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Georg Büchner, "Woyzeck" - Textausgabe + Lektüreschlüssel

Georg Büchner, "Woyzeck" - Textausgabe + Lektüreschlüssel

Titel: Georg Büchner, "Woyzeck" - Textausgabe + Lektüreschlüssel
Autoren: Reclam
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ungeöffnet zurück. Ohne Zeitdruck arbeitete er von nun an an der Endfassung, die ihn noch in Zürich beschäftigt zu haben scheint. Die Handlung folgt gängigen Märchen- und Komödienmustern: Prinz Leonce, Thronfolger im Königreich Popo, soll durch eine Heirat mit Prinzessin Lena aus dem Nachbarreich Pipi das winzige Land Popo geographisch und machtpolitisch aufwerten. Er entzieht sich der Pflicht und flieht nach Italien, dem Land seiner Sehnsucht. Auf dem Weg trifft er auf die ebenfalls flüchtige Lena. Die beiden verlieben sich ineinander. Am Ende findet die von Anfang an geplante Hochzeit statt. Das Stück bedient sich zahlreicher literarischer Versatzstücke, die es auf gleichzeitig ausgelassene und melancholische Weise parodiert. In die realitätsferne Handlung ist eine bissige Satire auf die deutsche Kleinstaaterei sowie die Blasiertheit und den Dünkel der »Duodezfürsten« und ihres Hofstaates eingelagert.
    Am 18. Oktober – einen Tag nach seinem 23. Geburtstag – reiste Georg Büchner nach Zürich ab. Als politischer Flüchtling war sein Status auch in dem neuen Gastland heikel. Am Ende des Asylverfahrens stand Ende November eine mit manchen Auflagen verbundene Aufenthaltsgenehmigung für zunächst sechs Monate. Schon Anfang November war er aufgrund einer überzeugenden Probevorlesung von der Universität in den Kreis der Privatdozenten aufgenommen worden. Seinen ersten akademischen Kurs, zur Anatomie der Fische und Amphibien, nannte er »Zootomische Demonstrationen«. Fünf Studenten meldeten sich an, nur drei blieben bei der Stange, von denen wiederum nur einer regelmäßig kam. Der dreimal wöchentlich angesetzte Kurs fand in Büchners Privatwohnung statt, einem karg möblierten Zimmer in der Steingasse. Die anatomischen Präparate musste er selbst herstellen, da die Universität nichts dergleichen besaß. »Ich sitze am Tage mit dem Skalpell und die Nacht mit den Büchern«, schrieb er Ende November an den Bruder Wilhelm. Am 20. Januar klagte er seiner Verlobten: »Das Mühlrad dreht sich als fort ohne Rast und Ruh.« Wenige Tage darauf erkrankte er an einem »typhösen Nervenfieber« (
Neue Zürcher Zeitung
vom 17. Februar 1837), das in der Stadt grassierte. Durch anhaltende Überarbeitung und vermutlich unzureichende Ernährung geschwächt, versagten seine Abwehrkräfte. Am 17. Februar traf Wilhelmine Jaeglé aus Straßburg ein. Der Kranke vermochte kaum mehr, sie zu erkennen. Im Fieberdelirium quälten ihn die Erinnerung an das Schicksal der politischen Freunde in Hessen und die Angst, dorthin ausgeliefert zu werden. Am 19. Februar 1837 starb Georg Büchner im Alter von 23 Jahren.

8. Rezeption
    »Ein Kopf von merkwürdiger Frühreife, ein Freidenker nicht nur auf religiösem Gebiete, sondern auch […] so klar in politischen Dingen, wie Keiner sonst von allen […] im damaligen Deutschland« (Franz Mehring, 1897).
    »Der Wozzeck […] wie vieles macht er unnütz, was man laut und begeistert begrüßt hat, wie vieles spätere. […] ich möchte fast sagen: hier geht der Weg« (R. M. Rilke, 1915).
    »Therese Giese [eine große Schauspielerin] sagte mir, sie glaube, dies sei die größte Tragödie in deutscher Sprache. Sie kann noch einen anderen Anspruch erheben: Sie ist die größte Dichtung des ›Absurden‹« (Thornton Wilder, 1953).
    »Büchner [ist] mit dem
Woyzeck
der vollkommenste Umsturz in der Literatur gelungen: die Entdeckung des
Geringen
. Diese Entdeckung setzt Erbarmen voraus, aber nur wenn dieses Erbarmen verborgen bleibt, wenn es stumm ist, wenn es sich nicht ausspricht, ist das Geringe
intakt
. Der Dichter […], der das Geringe mit seinem Erbarmen öffentlich aufbläst, verunreinigt und zerstört es. Von Stimmen und von den Worten der Anderen ist Woyzeck gehetzt, doch vom Dichter ist er unberührt geblieben. In dieser Keuschheit fürs Geringe ist bis zum heutigen Tage niemand mit Büchner zu vergleichen« (Elias Canetti, 1972).
    »
Woyzeck
hat mich immer am meisten fasziniert« (Friedrich Dürrenmatt, 1988).
    »Mit Büchner fängt eigentlich die moderne Dramatik an« (Heiner Müller, 1988).
    (Zitiert nach: J. Ch. Hauschild,
Georg Büchner. Biographie
, S. 12, 14, 16, 18, sowie B. Dedner [u. a.],
Erläuterungen und Dokumente
, S. 276.)

9. Checkliste
    Fragen und Aufgaben zur Erstinformation zum Werk :
    1. Welche Lebensumstände des historischen Johann Christian Woyzeck könnten Einfluss auf seine Tat gehabt haben?
    2. Welche weiteren Mordfälle liegen Georg Büchners Drama
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