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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma
Autoren: Douglas Coupland
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Wenn das die Welt ist, dann könnt ihr sie geschenkt haben. Ich habe Mailand gehaßt. Ich habe den Laufsteg gehaßt. Ich habe mein Gesicht dafür gehaßt, daß es mich an all diese Orte befördert hat. Sollen sich doch die Insekten um die Überreste balgen. »Hamilton, komm her«, ruft sie.
    Hamilton schüttelt den Kopf. »Ich kann nicht.“
    »Du hast doch bei Jareds Beerdigung gekniet, oder?« Hamilton nickt. »Dann kannst du verdammt noch mal auch hier knien.« Hamilton geht hinüber, kniet sich neben Pamela und schaut zum Himmel empor.
    Linus schlägt die Straußenoberschenkelknochen aneinander, und das Klacken schallt anheimelnd über den Ablaufkanal bis in den Canyon darunter. Jane quiekt und verstummt dann.
    Und so ist es hier, auf diesem Damm, wo diese Menschen zum erstenmal seit Beginn ihres einsamen Jahres ihre Gedanken gemeinsam auf das Jenseits richten. Jetzt betrete ich die Bildfläche. Linus klackert mit den Knochen: klack klack. »Da bin ich wieder.« Ich erscheine vor ihnen und wabere ein wenig über dem Ablaufkanal hin und her. »Jared!«
    »Was machen wir jetzt, Jared?« jammert Megan. »He, Leute, jetzt flippt doch nicht aus. Ihr glaubt, es sei zu spät und die Aussicht auf etwas Heiliges in eurem Leben sei dahin, doch das stimmt nicht. Die Zeit ist zwar wirklich vorbei, die Welt gibt es wirklich nicht mehr. Aber ihr habt noch eine Chance: Dieses Jahr habt ihr's vermasselt, aber ihr könnt es wiedergutmachen. Wie gesagt, es gibt immer noch Plan B.«

  34
Hör auf zu atmen
    Ich möchte meine Freunde in mein Herz pressen, als könnte ich damit einen lästigen Spalt stopfen. Sie. fragen sich: Wie ist es mit dem Leben nur so weit gekommen? Sie sind nicht auf den Kopf gefallen, sie wissen, daß alles vorbei ist. Sie sind nackte Fallschirmspringer, die darauf warten, aus dem Flugzeug in den Himmel gestoßen zu werden. Wie bei einer Geburt.
    Ein warmer, rußiger Wind bläst die Vorderseite des Damms hinauf, das dunkle, tote Konfetti darin schwebt um mich herum und beginnt dann zu leuchten. Ich bin eine Wand aus Licht. »Leute! Spürt die Luft«, sage ich. »Auf eurer Haut. Sie ist wie Zuckerguß. So süß. Und spürt den schmutzigen Wind in euren Lungen - er fühlt sich wirklich an wie das Ende der Welt, nicht war? Kommt schon - hoch die Ärsche. Rückt zusammen! Und wo ihr grade dabei seid, schaut euch all das Wasser an, das den Ablaufkanal hinunterfließt - es sieht aus wie geschmolzene Limonen-Götterspeise. Und hört, wie es grollt - wie ein Puma in einem unverschlossenen Käfig. Ach - wißt ihr noch jene Nacht bei Linda Jermyhs Party? Als wir den Fernseher auf dem Weg gefunden, ihn hierhergebracht und vom Rand gestoßen haben?« Meine Freunde stehen auf und bilden einen Kreis um mich, während ich über dem ganzen Spektakel schwebe.
    »Korrigiere, Jare«, sagt Hamilton, »ich bin derjenige, der ihn runtergestoßen hat. Wenn ich mich recht erinnere, hast du dich mit Richard im Hintergrund gehalten und geflennt.“
    »Das hättest du wohl gern, Hamilton«, sagt Richard. »Ich habe die Bullen so lange belabert, bis sie geglaubt haben, du hättest einen halbgeschmolzenen Eisschwan vom Büffet runtergeschmissen. Ich meine, sie haben dich immerhin etwas werfen sehen. Jared und Pam haben derweil drüben beim Parkplatz in die Rhododendren gekotzt.“
    »Daran war dein Selbstgebrannter schuld, Jared«, sagt Pam. »Das war so 'ne Art flüssige Pest. So schlecht ist mir nie wieder gewesen. Noch nicht mal von Methadon. Und auch dir war in jener Nacht schrecklich übel, Järed - so übel, daß du es noch nicht mal bei mir versucht hast.« Fing! In diesem Moment nimmt ein Phänomen am Himmel die Aufmerksamkeit meiner verblüfften Freunde in Anspruch - ein Netz von Sternschnuppen, die jetzt durch eine Lücke zwischen den Wolken erscheinen - eine Zimmerdecke mit einem Rautenmuster aus Sternschnuppen, wie es auf der Erde zuletzt 1703 im südlichen Teil des afrikanischen Kontinents zu sehen war.
    »Guckt mal den Himmel an«, sagt Linus. »Das ist ja wie. in Day of the Triffids.«
    »Für einen Sechzehnjährigen ist alles eine Lightshow, nicht wahr?« sagt Richard.
    Trotz all der monströsen Unwetter der vergangenen Woche erregt dieses Naturschauspiel noch Staunen bei meinen Freunden. Die kleine Jane streckt ihre Hand zum Himmel empor, als wäre er ein weiser und großmütiger Mensch und nicht bloß Licht. Jane, das neueste Genie auf dem Planeten, zählt Sterne. Ihr Hirn ist über bloße Zahlen bereits weit hinaus.
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