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Gluecksstern mit Schwips

Gluecksstern mit Schwips

Titel: Gluecksstern mit Schwips
Autoren: Martina Gercke
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noch einmal heiraten (im Moment sieht es ja nicht gerade danach aus), dann will ich auch so aussehen. Melanies Haare sind am Hinterkopf leicht antoupiert und anschließend zu einem schlichten Knoten gedreht, darüber ist der Schleier mit ein paar Blümchen befestigt. Das Kleid fällt weich über die Hüften und ist der reinste Figurschmeichler. Melanie bleibt vor dem Altar stehen und lächelt Andreas beseelt an. Vergessen sind alle Bedenken. Ich seufze beim Anblick von so viel Glück.
    Das Brautpaar kniet , und der Pfarrer fängt mit seiner Traurede an. Ich schalte gedanklich auf Durchzug.
    Ich bin schon vor Jahren aus der Kirche ausgetreten. Nicht, weil ich nicht gläubig bin, sondern weil mich die Tatsache nervt, dass mich die Kirche zwingt, Kirchensteuer zu zahlen, ganz so, als würde ich einen Clubbeitrag entrichten. Nachdem ich ausgetreten bin, habe ich nie wieder etwas von meiner Kirchengemeinde gehört. Wenn das nicht die Bestätigung meiner Theorie ist, dann weiß ich auch nicht. Glauben kann ich auch so.
    Aber sollte ich in diesem Leben noch einmal heiraten, soll es auch in der Kirche sein. Ich weiß, das ist ein Widerspruch in sich, aber ich finde, die Kirche , und ganz besonders die katholische Kirche, weiß Feste einfach zu feiern. Welche Frau wünscht sich nicht, in einem traumhaften Kleid über den Teppich zu schreiten und sich dabei wie eine Prinzessin zu fühlen. Ich wollte schon als kleines Mädchen heiraten und eine Familie haben.
    Die Orgel fängt an zu spielen. Alle Gäste erheben sich von ihren Plätzen. Meine Güte, warum müssen die Kirchenbänke immer so hart sein ! Die sollten mal lieber weniger Geld für den ganzen Glitterkram und Kreuze ausgeben und dafür etwas mehr Geld in gemütliche Bänke investieren. Ich bin mir sicher, dass dann auch mehr Leute kommen würden. So hart, wie die Bänke jetzt sind, ist die Trauung eine Tortur für die Bandscheiben und die Knie. Gott sei Dank! Wir dürfen uns wieder setzen.
    Melancholische Orgelklänge verkünden das Ende der Trauung. Der Pfarrer, ein betagter Mann in den besten Jahren, spricht den Segen.
    Melanie strahlt, und mein Herz explodiert vor Kummer.
    Ich weine um meine verflossene Liebe zu Florian. Ich weine um meinen Traum vom Heiraten, der jetzt wohl nicht mehr wahrwerden wird , und ganz besonders weine ich um Jim.
    Es tut mir weh, wenn ich nur an seinen Namen denke. Jim.
    Das Schlimme ist, dass einem erst bewusst wird, was man verloren, wenn es nicht mehr da ist.
    „Sie dürfen die Braut jetzt küssen ...“ Ein Raunen geht durch die Kirche.
    „Endlich“, seufzt Anna.
    Andreas küsst Melanie wie in einem schlechten Hollywoodfilm – minutenlang. Der Fotograf springt nach vorne zum Altar und hält diesen denkwürdigen Moment fest. Blitzlichtgewitter vom Feinsten.
    „Mein Gott, der will sie wohl auffressen“, kichert Anna. Schnell senke ich den Kopf, damit sie nicht sieht, dass ich schon wieder geweint habe. Beifallsrufe mischen sich mit dem leisen Schluchzen der anwesenden Frauen. So falle ich wenigstens nicht auf.
    „Ach, Hochzeiten machen mich immer so schrecklich sentimental“, schnieft Anna neben mir.
    „Geht mir genauso“, lache ich zum zweiten Mal am heutigen Tag unter Tränen.
     
     
    Nachdem wir gefühlte zwei Stunden einen Fotomarathon zusammen mit dem Brautpaar hinter uns gebracht haben, werden wir endlich zum Champagnerempfang in der Bullerei entlassen. Andreas, Melanies Bräutigam, und Tim Mälzer sind zusammen in die Schule gegangen. Ein günstiger Umstand, der es dem Brautpaar ermöglicht, seine Hochzeitsfeier standesgemäß in der Bullerei zu feiern. Normalsterbliche wie ich können davon nur träumen. Das Brautpaar steigt in den eigens dafür gemieteten Porsche ein.
    Ich stoße Anna in die Rippen. „Früher einen forschen Pimmel, heute einen Porschefimmel.“
    Anna und ich brechen in schallendes Gelächter aus, was uns sofort böse Blicke von der vertrockneten Verwandtschaft einbringt. Daraufhin ergreifen wir die Flucht und schnappen uns eines der wartenden Taxis.
     
    Gott sei Dank ist es heute sommerlich warm, deshalb findet der Sektempfang draußen statt. Im Vorhof der Bullerei sind kleine Stehtische aufgebaut, und prickelnd kalter Champagner wartet in Kühlern auf die Gäste.
    Tim Mälzer ist da und begrüßt seine Gäste persönlich mit Handschlag, wie es sich für einen Hamburger Jung gehört. Ich muss sagen, der Mann macht einen äußerst sympathischen Eindruck auf mich, und der Champagner, den er serviert,
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