Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Geschichten aus der Murkelei

Titel: Geschichten aus der Murkelei
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
glänzen darf. Warte nur, ich werde nicht einmal einen Regenwurm
     von dir annehmen, wenn du dein graues Federkleid nicht wieder anziehst.«
    »Das kann ich doch nicht!« rief das Huhn traurig. Aber der Hahn ging böse weg. Da weinte das Huhn und klagte: »Mit mir wird
     es auch nie besser, es kann geschehen, was will. Puttputtputt, ich bin ein rechtes Unglückshuhn.« Und es saß alle Tage traurig
     in einer Ecke, und weder Silberhaut noch Goldbein freuten es noch.
    Aber es sollte noch schlimmer kommen! Das böse Hexlein nämlich, das beim andern Zauberer in einem Fläschlein auf dem Schreibtisch
     stand, sah all seiner Zauberei zu, die er tagsüber machte. Es lernte dabei viel und wurde immer böser. Wäre ich nur erst aus
     der Flasche! dachte es. Ich wollte denen schon zeigen, daß ich ebensogut zaubern kann wie sie, und sie mächtig ärgern!
    Aber der Zauberer paßte gut auf und hatte den Flaschenkorken noch mit einem Strick am Flaschenhals festgebunden, daß es nur
     nicht herauskam. Da geriet das Hexlein auf eine List und streckte, als es gutes Wetter zeigen und den Mund zuhalten sollte,
     die Zunge heraus, was ja Regen bedeutete.
    Der Zauberer sah es und sprach: »Ach so, es gibt Regen. Gut, daß ich das weiß. Ich wollte heute nachmittag eigentlich über
     Land und Tante Kröte besuchen. Nun aber will ich doch lieber zu Haus bleiben, denn naßregnen lasse ich mich nicht!«
    Der Zauberer blieb also zu Haus, und weil er nichts Rechtes zu tun hatte, zauberte er aus reiner Langerweile erst eine ganze
     Stube voll Apfelreis und dann dreihundert kleine Mäuse, die den Apfelreis auffressen mußten, was eine ganze Weile dauerte.
     Als aber die Mäuslein den Apfelreis aufgefressen hatten, waren sie groß und dick und rund geworden. Da zauberte der Zauberer
     dreißig Katzen, die |30| mußten die dreihundert Mäuslein auffressen. Als die Katzen das getan hatten, legten sie sich dickesatt und schläfrig in die
     Sonne.
    Der Zauberer sah das und rief erstaunt: »Was denn –? Ich denke, es soll regnen, und nun scheint immer noch die Sonne! Was
     ist denn bloß mit meinem Hexlein los?« Und er klopfte mit dem Finger gegen das Fläschlein. Das Hexlein saß ganz still darin
     und zeigte weiter die Zunge. Nun, es wird wohl gleich losregnen, tröstete sich der Zauberer und sah wieder die dreißig Katzen
     an, die faul und schläfrig in der Sonne lagen.
    Was fange ich bloß mit dieser Bande an? fragte sich der Zauberer. Sie sind so vollgefressen, sie sind zu nichts mehr nutze.
     Sie haben dreihundert Mäuse im Bauch, und die dreihundert Mäuse haben eine ganze Stube voll Apfelreis im Bauch – nun liegen
     sie hier rum und tun gar nichts. Und er gab einer Katze einen Tritt. Er war nämlich schlechter Laune, weil er trotz des schönen
     Wetters im Glauben an das Hexlein zu Haus geblieben war. Die Katze kümmerte sich gar nicht um den Tritt, sondern schlief ruhig
     weiter.
    Da holte der Zauberer eine kahle Haselrute und verwandelte die dreißig faulen Miesekatzen in dreißig Haselkätzchen, die an
     dem Zweige saßen. »So«, sagte er. »Das sieht wenigstens nett aus und liegt nicht im Wege.« Und er stellte den Zweig in eine
     Vase.
    Als er dies getan hatte, sah er wieder nach der Sonne. Die Sonne schien noch immer. Dann sah er nach dem Hexlein in der Flasche:
     Das Hexlein zeigte noch immer die Zunge. »Du!« sagte er und klopfte an das Glas. »Es regnet doch gar nicht, nimm die Zunge
     rein!« Das Hexlein zeigte die Zunge. Vielleicht hat sich die Zunge zwischen den Zähnen festgeklemmt, überlegte der Zauberer
     und schüttelte die Flasche kräftig. Das Hexlein zeigte noch immer die Zunge. »Ich werde die Flasche auf den Kopf stellen«,
     sagte der Zauberer, tat es – aber das Hexlein zeigte weiter die Zunge. |31| Ich will ihm doch mal die Sonne zeigen, dachte der Zauberer, dann sieht es doch, daß es falsch Wetter zeigt. Und er trug die
     Flasche hinaus in den Garten und hielt sie in die Sonne. Das Hexlein zeigte der Sonne die Zunge.
    »I du dummes Ding! Wie kannst du dich so verkehrt aufführen!« schrie der Zauberer wütend und warf die Flasche gegen die Wand.
     An der Wand zerbrach die Flasche, das Hexlein kam hervor wie ein Rauch, und ehe noch der Zauberer ein Zauberwort hatte sprechen
     können, fuhr es als Rauch empor in die Wolken.
    »Weg ist sie!« sagte der Zauberer verblüfft. »Na, hoffentlich macht sie nicht zuviel Unfug.« Damit ging er ins Haus und zog
     sich Stiefel an, denn er wollte jetzt doch noch über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher