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Gestohlene Wahrheit

Gestohlene Wahrheit

Titel: Gestohlene Wahrheit
Autoren: Julie Ann Walker
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wie essbares Konfetti auf der Straße verteilte.
    Eine braune Limousine fuhr über einen Beutel voller Pecannüsse, deren Schalen mit lautem Klackern zerplatzten, dass es beinahe so klang, als würde geschossen.
    »Hey!«, schrie jemand. »Er will sie ausrauben!«
    Das reichte aus, um sie aus ihrer kurzfristigen Erstarrung zu befreien, und sie packte den zentimeterbreiten Riemen ihrer Tasche und hielt ihn so fest, wie sie nur konnte. Laut jedem Selbstverteidigungsguru der Welt hätte sie eigentlich loslassen sollen. Eine Handtasche war es nicht wert, dafür sein Leben zu riskieren. Aber diese ganz besondere Tasche war ein Geschenk von Grigg gewesen …
    Der Mann, der ihre Tasche mit seiner fleischigen Faust umklammerte, war ein richtiges Tier, ein Berg aus Muskeln, und unter seinem hinter einer Skimaske verborgenen Gesicht war kein Hals zu erkennen. Er hätte ihr problemlos die kleine Tasche aus den Händen reißen können, hätte er sich nicht gleichzeitig auch gegen den ungewöhnlich heldenhaften Mann verteidigen müssen, der ihn mit seinem harten Baguette auf den Kopf und die Schultern schlug.
    »Ruft die Polizei!«, brüllte der Baguettemann, der weiterhin zuschlug, bis sich das Brot langsam in seine Bestandteile auflöste und der Duft nach frischem Gebäck in der Luft hing.
    Das reichte an Motivation aus, um die erstarrten Zuschauer, die sie mit offenem Mund anglotzten, in Aktion zu versetzen. Während Ali und Mr Baguette mit dem Straßenräuber rangen, zogen immer mehr Menschen ihr Handy aus der Tasche und kamen auf sie zugelaufen.
    Der Typ in dem Rugbytrikot war als Erster bei ihnen, und er sprang dem Angreifer auf den breiten Rücken, legte ihm einen Arm um die fleischige Kehle und drückte zu, bis dem Mann die Augen – das Einzige, was unter der angsteinflößenden Maske zu erkennen war – aus den Höhlen traten wie bei einer Cartoonfigur. Jetzt tat es Ali leid, dass sie den Typen mit dem Rugbytrikot zuvor mit einer riesigen Hummel verglichen hatte.
    »Ergreift seine Beine!«, rief der Rugbykerl, und Mr Baguette tauchte ab, packte die Knie des Angreifers und warf ihn und gleichzeitig auch alle anderen um, sodass sie in einem Gewirr aus zappelnden Armen und Beinen auf dem Bürgersteig landeten.
    Irgendwie gelang es ihrem Angreifer, sich aus dem Gemenge zu befreien. Er stieß seine beachtliche Körpermasse vom Asphalt ab und rannte über die Straße, wobei er dem Verkehr auswich und dabei beinahe von einem beschleunigenden UPS-Wagen getroffen wurde. Für so einen großen Mann war er überraschend beweglich. Der UPS-Fahrer trat auf die Bremse und kam mit quietschenden Reifen zum Stehen, um sich dann aus dem Fenster zu lehnen und dem Mann mit wedelnder Faust etwas hinterherzurufen.
    Ali schnappte nach Luft und versuchte, ihren Angreifer im Auge zu behalten, der im Zickzack um Passanten und geparkte Wagen herumlief. Dann blieb ihr ganz die Luft weg, und sie war erstaunter, als wenn sie ein Blitz getroffen hätte, als auf einmal ihr flüchtiger Schatten aus Swanson’s Schnellrestaurant kam und über die Straße ging.
    Zumindest glaubte sie, dass er es war. Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen, weil er immer eine Baseballkappe trug, die sein Gesicht sehr effektiv verdeckte. Dennoch … dieser Mann hatte denselben robusten Körperbau, das eckige Kinn …
    Okay, jetzt wurde es aber wirklich zu abgefahren.
    »Hey!«, schrie sie den Mann an, während sich Mr Baguette und das Rugbytrikot langsam vom Boden aufrappelten.
    Der Mann mit der Baseballkappe schien sie nicht gehört zu haben.
    »Hey, Sie!«, rief sie erneut und lief auf die Straße. Sie war es unendlich leid, jeden Tag diese
Paranoia
zu spüren. Wenn sie ihn doch nur einmal richtig sehen könnte, dann würde sie …
    Der geheimnisvolle Mann rannte wie von der Tarantel gestochen los.
    Was?
Lief er etwa vor ihr weg?
    Als er in einen riesigen, solide aussehenden SUV stieg und augenblicklich den Motor anließ, hatte sie ihre Antwort.
    Er flüchtete tatsächlich vor ihr.
    Was zum Henker war hier eigentlich los?
    Gerade als sie ihm nachrennen wollte, wurde sie von Mr Baguette wieder zurück auf den Bürgersteig gezogen. »Hey, junge Frau«, sagte der Mann, der noch immer nach Luft schnappte. »Der Kerl ist längst weg. Wenn Sie ihm jetzt nachlaufen, werden Sie womöglich noch überfahren.«
    Mr Baguette gab den Versuch auf, gelassen zu wirken, und beugte sich vor, stützte die Hände auf die Knie, ließ den Kopf zwischen die Schultern sinken und keuchte
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