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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie
Autoren: Steffi Wolff
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nebenbei als Hure arbeitet. Deswegen will sie auch nicht mit mir zusammenziehen!«
    Das kann ja lustig werden.
    Ich gehe in die Maske, und dann geht es auch schon los. Felix und das Team haben sich gründlich vorbereitet, und ich bekomme stapelweise Infos in die Hand gedrückt. Über die Lebensgewohnheiten und den Tagesablauf und und und. Das Kamerateam hat an den Lockvögeln kleine Kameras angebracht.
     
    Schließlich sitze ich mit den beiden aufgeregten Auftraggebern im Fernsehstudio, und Testbilder erscheinen. Daphne und Rebecca sind auf dem Weg zum Ehemann von Gertrud, und ein männlicher Lockvogel, der Stefan heißt, sucht die Straße, in der Katharina wohnt. Alle kommentieren in ein eingebautes Mikrophon ihr Tun.
    Stefan, Lockvogel Nummer eins, der im Übrigen ein Bild von einem Mann ist (wie aus einem Men’s-Health-Titel entsprungen: dunkelhaarig, dunkle Augen, Waschbrettbauch, den man auch unter dem T-Shirt sieht, und unglaublich erotische Ausstrahlung): »Ja, da vorn ist also die Stettiner Straße, da werde ich bei der Hausnummer 30 gleich mal klingeln. Katharina weiß natürlich nichts von ihrem Glück, ich werde so tun, als sei ich ein Angestellter von den Städtischen Gaswerken, der bei ihr in der Küche die Leitungen überprüfen muss. Natürlich, hahaha, werde ich dann versuchen, sie zu verführen. Hahaha. Vielleicht hat Katharina ja auch Besuch, hihihi, das wird dann ganz lustig, wenn wir sie in flagranti ertappen. Hohoho.«
    Verstohlen sehe ich mir den Lebenslauf des zweiten männlichen Lockvogels an, der im Studio auf dem Tisch liegt (der Lebenslauf). Der Gute heißt Heiko, ist blond und eher einfach gestrickt, sieht aber ziemlich gut aus. Außerdem hat Heiko einen Dauerständer, weil er schon zum Frühstück eine Viagrapille schluckt. Die sind besser als Kaffee, steht da eigenhändig von ihm geschrieben. Heiko hat, wenn man ihm Glauben schenken darf, mit seinen 28  Jahren schon über 200 »Bretter« flachgelegt
und »alle sind absolut total auf ihre Kosten gekommen«. Ich weiß ja nicht …
    Daphne und Rebecca witzeln ähnlich wie Stefan über ihr Vorhaben. Ich habe ein ungutes Gefühl. Haben die in der Redaktion sich überhaupt mal mit einem Rechtsanwalt über die ganze Sache besprochen? Darf man so mir nichts, dir nichts einfach bei Leuten klingeln und die dann filmen? Was mache ich denn bloß, wenn auf der Leinwand plötzlich ein flotter Dreier mit Daphne, Rebecca und Horst stattfindet? Wie reagiert denn dann Gertrud? Was sage ich denn dann zu Gertrud? Ich bin doch keine Psychologin.
     
    Gertrud und Frederik starren gebannt auf die Leinwand, und ich wünsche mir, dass ich im künstlichen Koma liege und einfach nur schlafen kann. Ernährt von einem Schlauch, durch den Flüssignahrung fließt, sodass ich noch nicht mal mehr kauen muss.
    Stefan ist nun in der Stettiner Straße 30 angekommen und grinst mit unglaublichem Charme und dem Wissen, dass er jede Frau rumkriegen kann, in die Kamera:
    »Denn mal los, drückt mir die Daumen«, witzelt er und klingelt an der Tür. Furchtbar. Furchtbar. Frederik beugt sich nach vorn, sein Oberkörper wird immer länger.
    Eine Frau sagt durch die Sprechanlage »Hallo«, und Stefan erklärt, wer er ist und warum er hier sei. Der Türsummer wird betätigt. Mein Herz rast. Frederik transpiriert, was hundertprozentig nicht nur durch das Scheinwerferlicht kommt.
    Man sieht Stefan in den zweiten Stock laufen. Oben angekommen, bleibt er vor einer Tür stehen, die sofort geöffnet wird.
    Eine Frau mit blonden Haaren steht vor Stefan. Sie trägt einen Morgenmantel. Alles noch verstehbar, es ist schließlich erst 11 Uhr. Andererseits ist es ein gewöhnlicher Montagmorgen,
und laut Frederik arbeitet Katharina als Direktionsassistentin bei einer Bank. Also müsste sie ja eigentlich montags ganz normal zur Arbeit gegangen sein. Ist sie aber nicht. Vielleicht hat sie ja Urlaub. Ich bin verzweifelt. Weil Frederik erzählt hat, dass sie keinen Urlaub hat.
    ›Bitte, bitte, lass Katharina Stefan wegschicken‹, denke ich inständig. Aber Katharina sagt: »O hallo, kommen Sie doch rein!« Dadurch, dass die winzige Kamera an Stefan befestigt ist, hat man das Gefühl, selbst durch die Zimmer zu gehen. Katharina läuft vor Stefan her. Sie geht ins Wohnzimmer. Das Wohnzimmer hat eine Verbindungstür zum Schlafzimmer. Diese Verbindungstür steht offen, und ich sehe eine nackte Frau auf dem Bett liegen. Frederiks Atem geht mittlerweile stoßweise.
    Gleich wird er hyperventilieren,
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