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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie
Autoren: Steffi Wolff
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Story!«
    »Halt den Mund«, fährt Pitbull Mausi an. Alle stehen im Kreis um mich herum, die anderen Hochzeitsgäste irgendwann auch. Es ist entsetzlich. Ungefähr dreitausend kampfeslustige Hornissen bilden eine Art Schutzschild zwischen mir und den anderen, und ich bin in heller Aufregung.
    »Auf See passiert so was nicht«, sagt Roland, um auch was zu sagen. »Kaum ist das Land außer Sicht, ist das ganze Ungeziefer weg! Nur die Kakerlaken bleiben. Aber die bleiben ja immer.« Wenn jetzt noch jemand sagt: »Bleib einfach ganz ruhig, Caro«, wird es hier Verwundete geben.
    Tom kommt auf die grandiose Idee, in die Kirche zu rennen und Weihrauch zu holen, den er fächermäßig um mich herum verteilt, um ihn dann anzuzünden. Der Dampf lässt alle Anwesenden lautstark anfangen zu husten, und ich fühle mich wie
eine Hexe, die auf einem imaginären Scheiterhaufen verbrennt. Die Hornissen hauen trotzdem nicht ab. Gleich werden sie mich stechen, meine Haut wird auf das Zehnfache anschwellen, und ich werde vor der Kirche wegen Luftmangels sterben, weil mein Hals so angeschwollen ist, dass nichts mehr durchpasst. Schade, ich hatte mich so auf den Kuchen nachmittags bei der Hochzeitsfeier gefreut.
    Während ich mit meinem Leben abschließe, denke ich daran, dass doch alles ziemlich Scheiße gelaufen ist die letzten Monate. Was für ein Durcheinander. Was für ein Chaos. Nichts steht mehr auf dem rechten Platz.
    Warum kann es nicht Peng machen, eine gute Fee steht vor mir und fragt nach meinen Wünschen. Ich hätte sowieso nur einen: »Mach, dass alles so ist wie an einem stinknormalen Nachmittag in meiner und Marius’ Wohnung.« Aber eigentlich liebe ich doch Roland Dunkel, und eigentlich bin ich hier auf Marius’ Hochzeit. Die muss bestimmt abgesagt werden, weil gleich ein Bestattungsunternehmer mit einem überdimensionalen Sarg kommt, der meine Überreste wegtransportieren muss.
    Überdimensional deshalb, weil ich wegen der Hornissenstiche gleich das Doppelte als sonst wiegen werde. Aufgeschwemmt werde ich sterben. Man wird ein Doppelgrab für mich ausheben müssen, wenn das überhaupt reicht!
    Wegen des Rauchs kann ich kaum noch Leute erkennen und muss ebenfalls husten. Alles verschwimmt vor meinen Augen.
    Und diese schrecklichen Hornissen – das Summen wird immer lauter! Es wird so laut, dass es nicht zum Aushalten ist.
     
    »Caro! Caro! CAROLIN !!!« Ich muss immer noch schrecklich husten. Und das Summen ist immer noch da.
    »Mach doch mal die Augen auf!« Es ist Marius’ Stimme. Ach, dass er sich auch mal bequemt, zu mir zu kommen, zu mir, die
ich gerade am Abnibbeln bin. Eben hatte ich die Augen doch noch offen. Wieso sind die plötzlich zu? Und was nützt es denn, wenn ich sie wieder aufmache? »Caro, mach die Augen auf!« Marius klingt richtig böse. Weil ich zu schwach bin, um zu reagieren, öffne ich letztendlich die Augen und kriege einen Riesenschreck.
    »Was, was, was«, stammele ich und bin wirklich verwirrt. Aufgrund der Tatsache nämlich, dass ich plötzlich nicht mehr vor der Watzelborner Dorfkirche stehe, sondern in Marius’ und meiner Wohnung auf dem Sofa liege.
    »Du hattest einen schrecklichen Albtraum«, sagt Marius. »Bin ich froh, dass ich dich endlich wachgekriegt habe!«
    Ich hatte einen Albtraum? Was für einen Albtraum? Wo ist die schwangere Uschi in ihrem Seidenbrautkleid? Wo sind überhaupt all die anderen Menschen? Aber nach Rauch riecht es trotzdem, und das Summen ist immer noch da.
    »Du bist vor Stunden eingeschlafen«, sagt Marius. »Und ich wollte doch einen Kuchen backen. Und Tee machen. Der Kuchen ist aber angebrannt, ich hab die blöde Form nicht eingefettet und den Ofen aus Versehen auf ›Infrabraten‹ gestellt. Warte mal, ich komm gleich wieder, ich nehme nur kurz den Wasserkessel vom Herd!«
    Ich setze mich auf.
     
    Alles nur ein Traum. Alles nur ein Traum. Ich bin immer noch die Caro von früher. Alles nur ein Traum. Vor Erleichterung breche ich in Tränen aus. Die Decke, unter der ich gelegen habe, und meine Klamotten sind total verschwitzt. Aber egal. Alles nur ein Traum.
    Kein Pitbull, der einen Hans heiraten wollte, kein Karibikurlaub mit Schiffbruch, keine Talkshow, keine Daphne, keine Säurefrau, kein Sylvester, keine Uschi, kein Pitbull und kein Gero, die
mich verstoßen, kein Abschied von easy-Radio. Nein, nein, nein. Alles wie früher. Alles ist geblieben. Noch nie in meinem ganzen Leben bin ich so froh gewesen. Noch nie. Gott sei Dank ist der Kuchen angebrannt,
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