Kratzer, die Gelegenheit, sich am Mischgerät zu schaffen zu machen. Das können wir so festhalten, nicht wahr, Frau Felber?«
    »Genauso ist es, Frau Wegener«, bestätigt Elvira Felber, froh, ihre Erkenntnis losgeworden zu sein.
    »Sie haben recht getan, mich anzurufen. Ich werde Ihre Mitteilung meinem Kollegen melden und komme dann noch mal auf Sie zu. Und mit der Frau Dr. Kamps müsste ich ebenfalls sprechen. Bitte richten Sie das aus.«
    »Mach ich, Frau Wegener. Und entschuldigen Sie nochmals, dass mir das mit dem Speckbacher erst heute wieder eingefallen ist. War keine Absicht.«
    Elsa verabschiedet sich, drückt die Aus-Taste, wirft ihr Handy achtlos auf den Beifahrersitz und steuert erneut die zuvor verlassene Parktasche an.
    Das Verhör von Hubert Kratzer gestaltete sich vielleicht deshalb derart unergiebig, weil er gar nichts mit dem Mord an Veronika Steffel zu tun hatte, ist plötzlich ein neuer Gedanke in Elsa Gehirn. Sie merkt, wie ein drängendes Gefühl, sich zu entschuldigen, in ihr aufsteigt. Obwohl noch nichts feststeht. Unversehens ist sie Karl Degenwald unendlich dankbar, dass er sie davon abgehalten hat, ins Privathaus der Gasteigers beziehungsweise Kratzers einzudringen. Was war nur mit ihr los? Seit sie von Köln weggezogen ist, erkennt sie sich selbst nicht wieder. Ihr Instinkt, sonst ihre wichtigste und verlässlichste Waffe, war zu einer verkümmerten Pflanze verkommen, bemitleidenswert, ohne jede Durchschlagskraft. Sie wusste nicht länger, was glauben und was nicht. Eventuell hatte sie sich ganz und gar vertan, was den Verdacht gegen Hubs Kratzer anbelangt. Der saß nun im Verhörraum und kämpfte um ein Stück seiner Wahrheit. Während sie dabei war, ihren guten Ruf und alles, was sie sich
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