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Gequält

Gequält

Titel: Gequält
Autoren: Hans Koppel
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Kopf.
    »Glücklicherweise nicht.«
    Die Kellnerin brachte die Rechnung und einen Kreditkartenleser. Calle zog seine Brieftasche, um zu zahlen. David wehrte ab.
    »Du kannst dann das Kino zahlen.«
    »Das kommt aber nicht mal in die Nähe.«
    »Sag das nicht, ich will auch Popcorn, Süßigkeiten, Cola, das ganze Programm.«
    Der Kreditkartenleser surrte, die Kellnerin riss die Quittung ab und legte sie auf den Tisch.
    »Vielen Dank. Bis zum nächsten Mal.«
    Sie folgten ihr mit dem Blick, als sie zum nächsten Tisch weiterging. Sie erhoben sich, traten auf die Straße und berauschten sich an der kühlen Sommerluft. Calle legte David seinen Arm um die Hüfte und lehnte den Kopf an seine Schulter.
    »Danke für das Abendessen.«
    Endlich bequemten sie sich aus dem Restaurant. Odense war fast eine Stunde lang herumgestreunt und fing an zu frieren. Der Abstand betrug etwa hundert Meter, und sie entfernten sich von ihm. Odense beschleunigte seine Schritte, um den Abstand zu verringern. Das Rohr stand immer noch, wo er es an eine Regenrinne gelehnt hatte. Er packte es, ohne das Tempo zu verlangsamen, und wurde dann schneller. Calle Collin und sein Liebhaber schlenderten sorglos vor ihm her.
    Gleich kamen sie auf eine größere, belebtere Straße. Dort würde sich der Plan nicht mehr so leicht umsetzen lassen, die Gefahr, gesehen zu werden, war größer. In einer Menge lauerten immer potenzielle Zeugen und Alltagshelden.
    Odense erhöhte sein Tempo, er rannte jetzt beinahe. Das Rohr hielt er am ausgestreckten Arm neben sich wie ein zusätzliches Bein. Calle und sein Freund hatten noch fünfzig Meter bis zur Kreuzung. Odenses Abstand betrug das Dreifache. Er würde es nicht schaffen und erwog einen Augenblick lang, den Versuch abzubrechen und auf eine bessere Gelegenheit zu warten.
    Da blieben die beiden plötzlich stehen und sahen sich das Schaufenster eines Herrenausstatters an. Der eine deutete auf etwas, der andere lachte. Odense rannte nicht mehr, sondern ging nur noch sehr rasch, um den Abstand zu verringern.
    Sie wandten ihm den Rücken zu, einer hatte den Arm um den anderen gelegt. Es war kaum zu erkennen, wer wer war. Odense erinnerte sich, dass Calle beige Chinos getragen hatte, der andere Jeans. Der Abstand betrug jetzt nur noch zehn Meter, fünf, drei. Er packte das Rohr mit beiden Händen wie einen Baseballschläger, hob es über die Schulter, drehte sich zur Seite, linke Schulter nach vorn, machte die letzten Schritte.
    »Fucking faggots.«
    Odense schwang das Rohr in einem perfekten Bogen. Die gesamte Kraft des Schlages wurde durch die rotierende Bewegung der Schulter auf die kleine Fläche auf dem Hinterkopf des Mannes übertragen. Das Geräusch war überraschend laut und zugleich fast verführerisch rein.
    Odense wusste instinktiv, noch ehe der Mann auf dem Bürgersteig auftraf, dass er tot war. Er ging weiter, ließ das Rohr fallen und hörte, wie es über die Betonplatten des Gehsteigs rollte. Als der Schrei kam, war er bereits um die Ecke und in der Menschenmenge untergetaucht.

82
    Calle Collin saß in einem kalten Zimmer mit grau meliertem PVC-Boden und gelb marmorierten Wänden. Die Stühle waren aus hellem Holz und hatten grüne Sitzpolster. Es gab einen Tisch mit zerlesenen Zeitschriften. Es war nicht viel zu sehen, aber Calle registrierte alles. Er war hypersensitiv, und jeder Augenblick dauerte eine Ewigkeit. Die Krankenschwester hatte ihn einen Augenblick allein gelassen, um Wasser zu holen. Calle hörte rasche, vertraute Schritte auf dem Korridor. Jörgen erschien in der Tür, blieb kurz stehen, eilte dann auf Calle zu und ergriff seine Hände.
    Calle sah ihn an. Jörgen setzte sich auf den Stuhl neben ihn und strich seinem Freund über Haare und Wange.
    »Ich habe mit seinen Eltern gesprochen«, sagte Calle erstaunlich sachlich. »Sie sind auf dem Weg hierher. Ein Nachbar fährt sie. Ich habe gesagt, dass ich auf sie warten würde.«
    Jörgen nickte und tätschelte ihm das Knie.
    »Wir warten, bis sie kommen, dann nehme ich dich mit nach Hause. Du kannst bei uns übernachten.«
    Calle öffnete den Mund, um zu protestieren, aber seine Gedanken waren bereits woanders, und es kam kein Ton über seine Lippen.
    »Du wohnst bei uns«, sagte Jörgen und drückte seine Hand.

83
    »Noch Salat?«
    »Nein danke.«
    »Ein Stück Braten kannst du doch noch nehmen. Das letzte Stück.«
    »Ich bin satt«, sagte Anders und sah seinen Vater an. »Aber vielen Dank.«
    Er wollte sich nicht noch ein weiteres Mal
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