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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth
Autoren: Love Pray Eat
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Meisterin zum ersten Mal
persönlich und bekam bei ihren Worten am ganzen Körper Gänsehaut, sogar im
Gesicht. Und als ich hörte, dass sie auch einen Ashram in Indien besaß, wusste
ich, dass ich da so schnell wie möglich hinmusste.
     
    8
     
    Zwischenzeitlich aber musste ich aus beruflichen Gründen
nach Indonesien reisen.
    Gerade als ich mir besonders Leid tat, weil ich pleite und
einsam war und aus meinem Internierungslager für Scheidungsopfer nicht mehr
herauskam, rief mich die Redakteurin eines Frauenmagazins an und fragte, ob
sie mir den Flug nach Bali bezahlen könne, damit ich einen Artikel über Yogaurlaub
schriebe. Im Gegenzug stellte ich ihr eine Reihe von Fragen, hauptsächlich von
der Sorte: Ist eine Bohne grün? Oder: Schafft es
James Brown to get down?
    Als ich auf Bali ankam (eine sehr schöne Insel, um es kurz
zu machen), fragte uns die Lehrerin, die das Yogazentrum leitete: »Da Sie nun
alle hier sind ... Möchte vielleicht einer von Ihnen einen balinesischen
Medizinmann besuchen, der schon in neunter Generation praktiziert?« Eine Frage,
auf die sich die Antwort erübrigte, so dass wir eines Abends geschlossen zu
dessen Haus marschierten.
    Der Medizinmann war, wie sich herausstellte, ein kleiner
bräunlicher alter Knabe mit lustigen Äuglein und fast zahnlosem Mund, dessen
in jeder Hinsicht verblüffende Ähnlichkeit mit der Star-Wars-Figur Yoda sich gar nicht genug betonen lässt. Er hieß Ketut Liyer. Er
sprach ein konfuses und überaus unterhaltsames Englisch, doch für den Fall,
dass er dennoch einmal ins Stocken geriet, war auch ein Übersetzer zugegen.
    Unsere Yogalehrerin hatte uns schon vorher gesagt, dass
jeder von uns dem Medizinmann eine Frage stellen oder ein Problem vorlegen
dürfe und dieser versuchen würde, uns zu helfen. Ich hatte tagelang darüber
gebrütet, was ich ihn fragen könnte. Meine ersten Einfälle waren ja so
kläglich. Können Sie bewirken, dass mein Mann der Scheidung
zustimmt? Können Sie erreichen, dass David sich wieder sexuell von mir
angezogen fühlt? Und ich schämte mich - mit gutem Recht - dafür. Wer
reist schließlich um die halbe Welt, um einen uralten Medizinmann in
Indonesien zu bitten, bei irgendeinem Beziehungsknatsch zu
vermitteln?
    Und als der alte Mann mich dann persönlich fragte, was ich
mir wirklich wünschte, fand ich andere, wahrere Worte.
    »Ich wünsche mir eine anhaltende Gotteserfahrung«, sagte
ich ihm. »Manchmal habe ich das Gefühl, ich verstünde die
Göttlichkeit dieser Welt, aber dann verliere ich dieses Gefühl wieder, weil
ich von meinen kleinlichen Wünschen und Ängsten abgelenkt werde. Ich möchte
Gott beständig nahe sein. Aber ich will nicht ins Kloster gehen oder den weltlichen
Freuden völlig entsagen. Ich glaube, ich will lernen, wie man in dieser Welt
leben und ihre Freuden genießen kann, ohne Gott zu vernachlässigen.«
    Ketut meinte, er könne meine Frage mit einem Bild beantworten.
Er zeichnete mit ein paar groben Strichen eine Skizze und reichte sie mir. Es
war eine androgyne Gestalt, aufrecht stehend und die Hände zum Gebet gefaltet.
Allerdings hatte diese Figur vier Beine und keinen Kopf. Wo sich der Kopf hätte
befinden müssen, war nur wildes Laubwerk aus Farnen und Blumen. Über dem Herzen
sah man ein kleines lächelndes Gesicht.
    »Damit Sie das Gleichgewicht finden, das Sie sich wünschen«,
sprach Ketut aus dem Mund seines Übersetzers, »müssen Sie so werden. Sie müssen
mit den Füßen so fest auf dem Boden stehen, als hätten Sie vier und nicht nur
zwei Beine. Dann können Sie in der Welt bleiben. Aber Sie müssen aufhören, die
Welt mit dem Kopf zu betrachten. Sie müssen sie mit dem Herzen sehen. Auf diese
Weise werden Sie Gott erkennen.«
    Dann fragte er mich, ob er meine Hand lesen dürfe. Ich
reichte ihm meine Linke, und er fing an, mich zusammenzufügen wie ein
dreiteiliges Puzzle.
    »Sie sind eine Weltreisende«, begann er.
    Diese Feststellung zeugte von wenig Hellsicht angesichts
der Tatsache, dass ich mich in diesem Augenblick in Indonesien befand, aber
ich hakte nicht nach ...
    »Sie haben mehr Glück als alle, die mir jemals begegnet
sind. Sie werden lange leben, viele Freunde haben und zahlreiche Erfahrungen
machen. Sie werden die ganze Welt  se hen. Nur ein einziges Problem gibt
es in Ihrem Leben. Sie machen sich zu viele Sorgen. Und immer reagieren Sie zu
emotional, sind zu nervös. Wenn ich Ihnen verspreche, dass Sie fortan keinen
Grund mehr haben werden, sich über irgendetwas Sorgen
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