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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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Fort Wyvern begriff, was passiert war, beförderten Mamas neue Lieblinge genauso viel genetisches Material aus den Versuchstieren hinaus wie in sie hinein – und übertrugen dieses Material nicht nur zwischen den verschiedenen Tieren, sondern auch auf die Wissenschaftler und andere Beschäftigte im Labor. Die Kontamination ist nicht ausschließlich auf den Kontakt mit Körperflüssigkeiten beschränkt. Wenn man die kleinste Wunde oder Abschürfung hat, ein Schnitt von einem Blatt Papier, ein Kratzer vom Rasieren, genügt für die Übertragung bereits Hautkontakt.
    Wenn wir in den kommenden Jahren also alle kontaminiert werden, wird jeder einzelne von uns eine Ladung neuer DNS aufnehmen, die mit keiner identisch ist, die irgendein anderer empfängt. Die Wirkung wird in jedem Fall einzigartig sein. Einige von uns werden sich gar nicht spürbar verändern, da wir so viel Verschiedenes aus so vielen Quellen empfangen, daß es keine konzentrierte kumulative Wirkung geben wird. Während unsere Zellen sterben, taucht das eingefügte Material in den neuen Zellen, die sie ersetzen, vielleicht auf, vielleicht aber auch nicht. Aber einige von uns werden wohl zu psychologischen oder auch körperlichen Ungeheuern werden.
    Um mit James Joyce zu sprechen: Es dünkelt, Tinkt-Uhr tintet, diese unsere Funanimalische Welt. Mit seltsamer Vielfältigkeit dünkelt sie.
    Wir wissen nicht, ob die Veränderung sich beschleunigen, die Wirkung deutlicher sichtbar, das Geheimnis vom reinen Schwung der Tätigkeit des Retrovirus aufgedeckt werden wird – oder ob es sich um einen Prozeß handelt, der sich über Jahrzehnte oder Jahrhunderte fast unmerklich vollziehen wird. Wir können nur warten. Und abwarten.
    Dad schien der Ansicht zu sein, das Problem würde wegen einer Schwäche in der Theorie gar nicht erst entstehen. Er glaubte, die Leute in Fort Wyvern – die die Theorien meiner Mutter überprüften und entwickelten, bis man tatsächlich Organismen herstellen konnte – trügen eine größere Schuld als sie, weil sie von ihrer Vision abgewichen sind. Damals mag ihnen ihr Vorgehen zwar unbedeutend vorgekommen sein, doch letzten Endes erwies es sich als verhängnisvoll.
    Aber wie man es auch betrachtet, meine Mutter zerstörte die Welt, wie wir sie kennen. Trotzdem ist sie noch immer meine Mutter. In einer Hinsicht hat sie aus Liebe gehandelt, in der Hoffnung, mein Leben retten zu können. Ich liebe sie noch genauso wie früher – und staune, daß sie imstande war, ihr Entsetzen und ihre Qualen während der letzten Jahre ihres Lebens vor mir zu verbergen, nachdem sie begriffen hatte, was für eine neue Welt kommen würde.
    Mein Vater war keineswegs davon überzeugt, daß sie Selbstmord begangen hat, gesteht in seinen Aufzeichnungen aber die Möglichkeit ein. Er war der Ansicht, daß es sich wohl eher um Mord handelte. Obwohl die Seuche sich zu weit – und zu schnell – ausgebreitet hatte, um noch eingedämmt zu werden, hatte Mama sich schließlich mit der ganzen Geschichte an die Öffentlichkeit wenden wollen. Vielleicht hat man sie zum Schweigen gebracht. Ob sie nun Selbstmord begangen hat oder sich gegen das Militär und die Regierung erheben wollte, spielt keine Rolle mehr; so oder so, sie ist tot.
    Nun, da ich meine Mutter besser verstehe, weiß ich, woher ich die Kraft – oder die Besessenheit – nehme, meine Gefühle zu unterdrücken, wenn es mir zu schwer fällt, mich mit ihnen zu beschäftigen. Ich werde versuchen, mich in dieser Hinsicht zu ändern. Ich sehe nicht ein, wieso ich dazu nicht imstande sein sollte. Schließlich geht es auf der Welt doch nur darum: Veränderung. Unerbittliche Veränderung.
    Obwohl einige mich hassen, weil ich der Sohn meiner Mutter bin, darf ich weiterleben. Selbst mein Vater wußte nicht genau, wieso mir diese Gnade gewährt wird, wenn man bedenkt, wie wild einige meiner Feinde sind. Er argwöhnte jedoch, daß meine Mutter Bruchstücke meines genetischen Materials benutzte, um diesen apokalyptischen Retrovirus zu schneidern; vielleicht wird man den Schlüssel, mit dem man das Unheil ungeschehen machen oder wenigstens seine Auswirkungen begrenzen kann, irgendwann in meinen Genen finden. Man nimmt mir nicht wegen meiner XP einmal pro Monat Blut ab, wie man es mir immer weismachen wollte, sondern, um es in Fort Wyvern zu untersuchen. Vielleicht bin ich ein wandelndes Labor, und in mir steckt das Material, mit dem man einen Impfstoff gegen diese Seuche entwickeln kann – oder ein Hinweis darauf,
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