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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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überall suchte und erst auf dem Friedhof fand, wo Sie gerade einen Kopfsprung in das Grab dieses jungen Mannes machen wollten.« Jakob Collin bewahrte einen Augenblick Schweigen. »Läßt Bibi-Lupin mich suchen?« fragte er den andern Agenten, »Nein, Herr Garnery hat uns ausgeschickt.« »Er hat Ihnen nichts gesagt?« Die beiden Agenten sahen sich an, indem sie sich durch ein ausdrucksvolles Mienenspiel berieten. »Sagen Sie, wie hat er Ihnen den Befehl erteilt?« »Er hat uns befohlen,« sagte Ruffard, »Sie auf der Stelle zu finden, indem er sagte. Sie wären in der Kirche Saint-Germain des Près,– wenn aber der Leichenzug die Kirche schon verlassen hätte, wären Sie auf dem Friedhof.« »Der Oberstaatsanwalt hat nach mir verlangt?« »Vielleicht.« »So ist es,« erwiderte Jakob Collin; »er braucht mich...«
    Und er versank wieder in sein Schweigen, das die beiden Agenten sehr beunruhigte. Gegen halb drei trat Jakob Collin in Herrn von Granvilles Arbeitszimmer, in dem er eine neue Persönlichkeit fand, Herrn von Granvilles Vorgänger, den Grafen Octavius von Bauvan, den einen der Vorsitzenden des Kassationshofes.
    »Sie haben vergessen, in welcher Gefahr Frau von Sérizy sich befindet, die Sie zu retten versprochen hatten!« »Fragen Sie, Herr Oberstaatsanwalt,« sagte Jakob Collin, indem er die beiden Agenten hereinwinkte, »in welchem Zustand diese Schlingel mich gefunden haben.« »Bewußtlos, Herr Oberstaatsanwalt, am Rande des Grabes des jungen Mannes, den man beerdigte.« »Retten Sie Frau von Sérizy,« sagte Herr von Bauvan, »und Sie sollen alles haben, was Sie wollen.« »Ich will nichts,« erwiderte Jakob Collin; »ich habe mich auf Gnade und Ungnade ergeben, und der Herr Oberstaatsanwalt hat vermutlich...« »Alle Briefe!« sagte Herr von Granville, »aber Sie haben mir versprochen, Frau von Sérizy die Vernunft zu retten. Können Sie es? Ist es nicht nur eine Prahlerei?« »Ich hoffe es zu können,« erwiderte Jakob Collin bescheiden. »Nun, kommen Sie mit,« sagte der Graf Octavius. »Nein, Herr Graf,« sagte Jakob Collin, »ich werde mich nicht im Wagen neben Sie setzen ... Ich bin noch ein Sträfling. Wenn ich den Wunsch habe, der Justiz zu dienen, werde ich nicht damit beginnen, daß ich Sie entehre ... Gehen Sie zu der Frau Gräfin, ich werde einige Zeit nach Ihnen kommen ... Melden Sie ihr Luciens besten Freund, den Abbé Carlos Herrera... Das Vorgefühl meines Besuches wird notwendigerweise Eindruck auf sie machen und die Krisis begünstigen. Sie werden mir vergeben, wenn ich noch einmal die lügnerische Maske des spanischen Stiftsherrn vornehme: es geschieht, um einen so großen Dienst zu leisten!« »Ich werde Sie dort gegen vier Uhr treffen,« sagte Herr von Granville, »denn ich soll den Justizminister zum König begleiten.«
    Jakob Collin suchte seine Tante auf, die er auf dem Blumenkai traf. »Nun,« sagte sie, »du hast dich also dem Storch ausgeliefert?« »Ja.« »Das ist gewagt!« »Nein, ich war dem armen Theodor das Leben schuldig, und er wird begnadigt.« »Und du?« »Ich, ich werde, was ich werden muß! Alle unsere Leute werden immer vor mir zittern!... Aber wir müssen ans Werk! Geh und sage Paccard, er soll Karriere laufen, und Europa soll meine Befehle ausführen.« »Das ist nichts; ich weiß schon, wie es mit der Gonore zu machen ist!...« sagte die furchtbare Jakobine. »Ich habe meine Zeit nicht damit verloren, hier unter den Levkojen zu stehen!« »Die Ginetta, das korsische Mädchen, muß bis morgen gefunden sein; erwiderte Jakob Collin lächelnd seiner Tante. »Man müßte ihre Spur haben.« »Die wirst du von Manon der Blonden erfahren,« erwiderte Jakob. »Also für heute abend!« sagte die Tante. »Du hast es eiliger als ein Hahn... Gibt es denn zu verdienen?« »Ich will durch meine ersten Streiche Bibi-Lupins beste übertreffen. Ich habe eine kleine Unterredung mit dem Ungeheuer gehabt, das mir Lucien getötet hat, und ich lebe nur noch, um mich an ihm zu rächen. Wir werden dank unsern beiden Stellungen die gleichen Waffen haben und den gleichen Schutz! Ich werde mehrere Jahre brauchen, um den Elenden zu fassen; aber er soll den Hieb mitten in die Brust erhalten.« »Er wird dir desgleichen versprochen haben,« sagte die Tante, »denn er hat die Tochter Peyrades bei sich aufgenommen, du weißt doch, die Kleine, die wir Frau Nourrisson verkauft haben?« »Der erste Punkt ist der, daß wir ihm einen Bedienten geben.« »Das wird schwer sein, er wird sich darin
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