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Gesundheit - Eine Frage des Geschlechts

Gesundheit - Eine Frage des Geschlechts

Titel: Gesundheit - Eine Frage des Geschlechts
Autoren: Alexandra Kautzky-Willer , Elisabeth Tschachler
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Ernährungswissenschaftlerin Ingrid Kiefer: „Essen ist ein Bereich, der als potenzielle Bedrohung wahrgenommen wird und eine besondere Umsicht und Kontrolle erfordert.“ Laut einer Umfrage unter 11- bis 17-Jährigen verzichtet ein Viertel der Mädchen in diesem Alter oft auf mindestens eine Mahlzeit am Tag.
    Traditionelle Zuordnungen
    Was an Männern positiv ist, ist an Frauen negativ. Und umgekehrt.
weiblich positiv
=
männlich negativ
sensibel
=
weich, schlapp, Weichei
sanft
=
Versager
gefühlvoll
=
unmännlich
männlich positiv
=
weiblich negativ
dynamisch
=
hysterisch, hektisch
zielstrebig
=
machtgeil
ehrgeizig
=
übertrieben ehrgeizig
tüchtig
=
wichtigtuerisch
Durchsetzungsvermögen
=
rücksichtslos
Führungspersönlichkeit
=
unweiblich
sachlich
=
emotionslos
objektiv
=
kalt
besonnen
=
zögernd, zaudernd
vorsichtig
=
ängstlich, feig
mutig, tapfer
=
kopflos, leichtsinnig
warmherzig, herzlich
=
gefühlsbetont, sentimental
    Quelle: Hammerl E: Was ist Gender? Geschlechtsspezifische Rollenzuweisungen und ihre alltäglichen Auswirkungen. In: Hochleitner M (Hg): Gender Medicine. Ringvorlesung an der Medizinischen Universität Innsbruck. Band 2. Facultas, Wien 2009, Seite 10f.
    Die Folge: Mädchen und Frauen sind wesentlich häufiger von Essstörungen betroffen als Männer (siehe auch „Die Seele, ein weites Land“ ).
    Umgekehrt setzen Frauen und Mädchen das Essen auch häufig als Mittel zur Frustbewältigung ein. Dann geben sie einem Heißhunger nach, in dem sie süße Kalorienbomben oder fette Hamburger verdrücken, von denen sie sich sonst fernhalten. So zeigt eine Untersuchung aus Österreich vor allem bei Frauen einen Einfluss der Gefühle auf das Ernährungsverhalten, der schließlich zu einem Teufelskreis wird: „Je mehr das Essen eine Reaktion auf eindeutige Emotionen ist, desto stärker wird das Essverhalten beeinflusst, indem mehr gegessen wird“, so Kiefer. 126 Auch machen Untersuchungen der Gehirnaktivität deutlich, dass Frauen, wenn sie hungrig sind, ihren Appetit weniger gut zügeln können als hungrige Männer. 127 Das mag einer der Gründe sein, warum Abmagerungskuren bei übergewichtigen Frauen weniger erfolgreich sind. 128 Vor allem nach den Wechseljahren kann das fatal werden. Sobald die Östrogenproduktion zurückgefahren wird, nimmt der Anteil an Fettgewebe im weiblichen Körper zu, die Muskelmasse ab. Dadurch sinkt der so genannte Grundumsatz – die Energiemenge, die der Körper braucht, um zu funktionieren. Das bedeutet: Um das Gewicht zu halten, ist weniger Essen notwendig. Dazu kommt, dass Frauen in den Wechseljahren sich oft antriebsschwach fühlen, sich also nicht gern bewegen. Da vielen Frauen dieser Zusammenhang nicht klar ist, steigt der Anteil an Übergewichtigen bzw. Fettsüchtigen mit dem Alter und damit das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das Gender-Paradoxon
    „Die soziale Rolle der Frau wurde jahrhundertelang mit Krankheit und gesundheitlicher Beeinträchtigung gleichgesetzt, mit Menstruations-, Schwangerschafts- und Klimakteriumsbeschwerden“, sagt die Bielefelder Psychologin und Gesundheitswissenschaftlerin Petra Kolip, „was teilweise zu der Vorstellung geführt hat, Frauen seien die perfekten Konsumentinnen der Medizin.“ 129 Tatsächlich suchen Frauen öfter als Männer medizinische Hilfe, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit Verhütung, Schwangerschaft und Geburt oder aufgrund der Arztbesuche, die durch die zunehmende Medikalisierung der Wechseljahre für notwendig befunden werden. Die höhere Frequenz mag auch darin begründet liegen, dass Frauen doppelt so oft zum Arzt oder zur Ärztin gehen müssen wie Männer, damit ihre Symptome ernst genommen werden. Das hat zumindest die Deutsche Bundeskoordination Frauengesundheit festgestellt. 130
    Bei Gesundheitsbefragungen geben 82 Prozent der Frauen, aber nur 76 Prozent der Männer an, im letzten Jahr eine allgemeinmedizinische Praxis aufgesucht zu haben. Das gilt auch für Menschen im jungen und mittleren Erwachsenenalter. 131 „Im Unterschied zu Männern haben Frauen ein ausgeprägteres Gefühl dafür, sich gesund zu halten, den Körper zu beobachten und sich um den eigenen Körper zu kümmern“, umreißt Kolip einen der Gründe. Dieses Gefühl scheint mit dem Alter jedoch zu schwinden: Nach dem 55. Lebensjahr, wenn die reproduktive Phase zu Ende ist, sinkt bei Frauen die Bereitschaft für so genannte Vorsorgeuntersuchungen, zumeist Krebsfrüherkennung. „In den Altersgruppen, in denen die
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