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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition)
Autoren: Peter Abrahams
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aggressiver Typ, daran gewöhnt, seinen Willen zu kriegen. Das ist nicht so gut angekommen.«
    »Und jetzt?«, fragte Ivy.
    »Jetzt was?«
    »Wie war er, als du ihn besucht hast?«
    »Sehr verändert«, sagte Danny. Er sah sie über die Bar hinweg an. Nichts in seinem Gesicht war ganz symmetrisch, aber die Teile fügten sich zu einem erfreulichen Gesamteindruck. »Warum machst du das?«
    »Ich sagte, ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Wie lauten die Faktoren?«
    »Welche Faktoren?«
    »Für deinen Entscheidungsprozess.«
    Hatte Danny wirklich einen eigenen Prozess für so etwas, eine kleine Maschine in seinem Verstand, die die Faktoren aufrechnete und auf Befehl Entscheidungen ausspuckte? Ivy hatte keine solche Maschine, nicht im entferntesten. »Ich bin nicht sicher«, sagte sie.
    »Zum Beispiel auf der Habenseite«, meinte Danny. »Zahlen sie dafür?«
    »Ein bisschen, aber …«
    »Wenn du knapp bei Kasse bist, könnte ich –«
    »Ich brauche kein Geld.«
    Vielleicht kam das heftiger heraus, als sie beabsichtigt hatte. Danny sah nach unten und ließ seinen Drink kreisen. »Es ist ein schlimmer Ort, Ivy«, sagte er. »Nur unheimliche Typen, Gefangene, Wachen, jeder. Böse ist eigentlich das richtige Wort.«
    »Du hast mich schon fast überredet«, meinte Ivy.
    Entscheidungen fällen à la Ivy. Später – als sie sich vor dem Schlafengehen die Zähne putzte – legte sie sich eine rationale Erklärung zurecht.
    Fehlte ihren Werken das Böse?

    Eine lange Fahrt, wie Joel gesagt hatte, aber keine Quälerei. Je weiter Ivy mit ihrem kleinen Mietwagen nach Norden kam, desto schöner wurde die Gegend, und als sie die Adirondacks erreichte, strahlte der Herbst in all seiner Pracht. Wie das beschreiben, in Worte fassen? Einfach unmöglich, zumindest für sie; es war, als wäre Gott dem Einfluss von Camille Pissarro erlegen. Und als sie vom North Way auf die schmaleren Straßen nach Westen abbog, wurde es sogar noch schöner.
    DANNEMORA. Erst kam eine Farm, mit Kühen und einem Mann im karierten Hemd, der ein großes rauchendes Feuer schürte. Dann ein Antiquitätenhandel, der echte Möbel aus den Adirondacks anpries, von denen einige vor dem Laden ausgestellt waren. Danach ein paar Wohnwagen, bescheidene Häuser, die dringend einen Anstrich benötigten, und eine große Kreuzung. Auf dem Beifahrersitz neben Ivy lag ein aus dem Internet ausgedruckter Stadtplan, den sie gerade zu Rate ziehen wollte, als sie direkt vor sich den Gefängnis-Komplex erblickte.
    Das Gefängnis war kaum zu verfehlen. Es besaß so unglaubliche Ausmaße, dass es in einem anderen Zusammenhang komisch hätte wirken können, wie zum Beispiel der erste Versuch eines kleinen Kindes, einen Hund zu zeichnen, bei dem die Ohren dann bis auf den Boden hingen. Die kahle, weiß gestrichene Mauer direkt am Rand des Bürgersteigs war zehn Meter hoch, vielleicht sogar mehr, und erstreckte sich endlos, Wachtürme ragten über die Straße hinaus. Ivy fuhr durch deren Schatten, einen langen, langen Block. Kurz vor dem Ende knickte die Mauer im rechten Winkel ab und formte dann ein Dreieck mit einem Tor in der Mitte. Ivy parkte an der Straße und ging darauf zu. Das Tor selbst war ein schwarzes Rechteck, so oft gestrichen, dass Ivy nicht erkennen konnte, ob es aus Holz oder Metall war, und so riesig, dass es in einen Film über Trolle gepasst hätte. Keine Fenster, keine Schilder, abgesehen von einer kleinen Tafel der Historischen Gesellschaft des Staates. HAFTANSTALT DANNEMORA, 1845.
    Wurde von Besuchern erwartet, dass sie klopften?
    Ivy schaute sich um. Auf der anderen Straßenseite war eine Bar namens Lulu’s by the Gate. Vielleicht –
    »He!«
    Ivy schaute auf.
    Eine Wache in blauer Uniform lehnte sich aus dem Turm, ein Gewehr oder eine Schrotflinte – Ivy kannte sich mit Waffen nicht aus – in den Händen, die er jedoch nicht auf sie richtete.
    »Ich bin hier, um die Schreibwerkstatt zu leiten«, rief Ivy hoch. »Joel Cutlers alten Kurs – ich übernehme ihn. Ich habe die Freigabe von der Gefängnisverwaltung.« Sie wollte gerade in ihrer Tasche danach suchen, als ihr eine aus vielen Filmen bekannte Szene einfiel und sie erstarrte. »In Ordnung, wenn ich in meine Tasche greife?«
    »Hä?«, sagte der Wachmann.
    »Um Ihnen den Passierschein zu zeigen.«
    Der Wachmann sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihr hinab. »Büro«, sagte er und verschwand.
    »Wo ist das?«, rief Ivy nach oben.
    Hoch über ihr erschien ein blauer Arm und wies um die
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