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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft
Autoren: Robert Goddard
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an, um meine Gedanken zu sammeln. »Würde es Ihnen etwas ausmachen zu erklären, woher Sie all dies wissen, Mr. Faraday ?«
    »Ich höre zu und beobachte.« Er nippte an der Creme de menthe. »In diesem Fall habe ich gehört, was Diana ihrer Tante über den neuen Mann in ihrem Leben erzählt hat. Und ich habe die Krawatten beobachtet, die er während der Spaziergänge an Deck trug - es waren alte Schul- und Regimentskrawatten.«
    »Wie aufmerksam von Ihnen.« Es erleichterte mich, dass er letztendlich doch nur begrenzte Schlussfolgerungen hatte ziehen können. Dennoch ging mir jetzt eine Möglichkeit im Kopf herum, die ich zuvor nicht bedacht hatte, nämlich die, dass Max unter Dianas Einfluss gefährlich redselig wurde. »Sie sind also Miss Vitas Vertrauter, nehme ich an?«
    »Sie greift gelegentlich für einen Ratschlag auf mich zurück. Das ist alles.« »Irgendwelche speziellen Ratschläge?« »Das Wohlergehen ihrer Nichte liegt ihr naturgemäß sehr am Herzen. Und ihr Bruder ist nicht da, den sie um Rat fragen könnte. In Wahrheit benutzt sie mich nur, um ihre eigenen Gedanken zu überprüfen.« »Und was hält sie von dieser blühenden Romanze?« »Glauben Sie, dass sie tatsächlich blüht?« »Ich dachte, Sie glaubten es.«
    Er kicherte. »Vielleicht können wir darin übereinkommen, dass sie sich anscheinend zueinander hingezogen fühlen. Ich muss zugeben, dass mich das ein wenig überrascht. Was nun Mr. Charnwoods Reaktion betrifft...« »Sind Sie mit ihm bekannt?«
    »Ich hatte geschäftlich mit ihm zu tun. Das reicht, um zu bezweifeln, dass er einer Verbindung Dianas mit... solch einem Mann aus ganzem Herzen zustimmen würde.«
    »Ist sie denn nicht alt genug, um seiner Zustimmung nicht mehr zu bedürfen?«
    »Ihr Alter spielt dabei keine Rolle. Sie hat immer die Wünsche ihres Vaters berücksichtigt.« Er schaute einen Moment zur Seite. »Das hat mir jedenfalls ihre Tante erzählt«, fügte er dann hinzu.
    »Was ist dann Miss Vitas Problem? Warum wartete sie nicht einfach das Urteil ihres Bruders ab?«
    »Weil...« Faraday unterbrach sich, um noch einen Schluck Creme de menthe zu nehmen. »Sie könnte ihn vielleicht zu Mr. Wingates Vorteil beeinflussen. Wenn Sie mehr über Mr. Wingate erführe. Winchester und das Rifle Corps bringen uns nicht besonders weit. Was ist zum Beispiel mit den letzten zwölf, dreizehn Jahren?«
    »Sie bieten nicht das Geringste, was Max diskreditieren könnte.«
    »Aber was bieten sie?«
    Ich lächelte über seine Frechheit und auch darüber, dass er meine Intelligenz so unterschätzte. »Ich glaube, das sollten Sie Max lieber selbst fragen, meinen Sie nicht auch?«
    »Sie können wenigstens für sich selbst sprechen. Schließlich waren Sie beide langjährige Geschäftspartner. Was auf Sie zutrifft, gilt auch für ihn.«
    Ich beugte mich vor und drückte meine Zigarette aus. »Warum interessieren Sie sich eigentlich so sehr für diese Sache, Mr. Faraday?« fragte ich gelassen.
    »Ich versuche einfach nur zu helfen.«
    »Wem? Vita? Diana? Fabian Charnwood? Oder Ihnen selbst?«
    Seine Antwort bestand nur aus einem Grinsen.
    »Nun, wem Sie auch helfen wollen, ich glaube nicht, dass Sie gute Arbeit leisten. Und jetzt werden Sie mich sicherlich entschuldigen.« Ich stand auf und stürmte hinaus. Ich hatte ein überwältigendes Bedürfnis nach frischer Luft.
    Die Karten waren mir an diesem Abend nicht hold. Jedenfalls redete ich mir das ein, obwohl mir natürlich Faradays Worte im Kopf herumgingen und meine Konzentration schwächten. Und ein abgelenkter Mann gibt einen schlechten Pokerspieler ab. Deshalb stieg ich früh aus.
    Am nächsten Morgen war ich bereits im Morgengrauen auf und erwartete ruhelos das Ende unserer Reise. Ich beschloss, vor dem Frühstück zu schwimmen, und ging zum Pool hinunter, der, wie ich hoffte, um diese Zeit noch verlassen sein würde. Und so schien es denn auch zu sein. Nur die steinerne Schildkröte am Rande des Beckens begrüßte mich. Aber wie so oft auf diesem Schiff entpuppte sich die Einsamkeit als Illusion. Während ich Bademantel und Handtuch in eine Kabine hängte, hörte ich, wie eine Türe geöffnet und sofort wieder geschlossen wurde. Dann folgte ein Klatschen, als jemand in den Pool sprang.
    Es war eine Frau, die schnell und kräftig schwamm. Als ich aus der Kabine kam, trat ich unwillkürlich hinter eine Säule und beobachtete, wie sie die mir zugewandte Seite des Pools erreichte, wendete und eine weitere Bahn zog. Erst da, als sie sich vom
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