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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02
Autoren: Das heilige Feuer
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schwer.
    Ich stieg die letzten paar Stufen hoch und erreichte den dritten Stock. Lange Korridore mit vielen Türen gingen von beiden Seiten des Treppenabsatzes aus. Dies war das oberste Stockwerk; darüber befand sich nur noch der unbenutzte Dachboden. Ich beeilte mich, in meinen Schlafsaal zu kommen, in der Hoffnung, Helen dort zu finden. Aber der hohe, kalte weiße Raum war leer.
    Fünf Betten standen darin, jeweils von dünnen Vorhängen umgeben, die man zuziehen konnte, um ein bisschen für sich allein zu sein. Das Einzige, was dem klinischen Weiß etwas Abhilfe verschaffte, war das gerahmte Foto eines Teenagers, das über meinem Bett befestigt war, und ein kunstvoll geschnitzter Fensterplatz, von dem aus man Sicht auf das Schulgelände und die umgebenden Hügel hatte.
    Ich öffnete meinen Koffer und tauschte meine Jeans und mein Sweatshirt rasch gegen die Schuluniform. Das altmodische Halstuch verbarg jeden Hinweis auf den Talisman unter meinem Pullover. Ich wusste allerdings, dass ich irgendeinen Platz finden musste, um mein kostbares Erbstück zu verstecken. Abgesehen von Sarah und Helen
konnte ich niemandem trauen, und ich durfte nicht riskieren, dass die Kette in die falschen Hände fiel. Ich musste dafür sorgen, dass der Talisman in Sicherheit war, so sicher wie ein Geheimnis, das ein sterbender Mensch mit ins Grab nahm.
    Ich drehte meine langen Locken zu einem ordentlichen Pferdeschwanz zusammen und betrachtete mich im Spiegel. Rote Haare, helle Haut und meergraue Augen, genau wie Agnes. In meiner frischen Uniform sah ich aus wie die perfekte Wyldcliffe-Schülerin. Nur der Blick in meinen Augen verriet mich …
    Ich wollte gerade gehen, als ich im Spiegel auf etwas aufmerksam wurde, das mich veranlasste, mich umzudrehen und mir die Wand genauer anzusehen. Rasch bemerkte ich, dass ein Stück Papier in dem Fotorahmen über meinem Bett steckte. Ich ging hin und zog es heraus, aber ehe ich lesen konnte, was darauf stand, erklang eine vertraute Stimme.
    »Oh Gott, seht nur, wer da aufgekreuzt ist. Hast du keinen anderen Ort gefunden, wo man dich haben wollte, Johnson? Vielleicht so was wie ein Waisenhaus?«
    Die Tür war weit aufgerissen worden, und im Türrahmen stand ein hübsches blondes Mädchen in Designer-Kleidung, von zwei anderen Schülerinnen flankiert. »Tut mir leid, Celeste«, antwortete ich und schob das Stück Papier in meine Tasche. »Die Versuchung, zurückzukehren und dich zu ärgern, war einfach zu groß.«
    Celeste verzog finster das Gesicht. »Geh mir einfach aus dem Weg.«
    »Oh, genau das habe ich vor. Ich bin auch nicht gerade scharf darauf, dich näher kennen zu lernen.«

    Celeste hatte sich große Mühe gegeben, mir den ersten Term in Wyldcliffe so schwer wie möglich zu machen, lodernd vor Groll, weil ich im Schlafzimmer den Platz ihrer Cousine Laura eingenommen hatte. Arme Laura; das Foto, das über meinem Bett hing, war ihres. Arme, tote Laura, zerstört durch Wyldcliffe. Im See ertrunken, so lautete die offizielle Version, aber die schreckliche Wahrheit war, dass sie vom Hexenzirkel getötet worden war.
    Eine weitere bittere Tatsache. Ein weiteres Geheimnis von Wyldcliffe.
    »Hi, Sophie«, sagte ich zu einem der Mädchen, die hinter Celeste herumlungerten. Ich mochte Sophie fast. Es war nicht ihr Fehler, dass sie dumm und verängstigt war und von Celeste herumgeschubst wurde. Ich lächelte ihr zu, und sie warf Celeste einen vorsichtigen Blick zu, ehe sie mit gezierter Stimme sagte: »Hallo, Evie. Hattest du schöne Ferien?«
    »Was machst du dir die Mühe, mit ihr zu reden?«, schnappte India. An India war nichts Weiches oder Hilfloses. Alles an ihr war teuer und glänzend, aber sie lachte nie oder war albern oder wirkte irgendwie glücklich. Wyldcliffe wimmelte von Mädchen wie India – und jede Einzelne von ihnen war ein lebender Beweis von zu viel Geld und zu wenig Liebe. Sie schob sich rüde an mir vorbei. »Wir sind nur hergekommen, um uns zum Essen umzuziehen. Warum lässt du uns nicht allein?«
    »Nur zu gern«, antwortete ich. »Also, bis später, Sophie. Ich suche jetzt Helen. Lass nicht zu, dass diese beiden dir das ganze Blut aussaugen.«
    Ich trat hinaus auf den Korridor. Schülerinnen gingen in kleinen Gruppen zur Treppe. Ich schnappte kleine Fetzen
ihrer Unterhaltungen auf: »Die Polizei weiß immer noch nicht, was passiert ist« — »Meine Mutter war nicht gerade wild darauf, mich wieder herzuschicken« — »Ich hoffe, sie finden bald heraus …«
    Sie sprachen
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