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Glutnester

Glutnester

Titel: Glutnester
Autoren: Gabriele Diechler
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okay ist. Was mit ›Leider nein‹ zu beantworten wäre.« Die Hautärztin deutet auf ein Papier in ihrer Hand. »Ich muss ihn mir noch mal anschauen oder gleich in eine Klinik überweisen. Rothaarige sind nun mal benachteiligt, was die Haut anbelangt.«
    Elvira schaut mit einem Mal irritiert drein. »Dieser Speckbacher ist nach der Behandlung eine ganze Weile auf der Toilette verschwunden.«
    »Ja und? Ist nicht verboten«, entgegnet Frau
Dr. Kamps.
    »Ich war bei dir im Sprechzimmer, bevor die nächsten beiden Patienten gekommen sind. Die Urhauser-Brüder. Die Praxis war einige Minuten oder sogar länger unbeaufsichtigt.«
    »Was heißt da unbeaufsichtigt? Wir waren doch da.« Frau Dr. Kamps wundert sich über ihre Assistentin.
    »Das Mischgerät steht im Nebenraum und war für jeden zugänglich. Diese Frau Wegener von der Kripo war bei mir. Sie hatte Fragen wegen des defekten Mischgeräts. Sie vermutet, dass der Hubs Kratzer was damit zu tun hat. Aber jetzt wird mir gerade klar, dass dieser Speckbacher genauso gut die Möglichkeit gehabt hätte, das Gerät zu manipulieren.«
    »Elvira, du schaust zu viele Krimis im Fernsehen an.«
    Die Felber bleibt ernst. »Ich sollte das melden. Findest du nicht?«
    Frau Dr. Kamps zuckt mit den Achseln. »Wenn du meinst? Ruf sie halt an, die Wegener oder wie sie heißt. Aber vorher meldest du dich bei Speckbacher und zitierst ihn hierher. Ich muss mit ihm sprechen.« Dr. Kamps verschwindet in ihrem Sprechzimmer und Elvira Felber dreht nervös die Musik leiser.
     
    Elsa beobachtet durch den Spiegel, wie Degenwald Hubert Kratzer verhört. Der wedelt wild mit seinen Händen, als wolle er unsichtbare Fliegen um sich herum erschlagen. Sein Gesicht wirkt dabei geradezu aufgelöst und äußerst betroffen. Elsa überlegt, wieso Hubert die Tat nicht endlich gesteht. Aus der Sache kommt er ohnehin nicht mehr raus. Degenwald war geradezu genial im Verhören. Er ging mit Geschick und einer ruhigen, störrischen Art zu Werke, die man lange suchen musste. Eines stand fest, egal, wie lange er dafür brauchte, er würde Kratzer die Tat nachweisen, wenn er sie begangen hatte. Mitten in die Überlegungen hinein klingelt Elsas Handy. Sie kennt die Nummer, die das Display zeigt, nicht. »Ausgerechnet jetzt«, flucht sie, hebt aber ab.
    »Elsa Wegener?«, hört Elsa eine ruhige Frauenstimme am anderen Ende nachfragen.
    »Am Apparat«, stimmt sie zu und horcht alarmiert auf, weil sie die Stimme keiner Person zuordnen kann. »Amelie Riebeck. Ich bin Ärztin im Traunsteiner Krankenhaus und habe Ihren Namen aus dem Mund eines Mädchens namens Nadine gehört. Wir haben sie gestern als Neuzugang reinbekommen. Ein Unfall, der allerdings auf etwas anderes schließen lässt, das zuvor passiert sein muss.«
    Elsa hört, wie Amelie Riebeck am anderen Ende ein fast sanft anmutendes Seufzen hören lässt. Sie musste eine ausgesprochen ausgeglichene Person sein. Bestimmt kein Nachteil bei ihrem Job. »Vielleicht handelt es sich bei dem, was Nadine zugestoßen ist, um versuchte Vergewaltigung oder sogar Schlimmeres. Wir wissen es leider nicht«, beendet die Ärztin ihre Erläuterungen.
    Jetzt bist du dran. Setz alle Puzzleteile, die dir bekannt sind, zusammen, fordert Elsa sich auf. Nadine war Annas neue Freundin. Die, die in die Parallelklasse inhaftiert war, wie Anna es gern ausdrückte. Nadine lag im Krankenhaus und hatte ihren Namen genannt. Es musste sich also um ein Verbrechen handeln. Sonst hätte Nadine zuerst nach ihren Eltern oder jemand anderem, am ehesten einer Freundin, verlangt. Niemals jedoch nach ihr, einer Kriminalpsychologin.
    »Geben Sie mir bitte Ihre Adresse. Ich komme vorbei«, verspricht Elsa, inzwischen überzeugt davon, dass sie dringend gebraucht wurde. Als das Telefonat beendet ist, überlegt sie kurz, Anna anzurufen. Doch sie entscheidet sich dagegen. Ab dem Zeitpunkt, ab dem Anna von Nadines Erlebnissen erfuhr, würde sie keine Ruhe mehr geben. Sie würde ihre Freundin im Spital besuchen wollen und zumindest emotional in einen Sumpf aus Schrecknis und Gewalt hineingezogen. Zuerst musste sie sich mit allem konfrontieren lassen, was sie hoffentlich aus Nadines Mund erfuhr. Abwarten war besser, als vorzeitig Falsches zu verbreiten. Denn jede Minute, die Anna in Ruhe und Frieden verbringen durfte, war ein Geschenk des Schicksals an sie.
    Elsa dreht sich um und wirft einen letzten Blick auf Degenwald und Hubs Kratzer, die im Verhörraum, zumindest verbal, weiter miteinander kämpfen. Hubs
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