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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02
Autoren: Das heilige Feuer
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Wasser.

    Alles verblasst.
    Ich muss mich erinnern. Ich muss mich erheben, um zu kämpfen. Ich muss dich finden.
    Und doch, was kann ich dir bringen außer noch mehr Gefahr und Kummer? Es ist am besten, wenn ich mich hier verstecke, wie ein verwundetes Tier, das auf das Ende wartet. Hier kann ich hoffen zu sterben, kann ich mit meinem letzten Atemzug an dich denken.
    Nein, so wird es nicht sein — mein Schicksal besteht nicht darin, den Tod kennen zu lernen. Mein Schmerz, meine Herabsetzung, werden nie ein Ende haben. Niemals. Leben ohne Ende. Dunkelheit ohne Ende. Ewige Versklavung.
    Habe ich dafür so hart gearbeitet? Ist Agnes dafür gestorben? Und selbst jetzt spüre ich, wie meine Meister über mir schweben, bereit, mich in ihre schwarze Welt voller Dämonen und Schatten zu ziehen.
    Evie, ich habe solche Angst. Ich, der ich dachte, dazu bestimmt zu sein, alles zu wissen und alles bezwingen zu können! Ich habe davon geträumt, ein Meister zu sein, ein Beschwörer, ein Zauberer, ein Herr des Mystischen Weges. Ich war dazu bestimmt, ein Wunderwirker zu sein, gar über den Tod zu triumphieren, und doch habe ich jetzt Angst.
    Eine meiner Ängste ist größer als alle anderen: dass du in Wirklichkeit niemals da gewesen sein könntest. Vielleicht bist du – so wie meine verhängnisvolle Vision von ewiger Jugend und Wissen — nichts weiter als ein anderer verrückter Traum. Die irren Hirngespinste eines Verrückten.
    Ein Traummädchen.

    Ein Traumleben.
    Eine Traumliebe.
    In meinem Traum waren wir am stürmischen Meer. Es war kalt, so kalt wie am ersten Wintertag, aber mein Herz war warm und lebendig, denn du warst da. Ich habe gesehen, wie du am Ufer gestanden hast, in Ge─ danken gehüllt, den Kopf gesenkt. Dann habe ich mich hinter dich geschlichen und meine Arme um dich gelegt, deinen Hals geküsst und den Geruch deiner wunder─ schönen Haare eingeatmet. Ich erinnere mich an deine Haare, die so hell sind wie eine lebendige Flamme. Ich wollte dir etwas sagen.
    Ich will dir sagen …
    Komm nicht zurück. Sie ist immer noch in der Nähe, die Oberste Mistress. Sie wartet, sie macht sich bereit, dich wieder in ihre üblen Netze zu verstricken. Du darfst nicht zurückkommen. Komm niemals zurück. Es ist besser so.
    Oh, Evie, ich bin nicht so stark, als dass ich das ernst meinen könnte! Wenn du nichts weiter bist als ein Traum, dann komm zu mir zurück, so schnell wie ein Vogel fliegt. Ich liebe dich, Mädchen vom Meer.
    Komm zurück, komm zurück, komm zurück.

Sechs

    I ch war wieder in Wyldcliffe, und damit würde alles wieder von vorn beginnen.
    »Ist das die Schule?«, fragte Harriet. »Sind wir da?«
    Der Taxifahrer vom Bahnhof hatte uns vor dem schmiedeeisernen Tor abgesetzt, das auf das Privatgelände der Schule führte. Es war fast dunkel. Wir nahmen unser Gepäck und gingen die Auffahrt entlang. Die gotischen Türme und Türmchen der Abtei ragten in der Dämmerung auf, vom wirbelnden Schnee in der Zeit eingefroren. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob sie an einen Palast oder ein Gefängnis erinnerte, aber so oder so gab es kein Entrinnen.
    »Das ist es«, sagte ich leise. »Das ist Wyldcliffe.«
    Der verfluchte Ort , wie er von manchen Ortsansässigen genannt wurde. Mit einem hatte Harriet recht gehabt — die Leute erzählten sich tatsächlich, dass dieser Ort heimgesucht würde. Die Geschichten über Agnes waren zur Legende geworden: alte Geschichten, die besagten, dass ihr Geist in der Nähe der Abtei herumwandelte; dass sie eines Tages nach Wyldcliffe zurückkehren würde, um ein großes Unrecht zu berichtigen; dass sie die Kranken heilen konnte; dass Sebastian mit einem uralten Silberdolch Selbstmord begangen hatte. Oh, sie erzählten sich
alle möglichen wilden Dinge, aber nichts davon kam der Wahrheit nahe.
    Große Bäume erhoben sich schwarz und kahl beiderseits der Auffahrt, und Schneewehen glitzerten in der Dämmerung. Die Nacht sank auf die zerklüfteten Hügel herab, die wie grübelnde Wächter die Abtei umgaben. Sebastian war da draußen irgendwo, da war ich mir sicher. Für einen Moment gestattete ich mir die Vorstellung, dass er am See des Abteigeländes auf mich warten würde, begierig darauf, mir zu sagen, dass er durch irgendein Wunder geheilt worden war. Ich würde sein Lachen hören und seine spöttischen blauen Augen aufblitzen sehen. Ich würde seine Küsse schmecken, die mein Herz zum Tanzen brachten und das Blut in meinen Adern in Feuer verwandelte. Wir würden wie andere
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