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Girl

Girl

Titel: Girl
Autoren: David Thomas
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sprechen?«
    »Genau.«
    »Und sie folglich vollkommen nutzlos gewesen wären, wenn Sie sich nicht als Frau fühlen würden?«
    »Ich nehme an, genauso ist es.«
    »Aber selbstverständlich ist es so. So dass der Tatsache, dass Sie von einem weiblichen Empfinden berichten, nicht mehr Gewicht zukommt, als wenn jemand eine Kopfschmerztablette einnimmt und dann berichtet, seine oder ihre Kopfschmerzen seien verschwunden.«
    Wieder stimmte ich zu.
    Bis jetzt lief alles glatt. Ich verstand nicht, warum Sir Roderick so unheilvoll getan hatte. Weshalb sollte ich mich vor seiner Art des Kreuzverhörs fürchten? Er machte die Sache verdammt spannend.
    »Lässt sich ebenfalls sagen«, fuhr er fort, »dass das Ziel Ihrer Ärzte darin bestand, Sie mit Ihrer neuen Situation auszusöhnen?«
    »Sie wollten mich gewiss nicht todunglücklich sehen.«
    »Exakt. Und sie waren erfolgreich. Im Anschluss an psychologische und chemische Manipulationen hat man Ihnen eingeredet, Sie seien glücklich, eine Frau zu sein und wollten auch eine bleiben. Die Tatsache, dass diese ganze Farce nur eine Illusion ist – ein psychologischer Kartenspielertrick, dem Sie nur allzu leichtgläubig aufgesessen sind –, ist Ihnen wohl nie in den Sinn gekommen, oder?«
    Was sollte ich sagen? Schließlich brachte ich nichts Besseres heraus als: »Tut mir leid, ich verstehe nicht ganz.«
    »Nun gut, ich werde mein Bestes tun, die Sache zu erläutern«, sagte Sir Roderick. »Lassen Sie uns, wenn es beliebt, zu der Art Ihres Verhältnisses zu Miss Lorraine Hadley zurückkommen, bevor es zu Ihrem … Missgeschick kam. Vermutlich hatten Sie eine normale, gesunde, körperliche Beziehung zueinander, wie jedes andere junge Paar auch?«
    Ich lächelte wehmütig bei dem Gedanken an damals. »Ja, das können Sie mit Fug und Recht behaupten.«
    Sir Roderick nickte bestätigend. »Ich verstehe. Und glauben Sie, dass sie irgendwann einmal geheiratet hätten, wenn sie zusammengeblieben wären?«
    »Ich weiß nicht. Wir haben darüber gesprochen, als Möglichkeit, aber wir hatten nichts Konkretes vereinbart oder entschieden. Irgendwann, denke ich, hätten wir es wohl getan.«
    »Nun«, sagte Sir Roderick, »es lagen keinerlei Gründe vor, warum Sie nicht hätten heiraten sollen, wenn es Ihr Wunsch gewesen wäre, oder?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Noch gab es irgendeinen Grund, warum Sie keine Familie hätten gründen sollen, wäre der Wunsch danach entstanden.«
    »Nein.«
    »Gut, gut. Würden Sie mir bitte sagen, wie Ihr heutiges Verhältnis zu Miss Hadley aussieht?«
    »Sie ist meine Mitbewohnerin.«
    »Ich verstehe. Dann erzählen Sie doch bitte einem älteren Gentleman, der von all diesen Dingen wenig versteht, was zwei moderne junge Frauen so anstellen, wenn sie gemeinsam ein Apartment bewohnen?«
    Ein leises Lachen lief durch den Saal. Ich lächelte. »Na ja, wir erzählen, oft stundenlang! Wir sehen fern, gehen gemeinsam einkaufen, streiten uns darüber, wer mit dem Abwasch dran ist. Alle möglichen Dinge. Sie gibt mir Tipps für mein Make-up. Ich leihe ihr eine von meinen Strumpfhosen, wenn sie gerade keine hat. Manchmal, wenn sie eine Verabredung hatte, kommt sie nachher zu mir ins Zimmer, setzt sich ans Fußende vom Bett und erzählt mir alles. Sie wissen schon, Geplauder.«
    »Aber«, sagte Sir Roderick, »zwischen Ihnen beiden bestehen keine physischen oder sexuellen Kontakte mehr?«
    »Natürlich nicht!«
    Sir Roderick nickte ein zweites Mal bestätigend. »Nein, natürlich nicht. Nun, Miss Barrett, würden Sie mir vielleicht auch verraten – wenn es keinen zu argen Vertrauensbruch für Sie bedeutet-, ob Ihre Freundin Miss Hadley gegenwärtig einen festen Freund hat?«
    »Ja, hat sie. Er heißt Paul. Sie haben sich sogar kürzlich erst verlobt.«
    Sir Roderick schien geradezu begeistert zu sein. »Wirklich? Sie wollen heiraten, ich mag’s kaum glauben. Sie werden bestimmt eine der Brautjungfern, Miss Barrett, und noch dazu eine sehr charmante, wenn ich das sagen darf.«
    Ich wusste nichts Rechtes zu antworten. »Vielen Dank«, schien mir noch das Geeignetste.
    Dann aber nahm seine Stimme einen härteren Tonfall an. »Aber Sie werden nie selbst die Braut sein, nicht wahr, Miss Barrett?«
    »Nein«, flüsterte ich.
    »Lauter, bitte, Miss Barrett: Werden Sie jemals selbst Braut sein?«
    »Nein.«
    »Und warum nicht, bitte? Ich hätte geglaubt, dass eine scheinbar so bezaubernde junge Frau wie Sie nicht die geringsten Schwierigkeiten haben dürfte, einen
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