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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel
Autoren: Michael Köhlmeier
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schönste Frau ihrer Zeit gewesen sein. Im Vergleich zu ihr habe die griechische Helena wie eine verschrumpelte Äffin ausgesehen. Rahel wiederum habe im Vergleich zu ihrer Vorfahrin Sara, der Frau des Abraham, wie ein Affenweib ausgesehen. Aber Sara, die noch mit hundert so schön war, daß der Pharao vor ihr in die Knie ging, Sara soll neben Eva, der ersten Frau überhaupt, wie die häßlichste aller Kröten gewirkt haben. Und Eva wiederum soll im Vergleich zu Adam ausgesehen haben wie eine Maulwurfsgrille, und Maulwurfsgrillen werden, wie allgemein bekannt, nur noch von Nacktmullen an Häßlichkeit übertroffen. Adam aber, Gottes Ebenbild, sei Ebenbild gewesen nur in dem Sinn, wie die Asche Ebenbild des Feuers sei – nicht mehr und nicht weniger … Diese Legende sollten wir nicht vergessen, wenn wir in den Spiegel schauen.
    Gott hatte also erneut mit dem Buchstaben Beth eine Vereinbarung getroffen, daß er seine Schöpfung nach dem Prinzip der Vereinigung der Gegensätze gestalte und also nicht versuche, etwas Vollkommenes zu schaffen. Aber kann man etwas schaffen wollen ohne die Ambition, es in vollkommener Form aus der Hand zu geben? Nein, das kann ein Mensch nicht. Und ein Gott sollte es können?
    Also dachte Gott bei sich: »Ich werde mich nicht um mein Versprechen kümmern. Und wenn gemacht ist, was ich machen will, dann wird sein, was ist.«
    Er wollte diesen Adam einzig und ewig machen, unsterblich und allein. Denn zwei gibt es nur dort, wo es kein ewiges Leben gibt, das heißt, wo das eine stirbt und das andere aus dem einen hervorgeht. Gott war stolz auf Adam.
    Und als sich Adam zu seiner vollen Größe erhob, erschraken die Engel. Die einen meinten, da erhebe sich einer gegen Gott, und sie rüsteten sich zum Angriff. Die anderen meinten dasselbe und wollten desertieren. Und eine dritte Gruppe hatte einfach nur Angst und versteckte sich.
    Aber Gott sagte: »Niemand, der mich liebt, braucht sich vor Adam zu fürchten. Aber wer mich nicht liebt, der muß sich von nun an doppelt fürchten.«
    Da begaben sich Engel und Erzengel auf ihre Plätze. Und sie warteten ab. Die Engel schauten auf die Erzengel, und die Erzengel schauten auf Gott. Da meldete sich die Erde zu Wort, zum ersten und zum letzten Mal.
    Sie murrte, sie sagte zu Gott: »Wie soll ich dieses Wesen ernähren?«
    »Er wird sich von deinen Früchten ernähren.«
    »Gut, sein Leib wird sich von meinen Früchten ernähren«, sagte die Erde. »Aber wovon wird sich seine Seele ernähren? Darauf bin ich nicht vorbereitet. Ich weiß nicht, wie man eine Seele ernährt.«
    Da erfand Gott den Schlaf.
    »Ich weiß nicht, ob die Seele je hungrig werden wird«, sagte Gott, »aber wenn, dann wird sie der Schlaf ernähren.«
    Dann war ein halber Tag vergangen, und der Leib Adams hatte Hunger. Und Adam aß. Zu Mittag aß er die halbe Erde leer. Und am Abend hatte er schon wieder Hunger.
    »Wenn er am Abend die andere Hälfte leer ißt«, sagte der Erzengel Michael zu Gott, »dann wird er übermorgen verhungern.«
    »Was soll ich tun?« fragte Gott.
    »Mach ihn kleiner«, riet Michael.
    Da nahm Gott so viel Erde von Adams Körper, bis er kleiner war als ein Baum. Und was machte er mit dem übriggebliebenen Lehm? Den deponierte er draußen vor dem Paradies, gleich neben dem Tor.
    Dann ließ Gott die Engel antreten, und er sagte zu ihnen: »Seht her! Dieser da ist mein Liebling! Ihn habe ich geschaffen. Ich! Ich möchte, daß ihr vor ihm niederkniet. Ich möchte, daß er euch mehr gilt, als ihr euch geltet. Ihr sollt wissen, er steht über euch. Kniet euch nieder vor ihm!«
    Die Engel schauten auf die Erzengel, und die Erzengel schauten sich gegenseitig an. Und dann blickten alle auf Michael. Und Michael beugte sein Knie vor Adam. Gabriel folgte. Und Raphael und Uriel, sie knieten sich nieder vor Adam.
    Aber da war einer der Erzengel, Samael hieß er, der sagte zu Gott: »Einen Augenblick! Natürlich werde ich mich vor deinem Geschöpf niederknien. Aber wäre es nicht peinlich, für dich peinlich, wenn wir uns jetzt alle vor Adam niederknieten, und dann stellte sich heraus, er ist immer noch nicht ganz fertig. Dann müßten wir uns noch einmal vor ihm niederknien. Eine Korrektur hast du bereits an ihm vornehmen müssen, hast ihn kleiner gemacht. Woher soll ich wissen, ob du ihn vielleicht nicht wieder völlig umbaust?«
    »Was willst du, Samael?« fragte Gott.
    »Man sollte ihn testen«, sagte Samael.
    »Wie meinst du das?«
    »Er ist aus Dreck gemacht, ich bin
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