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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie
Autoren: Steffi Wolff
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Schnitzel unter einer überdimensionalen Silberhaube serviert zu bekommen. Von einem Kellner, der nur darauf wartet, dass ich kleckere oder den Wein umschütte. Nur damit er dann angelaufen kommen kann, um lautstark zu rufen, damit es bloß jeder mitbekommt: »Aber, aber das macht doch nichts. Ist ja nicht das erste Mal!«
    Ich komme an einem Supermarkt vorbei und habe auf einmal eine großartige Idee: Ich werde mir heute Abend etwas zu essen kochen! Im Hotelzimmer! Das mache ich. Ich werde jetzt hier einkaufen und dann übers Telefon einen Spirituskocher oder einen Herd mit zwei kleinen Elektroplatten und Töpfen und Pfannen ordern, und dann werde ich mir seit Monaten das erste Mal wieder etwas selbst zu essen machen! Ich bin so begeistert
von meiner Idee, dass ich richtig euphorisch werde. Und später werde ich Roland anrufen. Der Umzug, der Umzug.
    Eine Minute später stehe ich tatsächlich im Supermarkt. Mir fällt auf, wie lange das her ist, dass ich selbst einkaufen war. Das wird sich alles ab sofort ändern! Ich habe auf einmal Lust, Nur-Hausfrau zu sein. Herrlich, so ein überschaubares Leben. Morgens aufstehen und Frühstück machen, dann gemütlich die Wohnung aufräumen und dann fürs Mittagessen einkaufen gehen: »Schatz, was magst du denn heute essen?« »Ach Liebes, mir schmeckt doch alles, was du zauberst! Was den Kindern schmeckt, schmeckt mir auch!« »Ach Liebling!« »Ja, Liebling?« »Nichts Liebling, nur Liebling, Liebling!« Würg.
     
    Mein Handy klingelt. Es ist ausnahmsweise nicht Roland, sondern Susanne. Offensichtlich zurück von der Weltreise, will sie mir lang und breit erzählen, wie es wo war. Mir fällt siedend heiß ein, dass sie ja noch gar nichts, wirklich nichts, von der neuen Situation weiß. Weder dass ich bei easy-Radio aufgehört habe noch dass Marius und ich uns getrennt haben. Sie weiß auch nichts von den Talkshows und von Roland Dunkel und dass ich in Berlin bin und überhaupt. Huch, wie sag ich das denn jetzt alles so, dass sie nicht gleich tot umfällt?
    » … und dann in Thailand, Caro, du glaubst nicht, was es da gibt! Da gibt es an jeder Straßenecke Stände, an denen Reis verkauft wird. Einfach so. Reis. Natürlich gibt es auch Fleisch und so dazu, aber die essen da überwiegend wirklich nur Reis.«
    »Susanne«, unterbreche ich, »ich muss dir ganz viele wichtige … «
    »Michael fand es ja in China fast noch interessanter. Da tragen die Frauen auf den Feldern so breite Hüte, und Michael hat mir auch so einen gekauft, aber ich bin überall damit angestoßen. Aber weißt du, was du dir unbedingt mal anschauen musst?
    Einen Sonnenuntergang am Ayers Rock. Du weißt doch, in Australien, da wo diese Mädchenschulklasse spurlos verschwunden ist. Fahr da bitte hin! Du musst hin! Ich habe fast geweint. Da war alles rot und glänzte. Un-glaub-lich!«
    Klar, ich fliege morgen mal eben nach Australien und schaue mir einen Sonnenuntergang an. Dann jogge ich zum Flughafen zurück und bin schon abends wieder in Deutschland. Eine brillante Idee.
    »Wir sind dann weiter nach Amerika geflogen. Ich sage dir, Charleston ist eine wunderschöne Stadt. Dieses Flair der Südstaaten. Caro, da fahren doch tatsächlich noch KUTSCHEN !«
    Was hat sie denn jetzt? Die fahren in Watzelborn auch. Kutschen fahren doch überall, wo es Pferde gibt.
    »Aber trotzdem ist es schön, wieder zu Hause zu sein«, schwadroniert Susanne weiter. »So lange hat Michael noch nie Urlaub am Stück gehabt, weißt du, er ist schon ganz nervös, weil eventuell ohne ihn Leichen obduziert wurden, haha!«
    Haha. Michael ist Pathologe und eigentlich so verbunden mit seinem Beruf, dass er an nichts anderes denkt. Susanne muss ihm ein Messer an die Kehle gesetzt haben, um ihn zu diesem Urlaub zu überreden.
    »Soll ich heute Abend auf ein Glas Wein zu dir kommen? Ich hab auch schon Bilder entwickeln lassen, direkt drüben vor Ort, das war total günstig, du wirst staunen, Caro, wenn du die Bilder siehst.«
    Ich mochte mir noch nie Urlaubsfotos von Urlauben anschauen, bei denen ich nicht selbst dabei war. »Hier endet das Foto leider, aber wenn du die Straße da weiter nach rechts gegangen wärst, da war eine wunderschöne Basilika, 11 . Jahrhundert, die Mönche dort schweigen alle.« Warum fotografiert man dann nicht gleich die Basilika?
    Ich versuche, Susanne in knappen Worten beizubringen, dass
ich heute Abend leider keinen Wein mit ihr trinken kann, weil ich nämlich leider in Watzelborn keine Wohnung mehr habe.
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