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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe
Autoren: N Roberts
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würden einen Kaffee trinken oder ein Eis essen gehen. Da das ›Bayside Eats‹-Restaurant zur Hälfte ihm gehörte, konnte dies Pete Monroe nur recht sein.
    »Sieht so aus, als hättet ihr an die zweieinhalb Tonnen gefangen.«
    Ethan lächelte in sich hinein. Hätte man ihm in diesem Moment gesagt, daß er etwas von einem Piraten an sich hatte, wäre er vielleicht überrascht, nicht jedoch gekränkt gewesen. »Eher drei Tonnen, schätze ich mal.« Er kannte den geltenden Marktpreis genau, aber feilschen würden sie dennoch. Das gehörte mit zum Geschäft. Seelenruhig holte er eine Zigarre aus seiner Hemdtasche und zündete sie an.
    Als er später mit dem Kutter nach Hause fuhr, fielen die ersten dicken Regentropfen. Er fand, daß er einen fairen Preis für seine Krebse erzielt hatte – nahezu drei Tonnen waren es natürlich gewesen. Wenn es den ganzen Sommer über so gut lief, war zu überlegen, ob er im nächsten Jahr nicht noch hundert Fallen mehr auslegen und vielleicht sogar stundenweise eine Hilfscrew anheuern sollte.
    Die Austernfischerei in der Bucht hatte längst nicht mehr die frühere Bedeutung, nicht seit Parasiten den Bestand erheblich dezimiert hatten. Hinter den Fischern lagen mehrere entbehrungsreiche Jahre. Trotzdem war Ethan optimistisch. Nur ein oder zwei ergiebige Krebssaisons,
dann hatte er, was er brauchte. Den Löwenanteil der Einnahmen würde er in das Bootsgeschäft investieren, den Rest verschlangen die Anwaltshonorare. Bei diesem Gedanken ärgerte er sich und kniff unwillig die Lippen zusammen, während er das Boot vorsichtig durch einige besonders hohe Wellen heimwärts lotste.
    Eigentlich war es eine Schande, daß sie diesen gelackten Rechtsverdrehern soviel schönes Geld in den Rachen werfen mußten, um den guten Namen ihres Vaters zu verteidigen. Das Gerede würde dadurch ohnehin nicht verstummen. Damit wäre erst Schluß, wenn die Klatschtanten der Stadt ein lohnenderes Thema fanden als das Leben und Sterben von Ray Quinn.
    Ein lohnenderes Thema als Ray und als Seth, dachte Ethan und starrte auf die von dem prasselnden Regen aufgepflügte Wasseroberfläche. Fast jeder zerriß sich das Maul über den Jungen mit den strahlend blauen Augen Ray Quinns.
    Der Klatsch, der ihn persönlich betraf, ließ ihn völlig kalt. Ihn konnten die Leute ruhig durchhecheln, bis ihnen die Zunge aus dem Mund hing. Doch beim kleinsten bösen Wort gegen den Mann, den er mit jeder Faser seines Herzens geliebt hatte, sah er rot.
    Aus eben diesem Grund würde er schuften bis zum Umfallen, um die Anwaltskosten zu bezahlen. Und er würde tun, was in seiner Macht stand, um den Kleinen vor allem Üblen zu bewahren.
    Donnerschläge ließen den Himmel erbeben und hallten auf dem Wasser wider wie Kanonenschüsse. Es wurde so düster, als sei plötzlich die Abenddämmerung hereingebrochen; die dunklen Wolken rissen auf und ergossen ihren Inhalt über Land und Wasser. Es schüttete wie aus Kübeln. Dennoch beeilte Ethan sich nicht sonderlich, als er an seinem Pier andockte. Naß bis auf die Haut war er ohnehin schon.

    Als sei er ganz seiner Meinung, sprang Simon mit einem Satz ins Wasser, um zum Ufer zu schwimmen, während sein Herrchen noch die Leinen sicherte. Ethan nahm seinen Provianteimer und wandte sich dem Haus zu. Die Sohlen seiner Arbeitsstiefel quietschten auf dem Holzsteg, als er sich vom Kutter entfernte.
    Auf der hinteren Veranda zog er die Stiefel aus. In seiner Jugend hatte seine Mutter ihn sich so oft zur Brust genommen, wenn er bei Regen in Schuhen durchs Haus ging und überall Fußspuren hinterließ, daß er sich das gründlich abgewöhnt hatte. Dennoch dachte er sich nichts dabei, den triefnassen Hund vor sich durch den Türspalt schlüpfen zu lassen – bis er den blitzblanken Fußboden und die spiegelnden Arbeitsflächen in der Küche sah.
    Mist, dachte er, als sein Blick auf die frischen Pfotenabdrücke fiel. Simons freudiges Gebell war zu hören. Es folgte ein schrilles Kreischen, dann neues Gebell und lautes Lachen.
    »Pfui, du machst ja alles wieder dreckig!« rief eine weibliche Stimme – zuerst gedämpft, weich, belustigt, dann zunehmend entschlossen. Ethan zuckte schuldbewußt zusammen. »Raus hier, Simon! Los, ab mit dir. Du wartest draußen auf der Veranda, bis du trocken bist.«
    Erneut kreischte jemand, ein kleines Mädchen kicherte, ein Junge lachte. Die ganze Bande ist hier, dachte Ethan, während er sich den Regen aus dem Haar schüttelte. Als er Schritte kommen hörte, stürzte
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