Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gequält

Gequält

Titel: Gequält
Autoren: Hans Koppel
Vom Netzwerk:
aufnahm.
    Unerwartet bog dieser in ein Sushi-Restaurant ab und setzte sich auf einen Barhocker am Fenster. Odense konnte nicht vor dem Schaufenster stehen bleiben. Er beschloss, ein Auto zu mieten.
    Sushi, Sushi, überall Sushi. Sonderlich gesund war das nicht. Der Reis enthielt Stärke, das Gefühl der Sättigung verflog rasch, und bereits am frühen Nachmittag stellte sich ein Bedürfnis nach Eiscreme, Schokolade oder einer gründlichen Kühlschrankinventur ein.
    Calles Handy, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag, plingte. Beim Anblick des Namens des Absenders auf dem Display musste er dümmlich grinsen. Er las die Nachricht.
    Fünf Uhr Schluss, halb sechs bei dir. Vorher was essen? Restaurant?
    Calle antwortete.
    Ich koche.
    Neue SMS.
    Ich lade dich ein. Italiener?
    Im Lokal auf der anderen Straßenseite wurde gut gekocht, die Preise waren okay, die Bedienung war nett und freute sich immer, wenn Calle auftauchte.
    Klingt gut. Zahlen kann ich selbst.
    Anschließend wollten sie ins Kino, kein affektierter Kostümfilm, sondern ein reeller Thriller.
    Calle tauchte das letzte Stück Lachs in das Sojasaucenschälchen und sann darüber nach, wie sehr er doch diesen verdammten Arzt liebte, nicht zuletzt seiner leichten Pummeligkeit, vielleicht ganz besonders der hässlichen Komponenten wegen. Obwohl das gar nicht hässlich war, sondern es war einfach nur wunderbar und wohlgeformt. Seit er David begegnet war, hatte Calle keine Blicke mehr auf andere Männer verschwendet.

79
    Odense sah sich gezwungen, das Lächeln eines schikanierten Migranten und seinen gesamten Charme einzusetzen, um einen blöden Nissan Micra mieten zu dürfen. Er schloss sogar eine Zusatzversicherung zur Reduzierung der Selbstbeteiligung ab, um den Idioten von der Tankstelle zu besänftigen.
    »Wohin fahren Sie?«, fragte der dumme Schwede.
    Das kann dir doch egal sein, du Arsch.
    »Ich will ein paar Freunde in Stockholm besuchen und mir ein paar Sehenswürdigkeiten ansehen. Ich wohne in Dänemark.«
    »Sie wissen, dass wir eine Citymaut haben? Wenn Sie beispielsweise nach Södertälje fahren, ist die Fahrt durch die Stockholmer Innenstadt kostenpflichtig.«
    »Meine Freunde wohnen in der Innenstadt«, sagte Odense.
    Der Tankwart verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen, als erstaune ihn diese Information. Seine geradezu vollendete Menschenkenntnis hatte ihm bereits früh verraten, dass er einen der guten Migranten vor sich hatte. Wie die meisten eben, die anständig waren und einer Arbeit nachgingen.
    »Sie sprechen gut  … Skandinavisch.«
    Trotz meiner schwarzen Haare, meinst du? Ein Wunder, nicht wahr?
    »Danke. Was halten Sie vom Vasa-Museum? Sollte ich mir das ansehen?«
    Verdammter Vollblutrassist.
    Odense erkundigte sich, was er tanken sollte, und als er davonfuhr, saß er wie ein Anfänger direkt hinter der Windschutzscheibe und winkte, ehe er langsam auf die Straße einbog. Dann schob er den Sitz nach hinten, kurbelte die Scheibe runter und zündete sich eine Zigarette an.
    Calle Collin saß nicht mehr in der Sushi-Bar. Ein erneuter Anruf verriet Odense, dass er sich wieder in seiner Wohnung befand. Er fand einen Parkplatz, von dem aus er die Haustür im Auge behalten konnte. Er ging in den Tabakladen an der Ecke und kaufte sich eine Abendzeitung, blätterte im Sportteil und rauchte bei geöffnetem Fenster.
    Plötzlich schoss ihm durch den Kopf, wie idiotisch die Idee mit den dänischen Nummernschildern war. Es war besser, zu gegebenem Zeitpunkt ein Auto zu klauen, es anschließend an einer nicht zu unpassenden Stelle in der zweiten Reihe zu parken und so schnell wie möglich zu verschwinden. Unnötig, einen Hinweis auf Dänemark zu hinterlassen. Durch und durch idiotisch. Und bloß, weil ihm seine originelle Bezeichnung des Projektes, Drunk Danish Driver, so gefallen hatte. Odense war ganz klar ein Opfer seiner eigenen Formulierungslust geworden.
    Er nahm seinen Rucksack und ging zu einem Haus, das gerade renoviert wurde. Davor standen große Säcke mit Betonschutt, alten Wasserleitungen und rostigen Abflussrohren. Er sah sich rasch um und schob die dänischen Kennzeichen in eins der Rohre. Dann kehrte er zu seinem Mietwagen zurück und wartete weiter. Er hatte den Sportteil gelesen und blätterte pflichtschuldig die übrigen Seiten durch. Eine Menge Gewäsch über schwedische Promis, die Odense durch die Reihe weg nicht kannte, was den Schwachsinn noch uninteressanter machte, als er ohnehin schon war. Er warf die Zeitung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher