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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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beglückwünschen, ich werde redlich das sein, was ich sein soll; und in allen Angelegenheiten, die man mir anvertrauen wird, werde ich Erfolg haben.« »Ich kann Ihnen nur mein Wohlwollen versprechen. Was Sie von mir verlangen, hängt nicht von mir ab. Nur dem König steht das Recht zu, auf den Bericht des Justizministers hin zu begnadigen, und die Stellung, die Sie einnehmen wollen, hat der Herr Polizeipräfekt zu vergeben.«
    »Herr Garnery,« sagte der Bureaudiener. Auf einen Wink des Oberstaatsanwalts trat der Delegationskommissar ein; er warf einen Kennerblick auf Jakob Collin und unterdrückte sein Staunen, als Herr von Granville zu Jakob Collin sagte: »Gehen Sie.« »Wollen Sie mir erlauben,« erwiderte Jakob Collin, »nicht eher zu gehen, als bis Herr Garnery Ihnen gebracht hat, was meine ganze Stärke ausmacht, damit ich ein Zeichen der Zufriedenheit von Ihnen mitnehmen kann?« Diese Demut, dieser vollkommene gute Wille rührte den Oberstaatsanwalt. »Gehen Sie,« sagte er, »ich bin Ihrer sicher.«
    Jakob Collin verbeugte sich tief und mit der vollen Unterwürfigkeit des Untergebenen vor seinem Vorgesetzten. Zehn Minuten darauf hatte Herr von Granville die in drei versiegelten und unberührten Paketen enthaltenen Briefe in seinem Besitz. Aber über der Bedeutung dieser Angelegenheit, über Jakob Collins Beichte hatte er das Versprechen der Heilung Frau von Sérizys vergessen.
    Jakob Collin überschlich, sowie er draußen war, ein unglaubliches Gefühl des Wohlseins. Er fühlte sich frei und zu einem neuen Leben geboren; er ging rasch vom Palast bis zur Kirche Saint-Germain des Près, wo die Messe beendet war. Man sprengte das Weihwasser über die Bahre, und er kam gerade noch rechtzeitig, um der sterblichen Hülle dieses so zärtlich geliebten Kindes das christliche Lebewohl zu sagen; dann stieg er in einen Wagen und begleitete die Leiche bis zum Friedhof.
    Bei allen Pariser Begräbnissen vermindert sich, mit Ausnahme ungewöhnlicher Umstände und der ziemlich seltenen Fälle, daß eine Berühmtheit auf natürliche Welse gestorben ist, die Menge, die in die Kirche gekommen ist, in dem Maße, in dem man sich dem Père-Lachaise nähert. Man hat Zeit für eine Demonstration in der Kirche, aber jeder hat seine Geschäfte und geht ihnen so bald wie möglich wieder nach. Daher waren denn auch von den zehn Trauerwagen keine vier voll. Als der Leichenzug den Père-Lachaise erreichte, bestand das Gefolge nur noch aus etwa zwölf Personen, unter denen sich Rastignac befand. »Es ist hübsch, daß Sie ihm treu sind!« sagte Jakob Collin zu seinem einstigen Bekannten. Rastignac machte eine Bewegung der Überraschung, als er Vautrin erblickte. »Seien Sie ruhig,« sagte der ehemalige Bewohner des Hauses Vauquer, »Sie haben schon dadurch, daß ich Sie hier sehe, an mir einen Sklaven. Meine Stütze ist nicht zu verachten; ich bin, oder ich werde mächtiger als je. Sie haben Tau schießen lassen, Sie sind sehr geschickt gewesen; aber Sie werden mich vielleicht einmal nötig haben, ich werde Ihnen immer dienen.« »Aber was werden Sie denn?« »Der Lieferant des Bagnos, statt sein Mieter,« sagte Jakob Collin. Rastignac machte eine Bewegung des Abscheues. »Ach, wenn man Sie beraubte!...« Rastignac schritt lebhaft aus, um sich von Jakob Collin zu trennen. »Sie wissen nicht, in welche Lage Sie einmal kommen können.«
    Man langte an der Grube an, die neben dem Grabe Esthers ausgeworfen worden war. »Zwei Geschöpfe, die sich liebten und glücklich waren!« sagte Jakob Collin; »sie sind vereinigt. Es ist noch ein Glück, daß man gemeinsam verwesen kann. Ich werde mich hier begraben lassen.«
    Als man Luciens Leiche in die Grube hinabließ, fiel Jakob Collin starr in Ohnmacht zu Boden. Dieser so starke Mensch konnte das leichte Aufschlagen der Erde nicht vertragen, die die Totengräber mit Schaufeln hinabwarfen, um dann ihr Trinkgeld zu erbitten. In diesem Augenblick erschienen zwei Agenten der Sicherheitspolizei, sie erkannten Jakob Collin, ergriffen ihn und trugen ihn in einen Fiaker.
    »Um was handelt es sich denn jetzt wieder?...« fragte Jakob Collin, als er wieder zu sich kam und sich im Wagen umgeblickt hatte. Er sah sich zwischen zwei Polizeiagenten, von denen der eine eben jener Ruffard war; daher warf er ihm einen Blick zu, der die Seele des Mörders bis zum Geheimnis der Gonore durchforschte. »Es handelt sich darum, daß der Oberstaatsanwalt nach Ihnen gefragt hat,« erwiderte Ruffard, »daß man Sie
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