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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02
Autoren: Das heilige Feuer
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Nase und wischte sich die roten Augen — ganz der raue Soldat, der er zu sein vorgab, und sagte: »Tut mir leid, Evie, das kommt von den Erinnerungen an Clara … an deine Mutter. Tut mir leid …«
    Er erinnerte sich an die Beerdigung meiner Mutter, die fünfzehn Jahre zuvor stattgefunden hatte. Ich konnte mich natürlich nicht daran erinnern, denn ich war noch ein Baby gewesen, als sie gestorben war. Tut mir leid, hatte
Dad gesagt, tut mir so leid, und mich mit Geschenken überhäuft, die ich eigentlich gar nicht haben wollte. Dann waren die schwierigen, von Trauer durchsetzten Tage an uns vorübergezogen, bis es Zeit für mich war, zur Schule zurückzukehren und die Möwen und die Klippen und das Meer wieder hinter mir zu lassen.
    Jetzt waren meine Taschen fertig gepackt, und die Ferien waren zu Ende. Ich kehrte zurück.
    Ich warf einen Blick auf die kleine Uhr neben meinem Bett. Es war noch früh, aber ich konnte hören, dass Dad bereits auf war, um sich auf die lange Reise nach London vorzubereiten. Für mich war es ebenfalls an der Zeit aufzustehen; und zunächst war da jemand, mit dem ich reden musste, bevor ich irgendetwas anderes in Angriff nahm. Ich zog mir eine Jeans und ein Sweat-Shirt an und schlich mich aus dem Häuschen, folgte dann dem felsigen Weg zum Strand.
    Während ich dahin ging, kam die blasse Sonne hinter den Wolken hervor und verströmte ihr Licht auf den Wellen. Ich holte tief Luft. Diese gewaltigen Wassermassen gaben mir Kraft. Nun, sie hat das Meer schon immer geliebt, das arme Mädchen , hatten die freundlichen Nachbarn gesagt, als sie sahen, dass ich mich jeden Morgen am Strand herumdrückte, aber sie konnten unmöglich die Wahrheit ahnen. Ich brauchte die Nähe zum Wasser einfach, so wie ich die Luft zum Atmen brauchte. Ob ich wach war oder schlief, ich hörte immer, wie seine Stimme mich rief. Ich spürte, wie es meinen Körper belebte, ich spürte seinen ruhelosen Sog. Wasser für Evie , hatte Helen gesagt. Ich hatte mir schon so etwas gedacht.
    Ich trat ans Wasser und schloss die Augen, überließ
meinen Geist dem mystischen, wunderschönen Element. Ich griff nach seiner Macht, bat um das, was ich am meisten auf der ganzen Welt begehrte. Das Geräusch der Wellen, die ans Ufer schlugen, hallte in meinem Herzen wider und pulsierte durch meine Adern. Und dann war er da.
    Sebastian ging über die Kiesel und trat von hinten an mich heran, küsste mich sanft in den Nacken.
    »Arme Evie«, sagte er. »Du bist heute traurig, mein Mädchen vom Meer.«
    »Nicht, wenn ich mit dir zusammen bin.« Ich seufzte und lehnte mich gegen seine Brust, machte es mir in seinen Armen bequem. Allein die Nähe zu Sebastian war schon Glück für mich – genug, um jeden anderen Kummer beiseitezuschieben. »Beweg dich nicht«, sagte ich. »Ich möchte die Sonne auf den Wellen sehen.«
    Wir standen da und beobachteten, wie das Licht stärker wurde und die Möwen tief herabschossen.
    »Von jetzt an werde ich bei jedem Sonnenaufgang an dich denken«, sagte Sebastian. »Du bist mein Sonnenaufgang, Evie, mein neuer Anfang. Mein Leben war nichts, bevor ich dich fand. Und es wird nichts mehr wert sein, wenn ich dich verlieren sollte.«
    »Du wirst mich niemals verlieren, Sebastian«, erwiderte ich, und aus irgendeinem Grunde zitterte ich. »Du darfst so etwas nicht sagen. Wir werden immer zusammen sein.«
    »Immer«, sagte er ruhig. »Immer und ewig.«
    Ich wünschte, es hätte ewig so bleiben können, und ich wäre einfach nur reglos dagestanden, überwältigt von dem Wunder, dass wir uns angesichts der Millionen
Möglichkeiten auf der Welt gefunden hatten. Aber Sebastians Laune veränderte sich plötzlich, und er lachte und begann mich zu necken. »Willst du nicht schwimmen?«, fragte er. »Ich habe gehört, dass Meerjungfrauen bei jedem Wetter schwimmen.«
    »Nur, wenn du mit mir schwimmst«, gab ich lachend zurück. Ich wusste, dass das Wasser eiskalt war und wir an diesem kalten Januarmorgen nichts weiter tun konnten, als Steine über die Wellen hüpfen zu lassen und über die Felsen zu klettern und uns gegenseitig mit unseren Körpern zu wärmen, uns aneinander zu klammern wie die Rosen, die sich an den alten Mauern des Häuschens emporrankten.
    »Wir werden im Sommer zurückkommen und schwimmen, Evie. Und wir werden den ganzen Tag die Sonne auf unseren Gesichtern spüren, abends lange aufbleiben und ein Lagerfeuer am Strand machen und zusehen, wie die Sterne über den Himmel ziehen.«
    »Das klingt
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