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GK078 - Das Todeslied des Werwolfs

GK078 - Das Todeslied des Werwolfs

Titel: GK078 - Das Todeslied des Werwolfs
Autoren: A.F.Morland
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Stuhl festschnallen.
    Als das geschehen war, bat sie uns um absolute Stille.
    Wir waren viel zu aufgeregt, um etwas zu sagen.
    Ich beobachtete Mademoiselle Florence genau. Sie wurde merklich fahl. Sie starrte auf meinen Ring. Allmählich wurden ihre Augen kleiner. Schließlich schlossen sie sich ganz. Florence begann schwer zu atmen. Sie versetzte sich selbst in Trance, schickte ihren Geist auf die Reise und in den Körper des Werwolfs.
    Gebannt schauten wir sie an. Pierre machte ein besorgtes Gesicht. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Er wischte ihn mit einer hektischen Bewegung fort.
    Immer schwerer atmete das Mädchen. Ihr Kopf begann hin und her zu pendeln. Plötzlich stand er wieder still. Sie öffnete die Augen und starrte mich an.
    Ich wusste sofort, dass sie nicht mehr sie selbst war.
    Eine schaurige Veränderung ging mit ihr vor. Ihr Blick hatte etwas Dämonenhaftes an sich. Ihre Augen versuchten mich zu durchbohren. Eiskalter Hass glitzerte in ihnen. Sie wollte mich umbringen, das war ganz klar zu erkennen.
    Nun stieß sie ein Fauchen aus, das uns eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Ein Knurren löste sich aus ihrer Kehle. Es war tief, wie von einem Mann ausgestoßen.
    Ich sah, wie sie die Oberlippe hochzog. Sie entblößte aber kein menschliches Gebiss, sondern unverkennbar ein Wolfsgebiss. Deutlich sahen wir die langen dolchartigen Fangzähne. Jetzt klappte sie das Gebiss auseinander. Eine lange Wolfszunge hing aus ihrem Mund. Wir sahen den glutroten Rachen des Raubtiers.
    Sie stieß mörderische Laute aus.
    Ihr Gesicht hatte sich noch nicht mit Haaren bedeckt. Ihre Hände wiesen noch keine Krallen auf. Ihr ganzer Hass richtete sich vor allem gegen mich.
    »Wer sind Sie, Florence?«, fragte ich gepresst. »Wer sind Sie?«
    Ihre Lippen formten einen Namen, den wir jedoch nicht verstehen konnten.
    In ihrem Gesicht tobte ein furchtbarer Kampf. Der Wolf wollte nicht bleiben. Das Antlitz des Mädchens war ständig in Bewegung. Immerzu verformte es sich. Mal nahm der Mund eine schnauzenähnliche Form an, dann glätteten sich die Züge wieder.
    »Wer wird dein nächstes Opfer?«, fragte ich den Wolf in Florence. »Nenn seinen Namen! Wen willst du heute Nacht töten?«
    »Stevenson!«, fauchte das Mädchen unverständlich.
    »Stevenson?«
    »Stevenson!«, knurrte das Scheusal in der Französin.
    »Und wer bist du?«, fragte ich aufgewühlt. Das Experiment schien zu glücken.
    »Stevenson!«, knurrte die Bestie.
    »Nein! Stevenson soll dein Opfer sein! Wer aber bist du?«
    »Ich bin Stevenson!«, brüllte die männliche Stimme aus Florences Mund markerschütternd laut.
    »Tony!«, schrie Vicky plötzlich schrill leben mir auf.
    Sie wies auf die Brüste im aufklaffenden Kimono. Sie verschwanden. Der Brustkorb des Mädchens wurde breiter. Er nahm männliche Formen an. Und ungemein schnell bedeckte er sich mit zotteligen Haaren. Im Nu sprang auch die Wolfsschnauze aus Florences Gesicht. Und jetzt bedeckte sich auch ihr Gesicht mit silbrig glänzenden Haaren. Sie hatte es geschafft. Sie war in den Körper des Werwolfs eingedrungen. Sie war nun der Werwolf.
    Er stieß ein fürchterliches Gebrüll aus. Seine lodernden Augen waren teuflisch auf mich gerichtet. Er wollte mein Fleisch, mein Blut. Er wollte mich zerfetzen, wollte mir seine scheußlichen Fangzähne in den Körper schlagen. Ich hatte genau jenes Monster vor mir, dem ich bereits in Hugo Brissons Wohnung gegenübergestanden hatte.
    Die zarten Mädchenhände waren zu Furcht erregenden Pranken geworden.
    Der Werwolf heulte schrecklich. Er warf sich auf dem Stuhl hin und her und zerrte wie verrückt an den Lederriemen, mit denen wir das Mädchen festgeschnallt hatten.
    Fassungslos verfolgten wir dieses widerwärtige Schauspiel, das sich von Sekunde zu Sekunde in seiner Schrecklichkeit steigerte.
    Wir hofften, dass die Lederriemen fest genug waren. Wenn nicht, waren wir verloren. Alle drei.
    Das Monster bellte und heulte. Es jaulte und zerrte an den Fesseln. Es warf sich so ungestüm hin und her, dass der Stuhl zu wackeln begann. Ich sprang hinzu, um den Stuhl am Umstürzen zu hindern.
    Sofort schnappte die Bestie nach meiner Hand, aber sie verfehlte sie.
    Ich ballte wutentbrannt die Faust.
    »Um Himmels willen, Mr. Ballard!«, schrie Pierre entsetzt hinter mir. »Das dürfen Sie nicht tun. Es ist Florence. Das hier ist trotz allem Florence!«
    Ich kam wieder einigermaßen zur Besinnung. Natürlich. Das hier war Florence. Wenn ich diesem Werwolf etwas
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