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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe
Autoren: N Roberts
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sie an. Sie war ein wenig braun geworden, was ihr gut stand. Die Sonne hatte ihrer Haut einen warmen Perlmuttschimmer verliehen, der ihr schmales Gesicht mit dem trotzigen Kinn weicher erscheinen ließ.
    Auf den ersten Blick sah man eine hochgewachsene kühle Blonde mit einem tollen Körper und einem Gesicht, das bewundernde Neugier weckte. Dann allerdings fielen die dunklen Ringe unter ihren großen grünen Augen auf – und die Müdigkeitsfältchen rings um ihren vollen Mund.
    »Das ist doch nicht nötig, Grace. Geh lieber nach Hause und ruh dich aus. Du mußt doch heute abend noch im Shiney’s ran, oder?«
    »Ich hab’ noch Zeit – und Seth hat sich Hamburger gewünscht. Wird nicht lange dauern.« Sie trat von einem Fuß auf den anderen. Ethan hörte nicht auf, sie anzustarren, und dieses eindringlichen, forschenden Blicke gingen ihr durch und durch. Ob sie sich jemals daran gewöhnen würde? »Was ist denn?« fragte sie und rieb an ihrer Wange. Hatte sie sich etwa bei der Arbeit schmutzig gemacht?
    »Nichts ... Tja, wenn du dann schon kochst, solltest du aber auch zum Essen bleiben.«
    »Gern.« Sie entspannte sich wieder und ging zu ihm, um Eimer und Wischmop wegzuräumen. »Aubrey ist so gern hier bei dir und Seth. Warum gehst du nicht schon mal zu
ihnen rein? Ich muß noch die Wäsche zusammenlegen, bevor ich mich um das Essen kümmern kann.«
    »Ich helfe dir.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage.« Das verbot ihr der Stolz. Die Quinns bezahlten sie, also tat sie ihre Arbeit – die ganze Arbeit. »Geh du nur – und vergiß nicht, Seth nach der Mathearbeit zu fragen, die er heute vormittag zurückbekommen hat.«
    »Wie hat er abgeschnitten?«
    »Eine Eins, wie üblich.« Sie zwinkerte ihm zu, dann scheuchte sie ihn ins Wohnzimmer. Seth war so blitzgescheit, dachte sie, als sie in die angrenzende Waschküche ging. Hätte sie als Mädchen nur über halb soviel Grips verfügt, dann hätte sie ihre Schulzeit nicht mit Träumen und Phantastereien vertrödelt.
    Sie wäre dann in der Lage gewesen, einen Beruf zu erlernen, einen richtigen Beruf, nicht nur wie man in einem Pub bediente, die Häuser anderer Leute putzte oder Krabben sortierte. Eine Berufsausbildung hätte ihr aus der Klemme geholfen, als sie hochschwanger allein geblieben war und ihre Hoffnungen, in New York Tanz zu studieren, endgültig hatte begraben müssen.
    Es war ohnehin nur ein Luftschloß gewesen, tröstete sie sich, als sie den Trockner leerräumte und die nasse Wäsche aus der Waschmaschine hineinschob. Träume sind Schäume, hatte ihre Mama immer gesagt. Aber soviel stand fest – sie hatte sich in ihrem Leben nur zwei Dinge gewünscht: als Tänzerin Karriere zu machen – und Ethan Quinn zu erobern.
    Beides sollte nicht sein.
    Leise seufzend drückte sie das noch warme, glatte Laken, das sie aus dem Wäschekorb genommen hatte, an ihre Wange. Ethans Laken — sie hatte es heute erst von seinem Bett abgezogen. Da hatte es noch seinen Duft verströmt, und eine Zeitlang hatte sie geträumt, wie es sein könnte,
wenn er sie mögen und sie sich auf eben diesem Laken, in eben diesem Haus lieben würden.
    Aber Träume hielten einen nur von der Arbeit ab, und schließlich mußte sie die Miete bezahlen und ihre kleine Tochter ernähren.
    Energisch begann sie die Laken zusammenzufalten und auf dem rumpelnden Trockner zu stapeln. Es war beileibe keine Schande, sich seinen Lebensunterhalt als Putzfrau oder Bedienung in einem Pub zu verdienen. Ihre Arbeitgeber waren mit ihr zufrieden. Sie konnte sich nützlich machen, sie wurde gebraucht. Das genügte.
    Der Mann, der nur so kurze Zeit ihr Ehemann gewesen war, hatte sie nicht gebraucht. Hätten sie einander geliebt, wirklich geliebt, dann wäre alles anders gekommen. Doch ihrem Motiv, sich mit ihm einzulassen, war das verzweifelte Bedürfnis zugrunde gelegen, zu jemandem zu gehören, als Frau begehrt zu werden ... Und Jack? Grace schüttelte den Kopf. Sie hatte keine Ahnung, was Jack veranlaßt hatte, mit ihr eine Beziehung einzugehen.
    Eine flüchtige Verliebtheit, die dummerweise mit ihrer Schwangerschaft geendet hatte? Jedenfalls war er sich sehr ehrenhaft vorgekommen, als er an jenem kühlen Herbsttag mit ihr zum Standesamt ging, um sich vom Friedensrichter mit ihr trauen zu lassen.
    Mißhandelt hatte er sie nicht. Er hatte sich nicht vollaufen lassen und sie im Rausch verprügelt, wie sie es von anderen Männern gehört hatte, die ihre Frauen nicht mehr liebten. Er stellte auch keiner
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