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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung
Autoren: Greg Iles
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ein merkwürdiges Lachen aus. »›Ich könnte es Ihnen erzählen, aber dann müsste ich Sie töten.‹ Das ist ein geradezu klassisches paranoides Denken.«
    »Glauben Sie wirklich, ich erfinde das alles?«
    Ihre Antwort kam vorsichtig. »Ich glaube, Sie glauben alles, was Sie mir erzählen.«
    »Also leide ich an Wahnvorstellungen.«
    »Sie müssen zugeben, dass Sie nun seit einiger Zeit bestürzende Halluzinationen haben. Besonders in den letzten Wochen waren einige dabei, die klassischen religiösen Wahnvorstellungen nahe kommen.«
    »Aber bei den meisten ist das nicht so«, erinnerte ich sie. »Außerdem bin ich Atheist. Ist das vielleicht klassisch?«
    »Nein, zugegeben. Trotzdem, Sie haben sich geweigert, eineBehandlungsmethode gegen Ihre Narkolepsie zu entwickeln. Oder Epilepsie. Oder auch nur Ihren Blutzuckerspiegel untersuchen zu lassen, wenn wir schon dabei sind.«
    Ich wurde vom führenden Neurologen der Welt behandelt. »Das wird auf der Arbeit untersucht.«
    »Von Andrew Fielding? Er war doch kein Arzt, oder?«
    Ich beschloss, einen Schritt weiter zu gehen. »Ich werde von Ravi Nara behandelt.«
    Rachels Unterkiefer sank herab. »Ravi Nara? Sie meinen doch wohl nicht den Nobelpreisträger für Medizin?«
    »Genau den«, sagte ich mit Abscheu.
    »Sie arbeiten mit Ravi Nara zusammen?
    »Ja. Er ist ein Arschloch. Es war Nara, der gesagt hat, Fielding wäre an einem Schlaganfall gestorben.«
    Rachel schien nach Worten zu suchen. »David, ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll. Arbeiten Sie tatsächlich mit diesen berühmten Leuten zusammen?«
    »Ist das so schwer zu glauben? Ich bin selbst einigermaßen berühmt, wenn ich Sie daran erinnern darf.«
    »Ja, aber … aber nicht auf die gleiche Weise. Aus welchem Grund sollten diese Männer zusammenarbeiten? Sie forschen doch auf vollkommen unterschiedlichen Gebieten?«
    »Bis vor zwei Jahren.«
    »Was soll das heißen?«
    »Gehen Sie, Rachel. Gehen Sie zurück in Ihr Büro.«
    »Ich habe meinem letzten Patienten abgesagt, um zu Ihnen zu kommen.«
    »Stellen Sie mir die Stunde in Rechnung.«
    Sie errötete. »Es ist nicht nötig, dass Sie mich beleidigen. Bitte erzählen Sie mir, was das alles zu bedeuten hat. Ich bin es leid, immer nur von Ihren Halluzinationen zu hören.«
    »Träume, nicht Halluzinationen.«
    »Wie Sie meinen. Jedenfalls reicht das nicht aus, um damit zu arbeiten.«
    »Nicht für Ihre Zwecke, zugegeben. Aber Sie und ichverfolgen unterschiedliche Ziele. Das war von Anfang an so. Sie versuchen, das Rätsel David Tennant zu lösen. Ich versuche, das Rätsel meiner Träume zu lösen.«
    »Aber die Antworten liegen in Ihnen und Ihrer Persönlichkeit! Träume sind nicht unabhängig vom Rest Ihres Gehirns! Sie …«
    Das Läuten des Telefons ließ sie verstummen. Ich erhob mich und ging in die Küche, um den Anruf entgegenzunehmen. In meiner Brust war ein merkwürdiges Trommeln. Gut möglich, dass der Präsident der Vereinigten Staaten am anderen Ende der Leitung war.
    »Tennant«, sagte ich aus jahrelanger Gewohnheit.
    »Doktor David?«, rief eine hysterische Frauenstimme mit asiatischem Akzent. Es war Lu Li, Fieldings chinesische Ehefrau. Oder Witwe …
    »Ja, ich bin es, David, Lu Li. Es tut mir Leid, ich hätte anrufen sollen.« Ich suchte nach passenden Worten, doch mir fiel nur ein Klischee ein. »Ich kann gar nicht sagen, wie schmerzhaft Andrews Verlust auch für mich ist …«
    Ein Schwall Kantonesisch, durchsetzt mit einigen englischen Vokabeln, prasselte durch die Leitung auf mich ein. Ich musste nicht alles verstehen, um zu wissen, dass ich es mit einer untröstlichen Witwe am Rande des Zusammenbruchs zu tun hatte. Gott allein wusste, was die Leute von der Sicherheitsabteilung der Trinity ihr erzählt hatten oder was Lu Li davon verstanden hatte. Sie war erst drei Monate zuvor nach Amerika gekommen. Ihre Einreiseerlaubnis war vom Außenministerium beschleunigt worden, das seinerseits einen nicht allzu verhüllten motivierenden Anruf aus dem Weißen Haus erhalten hatte.
    »Ich weiß, dass es ein schrecklicher Tag war«, sagte ich mit besänftigender Stimme. »Aber Sie müssen sich beruhigen, Lu Li.«
    Lu Li atmete schwer.
    »Atmen Sie langsam und tief«, sagte ich, während ich überlegte, wie ich meine nächsten Worte formulieren sollte. Das Sicherste war wohl, die Firmentarnung zu benutzen, auf der die NSAvon Anfang an bestanden hatte. Soweit es die übrigen Firmen im Triangle-Technologiepark betraf, entwickelte die Argus
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