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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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und der menschlichen Gestalt strahlte er die wilde Aura von etwas Unmenschlichem aus, nicht nur wegen des Leuchtens in den Augen, sondern auch weil seine Gesichtszüge zu einem Ausdruck verzerrt waren, der keine menschliche Regung widerspiegelte, die ich hätte benennen können. Er war zwar bekleidet, hätte aber genauso gut nackt sein können; er war zwar vom Scheitel bis zum Hals glattrasiert, hätte aber auch haarig wie ein Affe sein können. Sollte er tatsächlich zwei Leben führen, hatte er sich eindeutig besser an jenes gewöhnt, das er nachts mit dem Trupp führte als an das, welches er am Tag führte, unter jenen, die keine Wechselbälger waren wie er.
    Er hielt die Glock wie ein Henker im ausgestreckten Arm und richtete sie auf mein Gesicht.
    Orson sprang ihn schnaubend an, aber Scorso war der schnellere von beiden. Er trat dem Hund wuchtig gegen den Kopf, und Orson ging zu Boden und blieb liegen, ohne auch nur zu jaulen oder mit den Läufen zu zucken.
    Mein Herz sackte nach unten wie ein Stein in einem Brunnen.
    Scorso richtete die Glock wieder auf mich und schoß mir mitten ins Gesicht. Diesen Eindruck hätte man jedenfalls einen Moment lang haben können. Doch einen Sekundenbruchteil, bevor er abdrückte, schoß Sasha ihm vom anderen Ende des Zimmers aus in den Rücken, und der Knall, den ich hörte, war der ihres Chiefs Special.
    Scorso wurde vom Einschlag der Kugel herumgerissen, und die Glock mit ihm. Der Teakholzboden neben meinem Kopf zersplitterte, nachdem die Kugel ihn durchschlagen hatte.
    Verletzt, aber keineswegs so beeinträchtigt, wie es so manch anderer gewesen wäre, nachdem man ihm in den Rücken geschossen hatte, wirbelte Scorso herum und pumpte dabei Kugeln aus der Glock.
    Sasha ließ sich fallen und rollte rückwärts aus dem Raum. Scorso schoß weiterhin dorthin, wo sie gestanden hatte, bis die Pistole leer war. Selbst danach zog er noch mehrmals den Abzug.
    Ich sah, daß jede Menge dunkles Blut sich auf dem Rücken seines Flanellhemds ausbreitete.
    Schließlich schleuderte er die Glock zu Boden, drehte sich zu mir um und schien zu überlegen, ob er mir auf dem Gesicht herumtrampeln oder mir die Augen aus dem Kopf reißen sollte, um mich blind und sterbend zurückzulassen. Aber er entschied sich für keines dieser Vergnügen und lief zu dem scheibenlosen Fenster, durch das die letzten beiden Affen entkommen waren.
    Er kletterte gerade aus dem Haus auf die Veranda, als Sasha wieder auftauchte und, so unglaublich, wie es sich anhört, ihn verfolgte.
    Ich schrie sie an, sie solle stehenbleiben, aber sie sah so wild entschlossen aus, daß es mich nicht überrascht hätte, jenes schreckliche Leuchten auch in ihren Augen zu sehen. Sie hatte das Wohnzimmer schon durchquert und war auf die Veranda gesprungen, während ich mich noch aus den zersplitterten Überresten des Tisches aufrappelte.
    Draußen knallte der Chiefs Special einmal und dann noch einmal.
    Obwohl mir nun klar zu sein schien, daß Sasha auf sich aufpassen konnte, wollte ich ihr folgen und sie zurückzerren. Selbst wenn sie Scorso erledigte, wimmelte es in der Nacht wahrscheinlich vor mehr Affen, als selbst ein erstklassiger Diskjockey erschießen konnte – und die Nacht war die Domäne des Trupps und nicht die von Sasha.
    Ein dritter Schuß dröhnte. Ein vierter.
    Ich zögerte, weil Orson so schlaff dalag, so ruhig, daß ich nicht sehen konnte, ob seine schwarzen Flanken sich noch unter Atemzügen hoben und senkten. Falls er bewußtlos war, benötigte er vielleicht schnell Hilfe. Er hatte einen Tritt gegen den Kopf abbekommen. Selbst falls er noch lebte, bestand die Gefahr eines Gehirnschadens.
    Ich merkte, daß ich weinte. Ich schluckte meinen Kummer hinunter, blinzelte meine Tränen zurück. Wie ich es immer tue.
    Bobby kam durch das Wohnzimmer auf mich zu. Eine Hand hatte er auf die Stichwunde in seiner Schulter gedrückt.
    »Hilf Orson«, sagte ich.
    Ich wollte einfach nicht glauben, daß ihm jetzt nichts mehr helfen konnte, denn schon allein dieser schreckliche Gedanke mochte dazu führen, daß er der Wahrheit entsprach.
    Pia Klick würde diese Vorstellung verstehen.
    Vielleicht würde jetzt auch Bobby sie verstehen.
    Ich sprang über Möbel und tote Affen, zertrat dabei herumliegendes Glas und lief zum Fenster. Der Wind trieb silberne Peitschen aus kaltem Regen an den scharfen Scherben der Scheibe vorbei, die noch aus dem Rahmen hervorstachen. Ich lief über die Veranda, sprang die Treppe hinunter und rannte mitten in
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