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Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen
Autoren: Wolfgang Ecke
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letzte, was ich meinem Bäuchlein zugeführt hatte, waren vor Stunden anderthalb Literchen Buttermilch gewesen.
    „Haben Sie schon gewählt?“
    „Oh, sieht man mir den Hunger an?“ fragte ich in das lächelnde Gesicht der jungen Dame mit der weißen Schürze. „Man sieht Ihnen den Appetit an!“
    Ich schüttelte den Kopf. „Mein Appetit ist so groß, daß er bereits auf den Namen Hunger hört.“
    „Das läßt sich schnell und leicht ändern.“
    „Was können Sie mir empfehlen?“
    „Es gibt nichts, was ich Ihnen nicht empfehlen könnte!“
    „Also gut, so nehme ich zuerst Sie beim Wort, dann ein Kännchen Kaffee, und anschließend gehen wir nach dem Alphabet. Was gibt’s mit A?“
    „Ananastorte, Apfelkuchen und Aprikosentörtchen!“ erwiderte sie prompt und ungerührt. Sie schien Erfahrungen mit verschrobenen Typen zu haben.
    „Und mit B?“
    „Zum Beispiel unsere Hausspezialität Bauerngirgltorte.“
    „Aus was besteht die?“
    „Unter anderem aus Baumkuchenmasse, Pralinenfüllung und Marzipan. Ein paar Geheimnisse behält unser Konditormeister für sich.“
    „Klar“, nickte ich, „ich verrate auch nicht jedem, daß ich ein Genie bin.“
    Sie kicherte, und ich zählte auf: „ich beginne mit einmal Ananastorte, einmal Apfelkuchen und zweimal Bauerngirgltorte!“
    Punkt 14 Uhr tauchte Kasimir Knoll auf. Ohne Verzögerung steuerte er auf den Stuhl unter dem Bild mit dem rastenden Wanderer zu. Die kauende Lady nahm ihn kaum zur Kenntnis.
    Und so verrann die Zeit:
    14.10 Uhr entdeckte ich hinter der großen Scheibe zur Straße das griesgrämige Gesicht von Inspektor Schulz. Das bedeutete, daß das Viertel umstellt war.
    14.15 Uhr war Kasimirs Kaffee kalt, sein wunderbarer Bauerngirgl zerstochert, und ich verdrückte gerade die fünfte Köstlichkeit und bestellte neuen Kaffee.
    14.25 Uhr rauschte die Lady satt und scheinbar höchst zufrieden davon.

    14.30 Uhr warf mir Kasimir den ersten ungeduldigen Blick zu.
    14.35 Uhr bestellte ich mir (Buchstabe E) zwei Stück Erdbeerkuchen mit Sahne. Den Blicken nach hielt mich meine Lieferantin in der weißen Schürze für einen alten Freßsack. Sollte ich ihr verraten, daß sie recht hatte?
    14.50 Uhr erstürmte eine vierköpfige Familie Kasimirs Tisch, mein Auftraggeber schickte mir flehende Blicke durchs Gitter.
    15.10 Uhr lockerte Kasimir die Krawatte.
    15.45 Uhr trat die Bedienung an seine Seite und wollte wissen, ob er Herr Knoll sei!
    Knoll nickte und fiel vor Schreck fast vom Stuhl.
    „Da hat eben ein Herr angerufen. Ich soll Ihnen ausrichten, die Sache hätte sich erledigt, Sie brauchten nicht mehr zu warten!“
    Draußen vor dem Bauerngirgl tobte Kasimir der Schreckliche, während ich meinen teuren Kuchenbauch streichelte.
    „Ich fahre mit dem Zug!“ sagte ich zu Herrn Knoll.
    Wieder bedachte mich mein Auftraggeber mit einem gekränkten Seitenblick. „Und was ist mit Ihrem Hund?“
    „Den hole ich natürlich. Ich glaube nämlich nicht, daß er eine zweite Fahrt mit Ihnen überstehen würde. Pinsel ist unglaublich sensibel.“
    „Sie ulken, nicht?“
    „Natürlich!“ erwiderte ich, und es klang nach „keine Spur!“.
    „Was nun, Herr Pfiff? Was haben die Leute mit mir vor? Wozu bestellen Sie mich hierher und lassen mich sitzen?“
    „Wir werden es bald herausgefunden haben!“ nickte ich optimistisch und ahnte nicht, wie schnell sich das Versprechen bewahrheiten sollte, ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen.
    Als ich später mit Pinsel zu Inspektor Schulz ins Auto stieg, fragte der mich so richtig ernsthaft: „Mein lieber Pfiff, geben Sie zu, daß Sie auf Kosten der Polizei nur einen Betriebsausflug machen wollten?"
    „Parknase!“ erwiderte ich, doch er konnte mit dem Neuzugang in meinem Sprachschatz nichts anfangen.
    „Wenn Sie mir drei Liter Buttermilch spendieren, verrate ich Ihnen, was das heißt.“
    „Ich bin nicht neugierig!“ sagte er, doch er hätte sagen sollen: „Ich bin ein Geizhals!“

    Pinsel und ich hatten gerade die heimatlichen vier Wände betreten, als das Telefon klingelte.
    Kasimir Knoll schluchzte durch die Leitung, daß man ihn während seiner Abwesenheit beraubt hätte.
    Der Tresor sei aufgebrochen und alle wertvollen Briefmarken gestohlen. Die Polizei sei bereits unterwegs.
    Ich, der Detektiv, fiel vor Verblüffung rückwärts in den Sessel.
    „Bis später!!!“ zischte ich in die schwarze Muschel und sprang als Meisterdetektiv wieder auf. Eine herunterfallende Klappe hatte schlagartig meine Blindheit
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