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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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lassen Sie sehen,« sagte Corentin, »wir sind der eine wie der andere von unserm Wert und unser« Verdiensten überzeugt. Wir stehen jetzt beide recht allein da, ich bin ohne meinen alten Freund, Sie ohne ihren jungen Schützling. Ich bin im Augenblick der Stärkere, weshalb sollten wir es nicht machen wie in der ›Spelunke von Adrets‹ [Fußnote: Roman von Rabou.] Ich reiche Ihnen die Hand und sage: Umarmen wir uns, und all das sei zu Ende! Ich biete Ihnen in Gegenwart des Herrn Oberstaatsanwalts die volle und rückhaltlose Begnadigung, und Sie werden einer der Meinen, der Erste nach mir, vielleicht mein Nachfolger.« »Also bieten Sie mir eine Stellung?...« erwiderte Jakob Collin. »Eine hübsche Stellung! Ich war bei der Braunen und geh zur Blonden...« »Sie werden in einer Sphäre wirken, in der Ihre Talente wohl gewürdigt und gut belohnt werden, und Sie sollen ganz nach Belieben handeln. Die politische Polizei, die Regierungspolizei hat auch ihre Gefahren. Ich selber bin schon, wie Sie mich hier sehen, zweimal im Gefängnis gewesen. Ich befinde mich darum nicht schlechter. Aber man reist, man ist, was man sein will... Man wird zum Maschinisten der politischen Dramen, man wird von den großen Herren höflich behandelt... Sagen Sie mir, mein lieber Jakob Collin, paßt Ihnen das?« »Haben Sie Befehle in dieser Richtung?« fragte der Sträfling. »Ich habe Vollmacht...« sagte Corentin, der über diese Eingebung ganz glücklich war. »Sie scherzen, Sie find ein schlauer Mensch, Sie werden wohl erlauben, daß man Ihnen mißtraut. Sie haben mehr als einen verkauft, indem Sie ihn in einen Sack einbanden, in den Sie ihn freiwillig hineinsteigen ließen... Ich kenne Ihre schönen Siege, die Angelegenheit Montauran, die Angelegenheit Simeuse ... Ah, das sind die Schlachten bei Marengo der Spionage.« »Nun,« sagte Corentin, »Sie achten den Herrn Oberstaatsanwalt?« »Ja,« sagte Jakob Collin, indem er sich achtungsvoll verneigte; »ich bewundere seinen schönen Charakter, seine Festigkeit und seinen Adel, und ich würde mein Leben dafür geben, damit er glücklich wird. Daher werde ich auch zunächst einmal der Gefahr, in der Frau von Sérizy schwebt, ein Ende machen.« Dem Oberstaatsanwalt entschlüpfte eine freudige Geste. »Nun, fragen Sie ihn,« fuhr Corentin fort, »ob ich nicht Vollmacht habe, Sie Ihrem schmählichen Gewerbe zu entreißen und Sie an meine Person zu fesseln.« »Das ist wahr,«sagte Herr von Granville, indem erden Sträfling beobachtete. »Freilich! Ich erhielte Absolution für meine Vergangenheit und das Versprechen, Ihr Nachfolger zu werden, wenn ich Ihnen Beweise meiner Geschicklichkeit gäbe?« »Zwischen zwei Männern wie uns kann kein Mißverständnis walten,« erwiderte Corentin mit einer Miene der Seelengröße, die jedermann getäuscht hätte. »Und der Preis für dieses Geschäft ist ohne Zweifel die Auslieferung der drei Briefpakete?« fragte Jakob Collin. »Ich glaubte, das brauchte ich Ihnen nicht erst zu sagen...« »Mein lieber Herr Corentin,« sagte Betrüg-den-Tod mit einer Ironie, die jener würdig war, mit der Talma in der Rolle des Nikomedes triumphierte, »ich danke Ihnen; ich bin Ihnen dafür verpflichtet, daß ich meinen ganzen Wert kenne und weiß, wieviel Wert man darauf legt, mich meiner Waffen zu berauben ... Ich werde es niemals vergessen... Ich werde Ihnen stets und jederzeit zu Diensten stehen, und statt wie Robert Macaire zu sagen: ›Lassen Sie uns umarmen!‹ umarme ich meinerseits Sie.«
    Er griff Corentin mit solcher Geschwindigkeit um die Hüften, daß der sich nicht gegen die Umarmung wehren konnte; er drückte ihn wie eine Puppe gegen die Brust, küßte ihn auf beide Wangen, hob ihn mit der einen Hand wie eine Feder auf, öffnete mit der andern die Tür des Zimmers und setzte ihn, der von dem kräftigen Druck wie zermalmt war, hinaus. »Adieu, mein Lieber,« flüsterte er ihm leise ins Ohr. »Uns trennen drei Leichenlängen; wir haben die Schwerter gekreuzt; sie sind von gleich gutem Stahl und gleicher Länge... Wir wollen einander achten; aber ich will Ihresgleichen sein, nicht Ihr Untergebener... Mit Ihren Waffen würden Sie mir als ein für Ihren Leutnant zu gefährlicher General erscheinen. Wir wollen einen Graben zwischen uns legen. Weh Ihnen, wenn Sie auf mein Gebiet herüberkommen!... Sie nennen sich den Staat, wie sich die Lakaien die Namen ihrer Herren beilegen; ich will mich die Gerechtigkeit nennen; wir werden uns oft sehen; wir wollen uns
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