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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine
Autoren: Band 3
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sie älter wirken, nehme ich an. Wir streiten, dass die Fetzen fliegen, und mein Vater versucht uns dann jedes Mal zu beschwichtigen, indem er uns tonnenweise Geschenke kauft. Komisch, aber sein ganzes Geld nützt ihm nichts. Sie hasst mich trotzdem.«
    Ich war schockiert. Ich liebte meine Mutter über alles, und obwohl es Dinge gab, die ich nicht mit ihr teilen konnte, geheime Träume und Hoffnungen zum Beispiel, war sie immer in meiner Nähe, umsorgte und unterstützte mich. Wenn ich in der Schule mit Evie und Helen zusammen war, sprach ich nur selten über sie, denn ich hatte immer im Hinterkopf, dass Evies Mutter tot war und Helens Mutter ihr nichts als Kummer und Leid gebracht hatte. Und jetzt kam auch noch Velvet, die so abschätzig und aggressiv über ihre Mutter sprach.
    »Sie kann dich nicht hassen, sie ist deine Mutter.«
    »Was soll’s.« Velvet kehrte wieder zu ihrer oberflächlichen Fassade zurück. »Erzähl mir lieber was über deine Großeltern-Snobs.«
    »Sie sind keine Snobs«, wehrte ich mich, »die Mutter meines Vaters ist eben Lady Fitzalan, aber sie ist sehr bodenständig und bescheiden, eine typische Engländerin vom Land, sie liebt Pferde und Hunde und ihren Garten.« Gegen meinen Willen lächelte ich. »Zugegeben, meine andere Großmutter von der Talbot-Travers-Seite der Familie war ziemlich eingebildet. Aber ihre Mutter wiederum, meine Urgroßmutter, kam aus einfachen Verhältnissen. Man gab ihr den Namen Maria, denn sie war eine Waise, ein Romakind, das von einer wohlhabenden Familie adoptiert worden war.«
    »Echt? Eine richtige Roma? Das ist cool.« Immerhin ein Punkt, in dem Velvet und ich uns einig waren. »Das heißt, du hast Zigeunerblut in dir?« Sie musterte mich eingehend, als ob ich mich als Model beworben hätte. »Natürlich, jetzt sehe ich es, diese schwarzen Locken und diese Ausstrahlung …«
    »Mmm … vielleicht hast du Recht«, murmelte ich. Aber die Verbindung zwischen mir und Maria war viel, viel tiefer als die Haarfarbe und die äußerliche Ähnlichkeit.
    Ich hatte oft an meine Urgroßmutter Maria gedacht und fühlte, welch entscheidende Rolle sie in meinem Leben spielte. Ich hatte jedes Fitzelchen über sie und ihre Romafamilie ausgegraben, das ich finden konnte. Es mochte merkwürdig klingen, aber ich fühlte eine spirituelle Verbindung zu Maria und ihren familiären Wurzeln. Sie war von ihren Adoptiveltern vor vielen, vielen Jahren nach Wyldcliffe geschickt worden, und manchmal hatte ich den Eindruck, als würde sie noch heute in der Schule über mich wachen, als wüssten wir alles voneinander und würden uns blind verstehen. Das klingt unmöglich, ich weiß. Aber als ich im letzten Semester Cal kennengelernt hatte, einen jungen reisenden Roma, hatte ich Gelegenheit bekommen, diese Welt für mich zu entdecken. Eine kurze Zeit lang hatte ich gedacht, dass ich von der quälenden Einsamkeit, die tief unter meiner ach so friedlichen Fassade verborgen war, befreit werden würde. Es ging mir doch gut, es fehlte mir an nichts. Ich hatte eine fürsorgliche Familie und ein großartiges Zuhause. Ich hatte meine Pferde und meine Freundinnen, ich liebte die Landschaft, in der ich lebte, und die Erde unter meinen Füßen, und ich würde meinen Prinzipien treu bleiben und den Mystischen Weg weitergehen. Aber ganz tief in mir war der Wunsch nach mehr. Ich wollte einen Menschen an meiner Seite, der mich wirklich verstand. Oder war das zu viel verlangt?
    Als Velvet mir die Treppenstufen in den dritten Stock hinauf folgte, dachte ich zurück an meinen Traum, an die warmen Augen, die in den meinen versanken. Ich dachte an die Art, wie Cal mit mir gesprochen hatte, so als ob ich wirklich wichtig für ihn wäre. Ich dachte an seinen aufmerksamen Blick und das raue Lachen. Ich dachte an die Verbindung zwischen uns. Aber Cals Familie war weitergezogen, weg von Wyldcliffe, und ich war geblieben. Cal hatte gesagt, er wolle mich wiedersehen, und versprochen zu schreiben, aber ich hatte nie wieder von ihm gehört. Und ich hatte keine Möglichkeit, Kontakt mit ihm aufzunehmen, er hatte nicht einmal ein Handy. Jetzt war er wahrscheinlich schon weit weg.
    Plötzlich fühlte ich mich unendlich müde. Ich hatte Cal vertraut, aber er schien mich vergessen zu haben. Und jetzt, zurück in der Schule, flammte die Enttäuschung wieder auf, dass ich für Josh nie mehr als eine gute Freundin sein würde. Ein nettes Mädchen, die gute alte Sarah eben. Ich zwang mich, mit hocherhobenem Haupt den Korridor
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