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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie
Autoren: Steffi Wolff
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ist sie vom Leben gezeichnet«. Margot kommt mit Walkürenschritten an unseren Tisch gelaufen und klopft zur Begrüßung darauf. Als ob wir ein Stammtisch wären.
    Dann sagt sie auch noch: »Na, Freunde, dann erst mal einen Kurzen. Nein, zwei, auf einem Bein kann man ja nicht stehen,
    hahaha.« Dann schlägt sie mir auf die Schulter und sagt: »Alte, rutsch mal ’n Stück!« Das kann ja heiter werden. Margot ist zweimal geschieden und betreibt zusammen mit ihrem Bruder eine Firma für Fußabtreter in Frankfurt. Sie designt teilweise die Fußabtreter noch selbst und ist sehr stolz darauf. Am besten gefallen ihr die Fußabtreter mit kleinen Elefanten drauf, die durch eine Sprechblase rufen: »Hereinspaziert!« Ob ich die kennen würde? Auf mein Verneinen hin wird sie sauer und fragt, ob ich denn keinen Fußabtreter vor meiner Wohnungstür liegen hätte? Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht so genau, ob wir einen haben. Margot ignoriert mich von diesem Augenblick an, was ich aber nicht weiter schlimm finde. Ich kann mich stattdessen ja mit Gero und Tom darüber unterhalten, ob Tantra und Mikrowellengerichte vereinbar sind.
    Marius ist schon zu Hause, als ich komme, und wir trinken noch ein Glas Wein zusammen. Ich bin froh, dass wir so normal sind.
     
    Am nächsten Tag gehe ich zu Jo, meinem Chef, und reiche Urlaub ein. In zwei Wochen fliegen wir. Juhu, das wird ein Spaß. Hoffentlich passe ich in meinen Bikini. Das Essen auf der ANITA soll ja phantastisch sein. Ich kann Leute nicht verstehen, die ihren Urlaub in Ferienwohnungen verbringen. Da kann man doch auch gleich zu Hause bleiben. Super Erholung für die Mutter einer sechsköpfigen Familie, die jeden Tag damit verbringen muss, Frühstück zu machen, zu spülen und im Timmendorfer Supermarkt das Mittagessen einzukaufen, während ihr Mann am Strand liegt und die Bildzeitung liest und irgendwelche Kinder ständig nölen und sich um Wasserbälle streiten und sich gegenseitig ihre Sandburgen eintreten.
    Da haben wir es doch wirklich besser.
    Obwohl – nach Timmendorf kann man bequem mit dem Auto fahren. Nach Hawaii müssen wir dann fliegen. Ich habe Angst
vorm Fliegen. Und wer weiß, was alles auf dem Schiff passiert. Ach was. Auf dem »Traumschiff« passiert auch nie was, außer dass sich immer irgendjemand verliebt oder Liebeskummer hat oder sauer ist, weil er nicht am Kapitänstisch sitzen darf. Oder eine Frau Anfang fünfzig ist der festen Überzeugung, sie sei unheilbar krank wegen einer Wucherung am Oberbauch, und dann stellt sich heraus, dass sie lediglich ihren Brustbeutel nicht ausgezogen hat. An »Titanic« will ich gar nicht erst denken, sonst verbringe ich meinen Urlaub lieber in einer Pension im Sauerland. Alles wird gut gehen, alles. Wir werden eine Menge Spaß haben, und alle werden denken, wir seien die Bordanimateure. Haha. Also, dass ich mich immer so verrückt machen muss. Warum sollte nicht alles reibungslos funktionieren?
    Weil nie etwas reibungslos funktioniert in meinem Leben.
     
    Aber jetzt warte ich erst mal ungeduldig auf einen Kooperationspartner, der uns einen Verrechnungsscheck für eine Programmaktion persönlich vorbeibringen will. Ich sage zu unserer Sekretärin, dass sie mir unbedingt Bescheid geben soll, wenn ein Dirk Schnöppel beim Hauptpförtner ist. Er kommt und kommt aber nicht. Herr Schnöppel muss uns vergessen haben. Ich werde ungeduldig. Als ich Cara zum hundertsten Mal frage, ob jemand unten ist, verneint sie wieder, meint aber, seit einer Stunde würde ein Timo Beil auf mich warten. Da ich aber keinen Termin mit einem Timo Beil habe, ignoriere ich das, bis Jo, unser Chef, ziemlich sauer in mein Büro kommt und meint, dass ihn eben Herr Schnöppel angerufen und sich darüber beschwert habe, dass ich ihn in der Halle unten sitzen lassen würde. Die Kooperation könnten wir jetzt wohl auch vergessen. Es stellt sich heraus, dass Dirk Schnöppel Timo Beil ist, da wir die Kooperation mit T-Mobile getroffen haben und Herr Schnöppel
dummerweise seinen Namen nicht gesagt hatte, sondern nur die Firma. Ich kann ihn zum Glück beruhigen und ihm den Scheck doch noch abknöpfen, was Jo dann auch beruhigt.
     
    Bringe die nächsten Wochen mehr schlecht als recht über die Runden und bin froh, als ich meinen letzten Arbeitstag habe.
    Nini macht meine Vertretung, und ich vertraue ihr meinen Rolodex mit allen wichtigen Telefonnummern an.
    »Mensch, Caro«, sagt sie, als ich mich verabschiede. »Ich hab ein ungutes Gefühl bei diesem
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