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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bist?« sagte sie zu ihm. Nach sekundenlanger Pause, in der sie ihm Zeit gab, sich auf das, was kommen würde, vorzubereiten, fuhr sie fort. »Ein Idiot!« Und damit kein Zweifel mehr blieb, setzte sie hinzu: »Ein Riesenidiot!«
    Sie stand auf, ging zur Tür.
    »Wo willst du hin?«
    »Zu ihm.«
    »Bist du vom wilden Affen gebissen? Du holst dir die gleiche Abfuhr wie ich!«
    »Das will ich erst sehen«, erklärte Sabine. »Und wenn ja, dann habe ich als Mutter wenigstens nichts unversucht gelassen, um Unglück von meinem Kind abzuwenden.«
    »Du bleibst hier! Ich befehle es dir!«
    »Theo«, sagte eine ganz neue Sabine, »du kannst befehlen, was immer du willst – und wem immer –, mich interessiert das nicht mehr, verstehst du?«
    Damit rauschte sie aus dem Zimmer, und Theo besaß nicht mehr den Elan, ihr nachzulaufen und ihr in den Weg zu treten. Er fragte sich, was er an Dingen, welche die Welt auf den Kopf stellten, heute noch erleben müßte. Dann hockte er sich vor den Fernseher. Wim Thoelke war am Fragen, warum sich Napoleon, als Goethe vor ihm stand, über die Tatsache gewundert habe, daß seine Generäle nicht auch Gedichte schrieben. Der Kandidat antwortete, das sei ganz einfach, warum sich der kleinwüchsige große Korse darüber gewundert habe, nämlich weil –
    In diesem Augenblick hatte der Sender Tonausfall, und Theo Berger war verzweifelt bemüht, dem Kandidaten den entscheidenden Teil der Antwort vom Mund abzulesen. Es gelang ihm nicht. Als der Ton wieder kam, war Wim Thoelke am Fragen, was das achte Gebot mit der neunten Symphonie von Beethoven zu tun habe. Diese Frage bewegte Theo nicht sosehr. Er interessierte sich eben mehr für Geschichte und Literatur, und weniger für Religion und Musik. Er schlief ein.
    Er wachte wieder auf, als er Sabine in der Diele rumoren hörte. Sofort war ihr anzusehen, daß sie keinen Erfolg gehabt hatte, jedenfalls nicht den Erfolg, den sie sich gewünscht haben mochte.
    »Wo ist Marianne?« fragte sie. »Immer noch auf ihrem Zimmer?«
    »Ich habe sie noch nicht gesehen«, antwortete Theo.
    »Komm mit, wir müssen mit ihr reden.«
    »Was war bei dem?«
    »Komm mit.«
    Marianne saß an ihrem kleinen Schreibtisch, mit dem ihr hübsch eingerichtetes Zimmer ausgestattet war, und starrte auf einen Globus, den sie einmal zu Weihnachten bekommen hatte.
    Sabine sagte spontan: »Kind, gib das Ding weg!«
    Als Marianne nicht reagierte, nahm Sabine selbst den Globus und stellte ihn auf den Schrank. Dann setzte sie sich. Theo folgte ihrem Beispiel. Und nun sagte Sabine: »Ich war bei Wilhelm Thürnagel.«
    Marianne sagte nichts. Nur ihre Augen, mit denen sie Sabine anschaute, wurden groß und fragend.
    »Dein Vater ebenfalls«, fuhr Sabine fort.
    Daraufhin sah Marianne mit den gleichen Augen auch Theo an.
    »Ich verstehe nicht«, sagte sie schließlich.
    »Nun mußt du zu ihm«, erklärte Sabine.
    »Ich?« stieß Marianne hervor.
    »Ja.«
    »Niemals! Eher sterbe ich!«
    Man konnte sehen, daß Sabine der Atem wegzubleiben drohte. Ihre Stimme fing an zu zittern, aber das ging rasch wieder vorüber. Sabine wußte, daß sie sich jetzt zusammennehmen mußte.
    »Ja, das glaube ich«, sagte sie. »Eher stirbst du; auf dem Weg dazu bist du ja schon länger und das scheint dir auch völlig egal zu sein, was mit dir geschieht. Aber wenn du schon nicht an dich selbst denkst, dann denk doch wenigstens ein bißchen an uns – an mich, an deinen Vater … und an ihn.«
    »An ihn denke ich bestimmt nicht!« sagte Marianne trotzig.
    »Aber er an dich.«
    »Nein, Mutter, das weiß ich besser. Dem habe ich nie viel bedeutet.«
    »Du bist ein Schaf, wenn du das glaubst!«
    »Und du weißt nicht, was passiert ist.« Marianne dachte, als sie das sagte, an Wanda Krupinsky. Mehr wollte sie darüber nicht verlauten lassen.
    »Ich glaube eher, daß du nicht weißt, was passiert ist«, erklärte Sabine.
    »Ich weiß es, Mutter, und damit wollen wir es genug sein lassen.«
    Unsicher geworden blickte Sabine von Marianne zu Theodor, der bis zu diesem Moment kein Wort geäußert hatte, und fragte ihn: »Hattest du ihr davon schon mal was gesagt?«
    »Wovon?«
    »Von deinem Gespräch mit Wilhelm, während wir in Essen beim Einkaufen waren.«
    »Nein.«
    »Dann –«
    Marianne fuhr dazwischen: »Während wir in Essen beim Einkaufen waren? An diesem Tag setzte sich Wilhelm aus dem Haus hier ab? Warum? Nun höre ich, daß du da ein Gespräch mit ihm hattest, Vater. Davon wurde mir ursprünglich nichts gesagt.
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