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Geschichten aus der Murkelei

Titel: Geschichten aus der Murkelei
Autoren: Hans Fallada
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Tochter
     zugedacht, die bei den Mahlzeiten stets die langsamste war. Und der
verkehrte Tag
hat sich im Carwitzer Alltag zugetragen – natürlich im Traum.
    Auch die typischen Pechvögel fehlen in dem Büchlein nicht, wie das Unglückshuhn oder das Mäuseken Wackelohr. Für solche Gestalten
     hatte Fallada ein besonderes Herz, nannte er sich doch selbst einen ausgemachten Pechvogel, der
jede Treppe herunter fiel, sich Mühlsteine auf die Finger warf, unter galoppierende Pferde sich legte …
Tatsächlich geriet Fallada, der den bürgerlichen Namen Rudolf Ditzen trug, als Junge mit seinem nagelneuen Fahrrad unter einen
     Kutschwagen und mußte Monate im Krankenhaus verbringen. Mindestens einmal im Jahr war er schwer krank, das Mißgeschick schien
     ihn beharrlich zu verfolgen. Stets fühlte er sich als Außenseiter. Auf seiner einzigen Auslandsreise mit der Wandervogelbewegung
     nach Holland sieht er sich als ein
langes wadenloses Tier, ungeschickt mit einer Brille …
Zurückgekehrt erkrankt er schwer an Typhus. In der Schule wird er von seinen Mitschülern gehänselt und von den Lehrern traktiert.
     Für den ehrgeizigen Vater, der es in seinem Leben bis zum Reichsgerichtsrat gebracht hat, ist der Sohn eine einzige Enttäuschung.
     Rudolf Ditzen rettet sich in die Welt der Bücher und entzieht sich dem Erwartungsdruck |156| der Erwachsenen. Er streift ab, was ihn quält, und sucht nach eigenem Glück, das er in der Phantasie, auf Robinsons Insel,
     findet. Er möchte selbst einmal Schriftsteller werden. Der heftige, aber noch leise Wunsch wird vom täglichen Leben überhört.
    Zum Pech der Kinderjahre gesellt sich wirkliches Unglück. Nach einem mißlungenen Selbstmordversuch verläuft das Leben Rudolf
     Ditzens dumpf und ziellos. Ohne Abitur zieht er über das Land und schlägt keinen Brotberuf aus, wenn er ihn nur irgendwie
     über Wasser hält. Er arbeitet als Landwirt, Hilfsarbeiter, Verwalter, Saatgutbeauftragter oder Nachtwachbeamter, aber in den
     Nächten schreibt er.
Wartejahre, Schnorrejahre
nennt er diese Zeit, doch es sind ganz unmerklich auch seine Lehrjahre.
    Dem geschundenen, aber getreuen Schimmelpferd
Falada
aus dem Märchen der Brüder Grimm
Die Gänsemagd
fühlt der Schriftsteller sich hingezogen, als er ein Pseudonym für sich sucht. Von nun an
Hans Fallada
, ist er noch längst kein
Hans im Glück
, was für ihn bedeutet, als Schriftsteller von den Menschen geliebt zu sein.
    Was er auf seinen ruhelosen Wegen erfährt und erleidet, speichert sein Hirn. In seinen Büchern lebt alles auf, wahr oder verwandelt,
     erinnert oder erfunden. Die enge Welt der kleinen Leute, der Landarbeiter und Angestellten, wie das hoffnungslose Leben der
     Gestrauchelten.
In Falladas Büchern ist Menschengeruch. Das Leben zappelt in ihnen
, hat Robert Musil einmal gesagt. Und das gilt allemal auch für sein Kinderbuch. Es liest sich nicht wie etwas am Schreibtisch
     Ausgetüfteltes. Als sei der Erzähler gerade der Märchenwelt entstiegen, so öffnet er die Tür zum Kinderzimmer mit einem lausbübischen
     Lächeln …
    Und gestern noch war er ein schlechter Vater. Denn wenn er schreibt, ist jede bedachtsame Erziehung vergessen. Dann ist er
     ein Tyrann. Die Kinder dürfen nicht im Hof spielen, denn die Schaukel quietscht. Und die Hausmädchen |157| müssen im alten Bauernhaus mit den knarrenden Dielen auf Socken schleichen, ihr fröhliches Singen verstummt. Anna Ditzen,
     die Frau Hans Falladas, übernimmt das Regime und sorgt für Ruhe. Hans Fallada ist ein fleißiger Schreiber. Allein in Carwitz
     entstehen 17 Bücher. Er beginnt am frühen Morgen und hört nicht eher auf, bevor er nicht sein tägliches Pensum geschafft hat
     – und das ist hoch angesetzt. Schreiben ist für ihn das eherne Gesetz seines Lebens, dem er folgt, auch wenn die Gesundheit
     längst Einhalt gebietet. So folgen auf seine Schreibphasen meist Krankenhaus oder Sanatoriumsaufenthalte oder übermäßiger
     Alkoholkonsum, um die innere Spannung zu lösen. Kaum genesen und zu Kräften gekommen, beginnt der besessene Schreiber ein
     neues Buch, und abermals ertönt in Carwitz das Warnsignal durch Haus und Hof: Ruhe, Vater arbeitet!
    Die
Geschichten aus der Murkelei
schreibt Hans Fallada 1936. Aus seinem Arbeitskalender, den er täglich akkurat mit Stichpunkten versieht, kann man von August
     bis November des öfteren die Eintragung
Kindergeschichten
finden. Zu dieser Zeit arbeitet er gerade an seinem großen Roman
Wolf unter Wölfen
. Die
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