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Girl

Girl

Titel: Girl
Autoren: David Thomas
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hatte.
    Doch obwohl mir bewusst war, dass ich meinen eigenen Fall hatten hochgehen lassen, spürte ich gleichzeitig ein merkwürdiges Gefühl des Triumphes. Ich hatte mich selbst behauptet und meine Unabhängigkeit erklärt. Ich würde niemals zurückkehren, und alle Welt sollte das wissen.
    Der Richter hämmerte auf sein Pult und bat um Ruhe. Dann erhob sich Sir Roderick und sagte: »Ich bitte um eine kurze Unterbrechung, Mylord. Ich würde mich gern mit meiner Mandantin beraten. Außerdem hat sie das Kreuzverhör bestimmt erschöpft. Zehn Minuten wären genug.«
    »Gestattet«, sagte der Richter.
    »Verhandlung unterbrochen«, verkündete der Gerichtsdiener. Wir erhoben uns, der Richter zog sich in seinen Privat Bereich zurück, und die Pressetribüne leerte sich, während die Reporter sich beeilten, die neuesten sensationellen Entwicklungen an die Redaktionsleitung weiterzugeben. Ich folgte Sir Roderick auf den Flur.
    »Jetzt hören Sie mir gut zu«, sagte er, als wir kaum aus der Tür heraus waren. »So, wie die Dinge stehen, verlieren wir unseren Fall. Sie haben mich verstanden?«
    »Ja.«
    »Und Sie wissen, was das bedeutet? Sollten Sie verlieren, müssen Sie sämtliche Kosten übernehmen – ihre und unsere – für den gesamten Prozess. Sie werden, da besteht kein Zweifel, Ihren letzten Penny verlieren und Ihren kompletten Besitz. Noch einmal meine Frage: Sie haben mich verstanden?«
    »Natürlich.«
    »Gut. Weil wir immer noch gewinnen können. Wir können unseren Fall immer noch ohne den leisesten Zweifel aufrollen und mit einer beachtlichen Schadenssumme aus der Sache herauskommen. Aber ich muss Sie warnen, dass ich, um zu gewinnen, Ihren Fall in einem gänzlich anderen Licht präsentieren muss, als wir geplant haben.«
    »Was soll das heißen?« fragte ich, verblüfft über sein Vorhaben.
    »Ich befürchte, das darf ich Ihnen nicht sagen.« Er sah mich über seinen Brillenrand hinweg an. »Wer gewarnt ist, ist gewappnet.«
    Ich hatte keine Ahnung, was er vorhatte. Aber ich wusste, was passieren würde, wenn ich seinen Anweisungen nicht folgte. Ich wäre bankrott und ohne Wohnung. Und wie oft ich mir auch gewünscht hatte, ein ganz normales Leben zu führen, soweit wollte ich nun doch nicht gehen. »Tun Sie das, was Sie für richtig halten«, sagte ich.
    »Braves Mädchen«, gab er zurück und klopfte mir auf die Schulter. »Kopf hoch. Es ist Zeit, den Kampf wiederaufzunehmen.«
    Wir gingen zurück in den Saal, und ich wurde wieder in den Zeugenstand geleitet. Der Richter erschien und erinnerte mich daran, dass ich nach wie vor unter Eid stünde. »Ja, Mylord«, sagte ich schwach.
    Sir Roderick trat vor und baute sich ein paar Schritte neben dem Zeugenstand auf. Er machte einen gefassten Eindruck – ganz anders, als ich dies nach unserem kurzen Gespräch erwartet hätte. Und als er zu reden begann, war in seiner Stimme nicht der leiseste Hinweis darauf, dass er seinen Fall möglicherweise verlieren könnte.
    Er zupfte an seiner schwarzen Robe, warf einen kurzen Blick auf seine neben ihm auf dem Tisch liegenden Notizen und sagte: »Ich möchte zu Beginn, wenn es erlaubt ist, meiner geschätzten Kollegin in zwei Punkten widersprechen. Miss Barrett, Sie wurden gefragt, ob Sie sich als Frau betrachten, und Sie haben diese Frage positiv beantwortet. Korrekt?«
    »Ja.«
    »Sie wurden weiterhin gefragt, ob Sie in Ihr maskulines Dasein zurückkehren möchten, und diese Frage haben Sie verneint.«
    »Ja.«
    »Und Sie stehen zu beiden Antworten?«
    »Ja.«
    »Nun denn. Sähen Sie sich in der Lage, dem Gericht einen kurzen Überblick über die verschiedenen Therapien und Behandlungsmethoden zu geben, die Sie in den vergangenen Monaten erhalten haben?«
    Das war zumindest eine Frage, auf die ich vorbereitet war. »Nun, zunächst habe ich eine Analyse mit Dr. Fielden im Krankenhaus gemacht. Dann gab es die Kurse für weibliche Akklimatisation – wo ich gelernt habe, wie man sich im Alltag als Frau gibt und bewegt – und das Stimmtraining. Außerdem habe ich eine regelmäßige Dosis weiblicher Hormone genommen – und nehme sie immer noch –, sowohl um meine Körperform beizubehalten als auch zum Ausgleich für die männlichen Hormone, die mein Körper nicht länger produzieren kann.«
    »Nun«, sagte Sir Roderick, »ist es ja so – wenn nicht, korrigieren Sie mich bitte –, dass diese sämtlichen Vorkehrungen dem ausdrücklichen Zweck dienen, sich als Frau zu fühlen, zu bewegen und zu
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