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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang
Autoren: Andreas Geist
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nicht mehr getan hatte, zum Gott seiner Kindheit, den er vor so langer Zeit verlassen hatte. Er spürte den Trost, der von den Worten ausging, die er in seinen Gedanken formte, und die doch aus seinem Herzen kamen.
    Er wollte Carolin und seine Kinder umarmen und um Verzeihung bitten. Vielleicht konnten sie es spüren, denn er befürchtete, dass er keine Gelegenheit mehr hätte, es ihnen selbst zu sagen.
    Herr Gryphius runzelte die Stirn. Vielleicht erkannte er, dass Christopher nicht mehr Adeodatus war, der keine Liebe kannte und damit das perfekte Gefäß war für eine neue Seele der Antiwelt. Christopher schämte sich seiner Gefühle nicht mehr. Sie waren so viel wertvoller als jede Logik, als alle Erfolge des menschlichen Geistes, die die Welt nicht besser aber gefährlicher gemacht hatten. Er wusste jetzt, worauf es ankam, doch es war wohl zu spät. Vielleicht war es die gerechte Strafe für seinen krankhaften Ehrgeiz und seine Arroganz.
    Eines wollte er um jeden Preis verhindern. Er wollte nicht, dass Simon Magus in seinen Körper schlüpfte und als Christopher Martinez sein Unwesen auf der Welt trieb.
    Herr Gryphius beugte sich mit einem Skalpell zu ihm hinunter und schnitt ohne Vorwarnung tief in seine rechte Seite unter dem Rippenbogen.
    Es brannte höllisch, und in einer plötzlichen Vision sah Christopher einen aztekischen Priester vor sich, der einem der Soldaten des Hernan Cortez das Herz aus der Brust schnitt. Er schloss die Augen und versuchte sich ein Bild seiner Frau und der Kinder ins Gedächtnis zu rufen, um ihnen im Augenblick des Todes so nahe wie möglich zu sein.
    Anscheinend wollte Gryphius ihn aber nicht töten. Jetzt reichte ihm Silvia das Schälchen, und er schüttete etwas in die klaffende Wunde. Der Schmerz wurde unerträglich, doch er wurde nicht ohnmächtig. Sie hatten ihn irgendwie aufgeputscht.
    „Das war der Sand mit dem Blut von jenem druidischen Heiligtum, das sie als Golgatha kennen, und das sich jetzt mit ihrem Blut verbindet“, erklärte Herr Gryphius. Sie wollten die Szene von damals nachstellen, und als Christopher die römischen Vierkantnägel und den Hammer in Silvias Händen sah, stockte ihm der Atem.
    Er wusste, dass er jeden Schmerz ertragen konnte. Seine langjährige Yogapraxis würde ihm helfen, sein Bewusstsein in eine Tiefe zurückzuziehen, die kein Schmerz erreichen konnte.
    Herr Gryphius setzte den ersten Nagel in seine rechte Handfläche. Er versuchte auszuweichen, doch der Kabelbinder schnitt ihm nur tiefer in die Haut seines Handgelenks.
    Er sah noch, wie der Arm mit dem Hammer weit nach hinten schwang, dann hörte er zwei Schüsse. Herr Gryphius sackte zusammen und Silvia stöhnte auf, als eine Blutfontäne aus ihrem Hals schoss.
    Der Hammer lag noch in Gryphius schlaffer Hand und streifte im Fallen Christophers Kopf. Ihm wurde schwarz vor Augen, doch er kam wieder zu sich. Er hörte benommen eine Männerstimme schreien, die auf ihn zulief. Als sie näher kam, erkannte er Sven. Erst jetzt wich seine Benommenheit so weit, dass er verstand, was er schrie.
    „Wach auf, wir müssen hier weg!“
    Sven warf sich auf ihn, durchtrennte mit einem Messer, das er an seinem rechten Unterschenkel befestigt hatte, die Fesseln und feuerte in die Luft, damit die anderen Saturnbrüder in Deckung gingen.
    Sie waren irritiert, erfassten aber langsam, was geschehen war, und eine unbändige Wut stieg in ihnen auf über den Tod ihres Großmeisters und seiner engsten Vertrauten, die in einer Blutlache am Boden lag. Sie würden sie beide in Stücke reißen.
    Bevor Christopher wieder in einen Dämmerschlaf versinken konnte, hatte ihm Sven kräftig ins Gesicht geschlagen.
    „Du musst wach bleiben. Los, steh auf und renne!“
    Christopher rappelte sich auf und stolperte in Richtung des Stollens, der zurück zu den Gleisen der Schwarzwaldbahn führte. Er hörte Sven schreien, dann blieb seine Stimme zurück. Weitere Schüsse fielen aus mehreren Richtungen.
    Christophers Verstand arbeitete nur noch zu dem einen Zweck, seine Beine in Bewegung zu halten. Er ignorierte den hämmernden Schmerz in seinem Bauch, aus dem das Blut hervorquoll, und die Benommenheit in seinem Kopf, die der Schlag mit dem Hammer ausgelöst hatte. Er versuchte nicht daran zu denken, dass ihre Flucht irgendwo vor einer massiven Felswand enden könnte.
    Sein rasender Puls beruhigte sich allmählich, als die Stimmen der Verfolger leiser wurden. Dann umgab ihn plötzlich vollkommene Finsternis.
    Er übergab sich, als
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