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Gewalt ist eine Loesung

Gewalt ist eine Loesung

Titel: Gewalt ist eine Loesung
Autoren: Schubert Stefan
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schwere Straftaten zur Last gelegt worden und aufgrund meiner Täterpersönlichkeit bestünde die berechtigte Sorge, dass ich auch künftig dem Kreis möglicher Täter zuzurechnen sei. Meine erkennungsdienstlichen Unterlagen würden aus diesem Grund gemäß den Richtlinien erst im Januar 2001 gelöscht werden. Was ich dann im Februar 2001 auf Anfrage meines Rechtsanwaltes bestätigt bekam. Auch mein Eintrag als » Gewalttäter Sport « war gelöscht und ich konnte dieses Kapitel endlich für mich abschließen. Glaubte ich!
    Im Juni 2006 traf ich einen ehemaligen Kollegen vom Bundesgrenzschutz. Er verrichtete mittlerweile seinen Dienst als Schichtführer auf einem großen deutschen Flughafen. Wir sprachen über alte Zeiten und er gestand, in regelmäßigen Abständen meinen Namen in den Computer einzugeben, um sich zu vergewissern, dass mit mir alles in Ordnung sei. Ich erklärte ihm, dass er nichts mehr finden würde, da Anfang 2001 alle Einträge gelöscht worden seien. Aber bei der Bundespolizei wurde nichts ausradiert – in der Datei des Bundes war ich weiterhin als » Gewalttäter Sport « verzeichnet. Was war die Bestätigung des Bielefelder Polizeipräsidiums überhaupt noch wert, fragte ich mich.
    »Nichts!«, erklärte er lapidar. »Das ist der Bundespolizei egal. Bei uns wird alles für zehn Jahre gespeichert, egal welche gesetzlichen Bestimmungen vorliegen.« Aber es gäbe doch Datenschutzbestimmungen, versuchte ich einzuwenden. Die Systeme der Bundespolizei müssten doch von irgendjemandem überprüft werden. »Werden sie auch. Deswegen werden die Daten, die wir von Rechts wegen gar nicht mehr haben sollten, in einem System verwendet, das wir offiziell nicht nutzen dürften. Es wird › Vollauskunft ‹ genannt. Bei der Abfrage im Grenzfahndungssystem gibt es ein kleines Kästchen, das nicht für den allgemeinen Gebrauch freigegeben, sondern für absolute Ausnahmeregelungen gedacht ist. Mit diesem einen Klick wird tagtäglich jeder Ein- oder Ausreisende in ganz Deutschland überprüft. Hunderttausende jeden Tag. Gesetzliche Bestimmungen hin oder her. Datenschutzrechtliche Fristen interessieren niemanden bei der Bundespolizei. Wer eine › Vollauskunft ‹ will, holt sie sich!«
    Hätte ich dagegen aufbegehren sollen? Big Brother is watching you! Das ist die bittere Realität. Dabei hatte ich seit Jahren nichts mehr zu verbergen.
    Die Blue Army Bielefeld in der früheren Form existiert heute nicht mehr. Den 25-jährigen Geburtstag des Ostwestfalenterrors feierten im August 2007 auf Einladung des Onkels rund 250 Jungs in einem Rocker-Vereinsheim. Ein Abend mit viel Alkohol, aber ohne Knochenbrüche und ohne ausgeraubte Chevignon-Boutiquen.
    Große Fußball-Schlachten finden heute nur noch selten im Umfeld der Stadien statt. Die lückenlose Überwachung durch Kameras, die strengen Reisekontrollen und die erhöhten Sicherheitsstandards der modernen Fußball-Arenen lassen Hooligan-Aktionen kaum noch zu. Sogenannte »Gewalttäter Sport« treffen sich seit geraumer Zeit auf der grünen Wiese. Solche Dates sind fester Bestandteil der heutigen Szene. Durch die enge Vernetzung ist die konspirative Organisation einer Massenschlägerei per Handy oder E-Mail kein Problem. Die selbst gedrehten Filme sind oft auf YouTube zu sehen.
    Die Behörden, insbesondere die szenekundigen Beamten, wissen von diesen Treffen, unternehmen aber keine großen Anstrengungen, diese zu verhindern. Hauptsache, die Stadien bleiben klinisch rein …
    Der szenekundige Beamte Volkerts leitet noch immer die Bielefelder Dienststelle zur Bekämpfung von Hooligans. Er gilt als einer der versiertesten SKBs Deutschlands und ist Mitglied der deutschen Polizeitruppe, die bei den zurückliegenden Europa- und Weltmeisterschaften im Ausland eingesetzt wurden. Seine Beweggründe, mich während all dieser Jahre nicht zu verraten, bleiben mir weiterhin rätselhaft. Vielleicht war es so etwas wie Korpsgeist. Vielleicht hatte er sich – vergeblich – Informationen aus dem engsten Zirkel der Blue Army versprochen, ich weiß es nicht. Mit seiner Darstellung vor Gericht, fünf Jahre gegen mich ermittelt zu haben, kam er durch. Kein Mensch, weder Staatsanwalt oder Richter noch die Medien bohrten auch nur einmal nach, weshalb während dieser fünfjährigen »Ermittlung« kein einziger Bericht entstanden war. Dass mein Name über die Jahre in einem halben Dutzend Straf- oder Ermittlungsverfahren gefallen war, dass es kein Disziplinarverfahren gab – davon drang
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