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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition)
Autoren: Peter Abrahams
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Ausnahme gemeint, die die Regel auf die Probe stellt, der schwere Fall, bei dem sich herausstellt, ob die Regel richtig ist oder nicht.«
    Schweigen. Alle sahen sie an, wenn auch nicht in ihre Augen. Dann lachte Perkins tief und grollend. »Das ist Felix«, sagte er.
    »Der schwere Fall«, sagte Morales.
    Dann lachten sie alle, auch Ivy; alle lachten, bis auf Felix, aber selbst auf seinem Gesicht lag ein wenn auch etwas unsicheres Lächeln. Der zweite allgemeine Heiterkeitsausbruch, seit sie eingetreten war. Sehr überraschend.
    Moffit, der Wachhabende, beugte sich um die Ecke und starrte in den Raum. El-Hassam hörte auf zu lachen. Auch das Aufhören griff rasch um sich.
    Schweigen.
    »Bestätigen bedeutet auf die Probe stellen«, sagte El-Hassam.
    »Hast du das gewusst, Felix?«, fragte Morales.
    Felix schüttelte den Kopf.
    »Scheiße, Mann«, sagte Morales. »Du solltest dir dein Geld wiedergeben lassen.«
    »Mein Geld?«, fragte Felix.
    »Für deinen College-Abschluss«, sagte Morales. Er wandte sich an Ivy. »Unser Felix war auf der Harvard U-ni-ver-si-tät.«
    »Nein«, sagte Felix.
    In Morales’ rechtem Arm pulsierte eine Ader, verzerrte das L von LATIN KINGS. »Nennst du mich ’n Lügner, Felix?« Sein Tonfall war gleichmütig, fast freundlich.
    »O nein, nein, nein, nein«, wehrte Felix ab. »Aber eigentlich war ich auf der Cornell.«
    »Weil ich nämlich nicht lüge«, sagte Morales. »Das stimmt doch, Felix?«
    Felix nickte.
    »Unser Felix hier war auf der Harvard U-ni-ver-si-tät«, sagte Morales.
    Langes Schweigen. Dann nickte Felix wieder, nur andeutungsweise, aber er nickte.
    »Eine Menge großer Schriftsteller ist nicht aufs College gegangen«, sagte Ivy. Eine Bemerkung, die nicht wirklich passte, aber sie wollte die Richtung ändern, die die Dinge nahmen, und ihr fiel nichts Besseres ein.
    »Zum Beispiel?«, fragte El-Hassam.
    »Shakespeare«, sagte Ivy.
    »Echt wahr?«, fragte Morales. »Shakespeare ist nie nicht auf dem College gewesen?«
    Ivy nickte.
    »Sie kennen Shakespeare?«, fragte Perkins.
    »Ein bisschen«, erwiderte Ivy.
    »Lassen Sie mal hören«, forderte Perkins.
    »Sie meinen, auswendig?«, fragte Ivy.
    »Ja«, sagte Perkins. »Kennen.«
    Shakespeare auswendig. Sie hatte mal einen Shakespeare-Kurs belegt, aber das war in ihrem ersten Jahr gewesen und noch dazu um acht Uhr dreißig morgens, deshalb –
    »Morgen«, hörte sie sich plötzlich sagen.
    »… und morgen, und dann wieder morgen,
    kriecht so mit kleinem Schritt von Tag zu Tag«.
    O Gott, hätte ihr was Schlimmeres einfallen können?
    »zur letzten Silb auf unserm Lebensblatt;
    und alle unsere Gestern führten Narrn
    den Pfad des stäubgen Todes.«
    Es war still, so still, dass Ivy hören konnte, wie Moffit draußen vor der Tür rülpste.
    Perkins lehnte sich in seinen Stuhl zurück. »Verdammt«, sagte er.
    »Der Kumpel muss einige Zeit gesessen haben«, meinte Morales.
    »Ich glaube, man weiß nicht viel über sein Leben«, sagte Ivy.
    »Der hat gesessen, glauben Sie mir«, sagte Morales. »Was ist mit Hitler?«
    »Hitler?«, fragte Ivy.
    »Er war ein Schriftsteller«, erklärte Morales. »Ich habe sein Buch gelesen. War er auf dem College?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Ivy.
    »Wusste scheißviel, Mann«, meinte Morales. »Hitler. Steht alles in seinem Buch.«
    »Er hat den Zweiten Weltkrieg angefangen«, sagte El-Hassam. »Hundert Millionen Menschen sind gestorben.«
    »Na und?«, sagte Morales. »Wessen Schuld ist das?«
    Erneutes Schweigen. Wieder pochte die Ader in Morales’ Arm.
    »Was kommt nach ›stäubgen Todes‹?«, fragte Perkins.
    »Die nächste Zeile?«, sagte Ivy. »Hab ich vergessen.« Das stimmte nicht. Als Nächstes kam der Erzählt-von-einem-Narren-Teil, voller Schall und Wahn, ohne Bedeutung. Viel zu deprimierend. »Sollten wir nicht eigentlich schreiben?«
    »Haben Sie Papier und Bleistifte?«, fragte Morales.
    »Papier und Bleistifte?«
    »Die müssen Sie mitbringen«, erklärte Morales. »Womit sollen wir sonst schreiben?«
    Keine Stifte. Gottverdammter Joel. »Mein Fehler«, entschuldigte sich Ivy. Sie wollte aufstehen.
    »Hey«, sagte Morales. »Wo wollen Sie hin?«
    »Fragen, ob Mr. Moffit uns aushelfen kann.«
    Perkins lachte sein grollendes Lachen. » Mister Moffit?«
    El-Hassam griff in seine Tasche und zog einen Stift heraus; einen Kuli, wie die beiden, die aus Ivys Handtasche konfisziert worden waren. »Wir könnten uns abwechseln«, schlug er vor.
    Ivy setzte sich. El-Hassam
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