Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
wünschte sie, ein dünner Strich zu werden, so dünn, daß sie unsichtbar wird. Die anderen merken nichts davon, sie hängen gebannt an meinen Lippen.
    »Du hast gesagt, anfangs würde unser Leben, das gleiche sein«, sagt Wendy. »Ich habe das Gefühl, es geht hier um eine Art Deal. Wir müssen uns irgendwie ändern. Es gibt einen Haken. Wie wird unser Leben sich verändern? Wie sieht dein Plan B aus?«

  35
3 2 1 null
    »Plan B sieht folgendermaßen aus:
    Ihr müßt jetzt zu anderen Menschen werden. Euer Verhalten wird sich ändern. Euer Denken muß sich ändern. Und die Menschen werden diese Veränderungen bei euch beobachten, und mit der Zeit werden sie die Welt in der neuen Weise erleben, wie ihr sie ihnen vormacht.“
    » Wie?« fragt Richard. »Wie verändern wir uns?“
    »Richard, sag mir eins: Damals in der alten Welt, hattest du da nicht oft das Gefühl, der einzige Weg, dich wirklich völlig zu verändern, auf die überwältigende Weise, nach der du dich gesehnt hast, sei, zu sterben und dann bei Null wieder anzufangen? Hattest du nicht das Gefühl, als seien all die Symbole und Ideen, die dir seit der Geburt eingetrichtert worden sind, abgetragen wie alte Schuhe? Hat es dich nicht schmerzlich nach einer Veränderung verlangt, ohne daß du wußtest, wie du sie erreichen solltest? Und selbst, wenn du .es wußtest, hättest du den Mumm gehabt, das durchzuziehen? Hast du dir nicht gewünscht, daß deine Karten anders gemischt wären?«
    »Ja, klar. Aber ging es nicht allen so?«
    »Nein. Nicht immer. Dieses Gefühl ist» typisch für die Ära, in der wir lebten.«
    »Okay ...«
    »Und, Richard, hattest du nicht immer das Gefühl, daß du ewig an der Schwelle zur Erkenntnis einer großen Wahrheit lebst? Tja, dieses Gefühl hat dich nicht getäuscht. Es gibt die Wahrheit. Sie existiert tatsächlich.“
    »Aha!«
    »Ja. Nun, jetzt wird es so sein, als wärt ihr gestorben und reinkarniert worden, aber ihr bleibt dabei in eurem eigenen Körper. Ihr alle. Und in eurem neuen Leben müßt ihr ausschließlich für dieses eine Gefühl leben - daß die Wahrheit zum Greifen nahe ist. Und ihr müßt danach schreien, dafür stehlen, darum betteln - ihr werdet für den Rest eures Lebens vierundzwanzig Stunden am Tag nicht aufhören, Fragen danach zu stellen. Das ist Plan B.
    Jeden Tag für den Rest eures Lebens werdet ihr jeden Moment damit verbringen, anderen dieses Bedürfnis bewußt zu machen - das Bedürfnis, die Worte zu finden, die uns über uns selbst hinaustragen, danach zu bohren, zu stochern, zu forschen.
    Schürft. Spürt. Grabt. Glaubt. Fragt.
    Stellt Fragen, nein, kreischt die Fragen laut hinaus - während ihr bei Safeway vor den Automatiktüren kniet und andere Bürger auffordert, mit euch zusammen Fragen zu stellen während ihr euch alte Lehrbücher einverleibt und die Worte auf die Bürgersteige der Innenstädte spuckt - vor Planet Hollywood, vor der Börse und vor Gap. Ritzt Fragen auf das Glas von Fotokopierern. Kratzt Provokationen auf alte Autowrackteile und werft sie von Brücken, damit die Menschen, die in Zukunft im Schlamm graben, ebenfalls die Welt hinterfragen. Schneidet Augen in Reifenprofile und Schuhsohlen, so daß jede Spur, die ihr hinterlaßt, von Denken und Fragen und Bewußtsein erzählt. Entwerft Moleküle, die zu .Fragezeichen kristallisieren. Laßt Strichcodes Fabeln ausdrucken statt Preise. Ihr könnt nicht mal etwas in den Müll werfen, ohne vorher ein Fragezeichen draufzustempeln - eine Aufforderung an die Menschen, sich auf den Weg zu einem besseren Ort zu machen.« Schweigen. Das weiße Rauschen des Wassers ist jetzt unsichtbar. Der Himmel hat aufgeklart, und die Sterne kommen schüchtern Punkt für Punkt wieder zum Vorschein. »Was sollen wir denn fragen?« sagt Wendy. »Fragt alles, was tote und unreflektierte Überzeugungen in Frage stellt. Fragt: Wann wurden wir zu menschlichen Wesen und hörten auf, das zu sein, was auch immer wir vorher waren? Fragt: Was genau war die Veränderung, die uns menschlich machte? Fragt: Warum interessieren sich die Menschen nur noch bis zur dritten Generation zurück für ihre Vorfahren? Fragt: Warum sind wir nicht in der Lage, über eine reale Zukunft nachzudenken, die dem Jetzt weiter als etwa hundert Jahre voraus ist? Fragt: Wie können wir anfangen, die Zukunft ah etwas Gigantisches zu betrachten, das auch uns mit einschließt? Fragt: Was müssen wir nun, da wir Menschen geworden sind, tun oder erschaffen, um zu dem zu werden, was auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher