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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe
Autoren: N Roberts
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er zum Besenschrank, um schleunigst einen Wischmop zu organisieren.
    »Oh, Ethan.« Grace Monroe stand vor ihm, die Hände in die schmalen Hüften gestemmt. Sie schaute erst ihn an, dann die Pfotenabdrücke auf dem frisch gebohnerten Fußboden.
    »Ich kümmere mich sofort darum. Tut mir leid.« Als er feststellte, daß der Wischmop noch feucht war, wich er verlegen ihrem Blick aus. »Ich hab’ nicht aufgepaßt«, murmelte
er und füllte am Spülbecken einen Eimer mit Wasser. »Ich hatte keine Ahnung, daß du heute kommst.«
    »Ach, ihr paßt also nur auf, wenn ich komme?«
    Er hob eine Schulter. »Der Boden war schon schmutzig, als ich heute morgen aus dem Haus gegangen bin. Da hätte das bißchen Wasser doch keine Rolle mehr gespielt.« Erst allmählich wurde er eine Spur lockerer. Neuerdings schien es immer länger zu dauern, ehe er sich in Grace’ Anwesenheit entspannen konnte. »Hätte ich gewußt, daß du mir deswegen an die Kehle springen würdest, dann hätte ich Simon gnadenlos aus dem Haus verbannt.«
    Grinsend drehte er sich zu ihr um. Grace seufzte übertrieben. »Ach, gib den Mop schon her. Ich mach’s lieber selber.«
    »Nein. Mein Hund – mein Dreck. Habe ich da übrigens gerade Aubrey gehört?«
    Grace lehnte sich an den Türrahmen. Sie war müde, aber das war ja nichts Neues. Schließlich hatte sie bereits acht Stunden Arbeit hinter sich. Und am Abend mußte sie noch vier Stunden im Shiney’s Pub bedienen.
    An manchen Abenden, wenn sie völlig ausgepowert ins Bett fiel, spürte sie ihre Füße kaum noch.
    »Seth paßt für mich auf sie auf. Ich mußte meine Terminplanung ändern. Heute früh hat Mrs. Lynley angerufen, um mich zu bitten, erst morgen bei ihr sauberzumachen. Ihre Schwiegermutter aus Washington hat sich zum Abendessen angesagt. Mrs. Lynley behauptet, für Schwiegermama sei jedes Staubkorn eine Versündigung gegen Gott und die Menschen. Es macht dir doch nichts aus, daß ich die Termine getauscht habe?«
    »Komm zu uns, wann immer du kannst, Grace. Wir sind dir so oder so zu ewigem Dank verpflichtet.«
    Während er aufwischte, musterte er sie aus den Augenwinkeln. Schon als Mädchen hatte sie ihm gefallen. Sie erinnerte ihn an einen Palomino – goldbraun und langbeinig.
Das Haar trug sie kurz geschnitten wie ein Junge, doch er fand es hübsch, wie es sich um ihren Kopf schmiegte – ein glänzender Helm mit Ponyfransen.
    Grace war zwar groß und schlank wie eines dieser Supermodels, aber das hatte nichts mit der geltenden Modevorschrift zu tun. Als Kind war sie geradezu dürr gewesen, erinnerte er sich. Zu der Zeit, als er nach St. Chris kam, mußte sie sieben oder acht Jahre alt gewesen sein. Demnach war sie jetzt Anfang zwanzig – und ›dürr‹ war längst nicht mehr das passende Wort, um ihre bezaubernde Figur zu beschreiben.
    Eher schlank und biegsam wie eine Weidengerte, dachte er und wäre dann fast rot geworden wegen seiner Schwärmerei.
    Sie lächelte ihn an. Prompt erwärmten sich ihre Augen zu weichem Meergrün, und auf ihren Wangen erschienen kleine Grübchen. Es amüsierte sie, ein so starkes, muskulöses Exemplar der Gattung Mann den Wischmop schwingen zu sehen.
    »Habt ihr heute einen guten Fang eingebracht, Ethan?«
    »Ja, einen ziemlich guten.« Er wischte gründlich auf – schließlich war er ein durch und durch gründlicher Mensch –, dann ging er zum Spülbecken, um Eimer und Mop zu säubern. »Ich hab’ tonnenweise Krebse an deinen Daddy verscherbelt.«
    Bei der Erwähnung ihres Vaters verblühte Grace’ Lächeln. Seit sie damals mit Aubrey schwanger geworden war und Jack Casey geheiratet hatte, den Mann, den ihr Vater nur als ›diesen windigen Automechaniker aus dem Norden‹ bezeichnete, herrschte Eiszeit zwischen ihnen.
    Letztlich hatte ihr Vater mit seinem Vorurteil recht behalten. Vier Wochen vor Aubreys Geburt hatte Jack sich aus dem Staub gemacht und sowohl ihre Ersparnisse und ihren Wagen als auch ihre Selbstachtung mitgehen lassen.
    Aber sie hatte die Krise gemeistert, rief Grace sich in Erinnerung.
Sie kam bestens allein zurecht. Und sie würde es auch weiterhin aus eigener Kraft schaffen, ohne Geld von ihrer Familie anzunehmen.
    Im Nebenzimmer hörte sie Aubrey lachen, ein fröhliches Glucksen, das tief aus dem Bauch kam, und sogleich hob sich ihre Stimmung. Das war alles, was zählte – das Glück ihres kleinen Engels mit den funkelnden Augen und dem blonden Lockenkopf.
    »Ich mache noch das Abendessen, bevor ich gehe.«
    Ethan schaute
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