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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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wollte.
    Er sah sie.
»Ah, Barbara.« Dann rief er ins Haus: »Hadiyyah. Khushi. Barbara ist
hier.«
    »Ah! Toll,
toll, toll!«, jauchzte Hadiyyah übermütig. Sie tauchte unter dem Arm ihres
Vaters hindurch und strahlte dermaßen, dass ihr Gesicht allein ausgereicht
hätte, um das Zimmer zu erleuchten. »Komm rein! Es ist eine Überraschung!«
    Dann hörte
Barbara die Stimme einer Frau in der Wohnung, und sie wusste, wer es war, noch
ehe sie die Frau gesehen hatte. »Als Überraschung hat mich noch nie jemand
bezeichnet. Stell mich vor, Liebes. Aber sag wenigstens Mummy zu mir.«
    Barbara
kannte ihren Namen. Angelina. Sie hatte noch nie ein Foto von ihr gesehen, aber
sie hatte versucht, sich vorzustellen, wie sie aussehen mochte. Sie hatte nicht
weit daneben gelegen.
    Dieselbe
Größe wie Azhar und genauso dünn wie er. Durchscheinende Haut, blaue Augen,
dunkle Brauen und Wimpern, modischer Haarschnitt. Schmale Hose, frisch
gebügelte Bluse, schmale Füße in flachen Schuhen. Die Sorte Schuhe, die eine
Frau trug, um ihren Mann nicht zu überragen.
    »Barbara Havers«,
sagte sie zu Angelina. »Sie sind Hadiyyahs Mutter. Ich habe schon viel von
Ihnen gehört.«
    »Das
stimmt!«, krähte Hadiyyah. »Ich hab ihr ganz viel von dir erzählt, Mummy. Ihr
beide werdet bestimmt gute Freundinnen.«
    »Das hoffe
ich.« Angelina legte ihrer Tochter einen Arm um die Schultern. Hadiyyah legte
ihrer Mutter einen Arm um die Taille. »Möchten Sie nicht hereinkommen,
Barbara?«, fragte Angelina. »Von Ihnen habe ich auch schon viel gehört.« Sie drehte
sich zu Azhar um. »Huri, haben wir noch...«
    »Ich bin
völlig erledigt«, unterbrach Barbara sie. Hari. Nein. Die
Wiedersehensfreude konnte sie nicht teilen. »Ich bin gerade erst von der Arbeit
gekommen. Können wir das verschieben? Vielleicht auf morgen? Oder wie auch
immer?« Und zu Hadiyyah: »War das in Ordnung, Kleines?«
    Hadiyyah,
den Arm immer noch um Angelinas Taille geschlungen, sah zu ihrer Mutter hoch,
während sie zu Barbara sagte: »Na klar. Morgen haben wir ganz viel Zeit,
stimmt's, Mummy?«
    Angelina
sagte: »Ganz, ganz viel Zeit, Liebes.«
    Barbara
sagte gute Nacht. Sie salutierte kurz, eine alberne Geste. Sie war viel zu
müde, um das alles jetzt zu verarbeiten. Morgen war auch noch Zeit genug.
    Sie war auf
halbem Weg zu ihrem Häuschen, als er ihren Namen rief. Sie blieb auf dem Weg
stehen. Sie wollte dieses Gespräch nicht, aber wahrscheinlich ließ es sich
nicht vermeiden.
    »Es
ist...«, setzte Azhar an, doch Barbara fiel ihm ins Wort. »Ihre Tochter kriegen
Sie heute nicht mehr ins Bett«, sagte sie heiter. »Die tanzt bestimmt die Nacht
durch.«
    »Ja. Das
nehme ich an.« Er blickte zurück in die Richtung, aus der er gekommen war, dann
sah er wieder Barbara an. »Sie wollte es Ihnen schon früher sagen, aber ich
hielt es für das Beste zu warten, bis...« Er zögerte. Die Pause drückte die
ganze Beziehung zwischen ihm und Hadiyyahs Mutter aus.
    »Unbedingt«,
sagte Barbara, um ihn zu retten.
    »Wenn sie
nicht zurückgekommen wäre, sehen Sie, obwohl sie es angekündigt hatte, wollte
ich Hadiyyah nicht in Erklärungsnot bringen. Das hätte ihre Enttäuschung noch
verschlimmert.«
    »Unbedingt«,
sagte Barbara noch einmal.
    »Sie sehen
also...«
    »Vollkommen
klar.«
    »Hadiyyah
hat immer daran geglaubt.«
    »Ja. Das
stimmt.«
    »Ich weiß
nicht, warum.«
    »Tja, sie
ist immerhin ihre Mutter. Ein Band, das nicht zerreißt. Das wüsste sie. Sie
würde es spüren.«
    »Es ist
nicht ganz klar...« Azhar kramte in seinen Hosentaschen. Barbara wusste, was
er suchte, aber sie hatte keine Zigaretten eingesteckt. Er fand seine
Schachtel und hielt sie ihr hin. Sie schüttelte den Kopf. Er zündete sich eine
an. »Warum sie zurückgekommen ist«, sagte er schließlich.
    »Wie
bitte?«
    »Ich weiß
noch nicht, warum sie wirklich zurückgekommen ist.«
    »Ah. Ach
so.« Barbara wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatten nie darüber
gesprochen, warum Angelina ihren Mann und ihre Tochter verlassen hatte. Es
hatte immer nur geheißen, sie sei verreist. Nach Kanada. Barbara hatte zwar von
Anfang an geahnt, dass damit keine Vergnügungsreise gemeint war - falls
Angelina jemals wirklich dort gewesen war -, aber sie hatte nie versucht, mehr
darüber zu erfahren. Hadiyyah, hatte sie sich gesagt, würde nicht mehr wissen,
und Azhar würde nicht bereit sein, ihr mehr zu erzählen.
    »Ich
schätze, Angelina hatte es sich anders vorgestellt«, sagte Azhar. »Das
Zusammenleben
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