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Glutnester

Glutnester

Titel: Glutnester
Autoren: Gabriele Diechler
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einem Humorwettbewerb teil und wolle unbedingt siegen. »Verständnis für Frauen als Eckstein der Degenwaldschen Zivilisation? Bist du unter die Frauenversteher gegangen? Oder hat sich dein Hirn einen geheimen Zugang zu Elsas Festplatte verschafft?«
    »Das spürt man doch. Ein Blick genügt und man weiß, was los ist.«
    »Ich hab ebenfalls meine Quellen. Anna ist voll der Meinung, ihre Mutter könnte ein wenig …« Ben überlegt und entscheidet sich für die harmlose Variante. »Ein wenig Abwechslung gebrauchen.«
    »Anna meint …«, äfft Degenwald ihn nach. »Sie ist ein Kind.«
    »Mit 16 ist man kein Kind mehr. Außerdem ist sie nicht auf den Kopf gefallen. Und manchmal muss man jemandem einen emotionalen Stups verpassen. Dann geht’s wieder.«
    »Welch denkwürdiger Satz«, holt Degenwald zum verbalen Gegenschlag aus. »Wenn er denn hilft? Der Stups! Pass nur auf, dass du nicht selbst dabei umfällst.« Er seufzt laut. »Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, dass Elsas gemarterte Seele Männer im Moment ungefähr so dringend braucht wie einen Schlag in die Magengrube?«
    Ben starrt Degenwald mit einer Art grimmigem Wohlbehagen an. »Dein plötzliches Interesse an Elsas Innerem ist maßlos übertrieben. Und wenn du findest, dass sie zurzeit keine Männer braucht, lass sie halt in Ruhe.«
    »Ich mag dich, Ben, das weißt du. Aber ich muss und will weiter in Ruhe mit Elsa zusammenarbeiten. Liebeskummer oder so was hindert sie daran, klar strukturiert vorzugehen und hindert deshalb in weiterer Folge auch mich.«
    »Hab verstanden.« Ben grinst und schlägt seinem Kollegen unerwartet auf die Schulter. »In der Liebe kämpft jeder für sich. Und auf seine Weise. Elsa soll selbst entscheiden, mit wem sie Zeit verbringt.«
    Degenwald schlägt die Autotür hinter Ben zu, der inzwischen eingestiegen ist, und sieht zu, wie er den Wagen, gleich einer dahinzockelnden Kutsche, gemächlich den Berg hinunterlenkt. »Schluss mit der Geheimniskrämerei«, murmelt er erleichtert vor sich hin. Gerade so, als habe er sich zu einem neuen Leben entschlossen.
     
    Nach einer Nacht, die Degenwald, Elsa und Anna bis zum Morgengrauen mit Monopoly-Spielen im Wohnzimmer verbracht haben, kocht Elsa in der Küche Kaffee. Anna steht neben ihr und trinkt laut schlürfend frisch gepressten Orangensaft. Elsa wirft ihr, wegen der Schlürferei, einen mahnenden Blick zu, spricht aber zu Degenwald. »Wir sollten Hubert Kratzer so früh wie möglich ins Visier nehmen«, drängt sie.
    Anna räumt ihr leer getrunkenes Glas in den Geschirrspüler, öffnet den Kühlschrank und nimmt sich einen Ananasjoghurt heraus. Genießerisch reißt sie die Silberfolie hinunter und taucht den Löffel tief in die hellgelbe dicke Flüssigkeit.
    »Das war eine der coolsten Nächte meiner Mädels-Laufbahn in Bayern, Degi«, lobt Anna den Kollegen ihrer Mutter, während sie ihren Joghurt isst. »Sie können ruhig öfter hier antanzen. Rein spieltechnisch, selbstverständlich.« Anna leckt den Löffel ab und stöhnt leise vor sich hin. »Himmlisch, sag ich euch. Ananas sind einfach göttlich.«
    Karl Degenwald zwinkert Elsas Tochter kurz zu und wendet sich dann wieder an ihre Mutter. »Auf Speckbacher müssen wir ebenfalls ein Auge haben. Kann gut sein, dass er Rache an seiner Mutter genommen hat …« Er gähnt verstohlen und nimmt die Tasse mit dampfendem Kaffee an, die Elsa ihm hinhält. »… und jetzt auf den Vater spitz ist«, bringt er den Satz zu Ende.
    Anna hat den Joghurt gegessen, rappelt sich, ebenfalls gähnend, auf und verabschiedet sich Richtung Bad. »Was Mord und Totschlag anbelangt, klink ich mich lieber aus. Macht das unter euch aus. Aber toll, dass ich so lange aufbleiben durfte. Endlich herrschte hier mal Gleichberechtigung.«
    Elsa grinst zu ihrer Tochter hinüber. »Das Ganze war natürlich eine rühmliche Ausnahme. Schülerinnen brauchen ihren Schlaf. Und ältere Semester wie wir …«, sie zwinkert Degenwald zu, »… erst recht.«
    Anna fährt ihrer Mutter durchs strubbelige Haar. »Das Kind hat verstanden. Umso toller war dieser Solitär, der ewig in meiner Erinnerung funkeln wird. Ich geh duschen.« Sie schlurft auf Socken die Treppe hinauf und ist aus dem Sichtfenster der Erwachsenen verschwunden.
    »Tolles Mädchen«, meint Degenwald entzückt. »Hat Tiefgang, ist lustig und geradeheraus. Eine umwerfende Kombination.«
    »Finde ich auch. Davon abgesehen. Wir sollten ebenfalls aufbrechen.«
    »Ungeduscht?« Degenwald wirft einen
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