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Generation A

Generation A

Titel: Generation A
Autoren: Douglas Coupland
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wir doch rein und besprechen den Kuchenbasar. Ich hab gedacht, ich mach vielleicht einen Cobbler.«
    »Wenn ich anderer Meinung bin als du, bin ich dann keins deiner Schäfchen mehr?« Ich funkelte Erik wütend an.
    Er zuckte die Schultern. »Äh, ja.«
    Ahhh ... exkommuniziert.
    Und da wurde ich gestochen.

HARJ
    Als Junge hatte ich einen Job bei meinem ältesten Bruder, der als Reiseführer junge Leute - hauptsächlich amerikanische Touristen über die Insel begleitete, die dort »sich selbst finden« wollten. Oh, die grauenhaften Gespräche, die ich ertragen musste, wenn ich irgendeinen Kris oder Max, eine Amy oder einen Craig darüber diskutieren hörte, wie man es anstellte, »im Kopf frei zu werden«. Ich frage euch: Ist es so unverzeihlich, einen Craig erwürgen zu wollen? Kaum dass diese Craigs dachten, ich sei außer Hörweite, nannten sie meinen Bruder Apu und mich Mini-Apu und machten Kwik-E-Mart-Witze. Die hatten ja keine Ahnung, dass ich meine freien Minuten im Büro damit verbrachte, am Computer Die Simpsons oder Family Guy zu sehen, wenn ich nicht gerade unter amüsanten Stichworten wie »Zeitrafferfotografie«, »japanische Gameshows« oder »owned« nachsah, die ich heute noch wärmstens empfehlen kann.
    Ich durchschaute also diese Craig-Männchen und Craig-Weibchen mit ihren Knöcheltattoos von Tweety und Satan.
    Ich konnte von Glück sagen; ich hatte eine behütete Kindheit und einen Vater, der bei einer Bank arbeitete, der HSBC, wenn auch auf einem ihrer entlegensten Außenposten. Das Logo an der Eingangstür hatte man mit ziegelroter Farbe übermalt, damit politische Wirrköpfe aus der Gegend keinen Anstoß daran nehmen konnten, und die Fenster im Büro meines Vaters waren mit Sperrholz vernagelt, das aus dem US-Bundesstaat Maine stammte; die verräterischen Brandstempel innen waren nie überstrichen worden. Wenn ich nach der Schule dort war und wartete, bis mein Vater Feierabend machte, glotzte ich die ganze Zeit auf dieses Sperrholz. Meine Begeisterung für New England kommt also nicht von ungefähr.
    Ich versuchte mir immer die Wälder vorzustellen, aus denen das Holz stammte: Bäume, so groß, dass sie den Himmel verdunkelten, und reiche Leute wie George Clooney, die über Felder voll Klee ritten und dabei ihre Zunge herausstreckten, um Schneeflocken aufzufangen. Diese reichen Menschen trugen Pullover (ich konnte mir nicht mal vorstellen, wie es sich anfühlen mochte, einen zu tragen) und gingen dann in ihre Blockhütten, wo ihre Diener ihnen gebratenen Truthahn auftischten.
    Ich glaube, ich zähle zu Mutter Naturs Arbeitsbienen, und ich habe viele schwüle Nachmittage damit verbracht, in den Himmel über dem Indischen Ozean zu starren, während ich mich fragte, was das Leben für mich bereithielt. Ich wusste, dass ich die Nase voll davon hatte, reiche junge Monster über die Insel zu führen - ein Job, der einen irgendwann vollends korrumpieren musste, bis ich dort endete, wo mein älterer Bruder jetzt war, im Sumpf des Sextourismus - europäische Männer und gelegentlich auch Frauen, die aus »Interesse an der reichen und vielfältigen Kultur« der Demokratischen Volksrepublik Sri Lanka herkamen, nur um unversehens doch im Handjobviertel der Stadt zu landen und ihre Ferien im Zeichen von Abmelken, Kleenex und hässlichen Kommandos zu verbringen. Es war nicht die Welt, in der ich mich irgendwann wiederfinden wollte, aber die einzigen Alternativen waren Plantagenarbeit oder sich als militanter Linker der JVP oder der LTTE anzuschließen. Welche Perspektiven hatte ein junger Mann auf Sri Lanka?
    Na, jedenfalls besorgte mir mein Vater dann einen Teilzeitjob in seiner Bank, wo ich kleinere Hausmeisterarbeiten erledigte. Am Nachmittag des 26. Dezember 2004 war ich in der Bank, vorgeblich, um die vielen Messinglampen dort zu polieren, auf die mein Vater sehr stolz war. Ich brauchte das bescheidene Gehalt, wollte mich aber ehrlich gesagt auch davor drücken, mit meiner Familie an der Verlobungsfeier meiner Cousine teilzunehmen und am Strand von Nawarednapuram Kokos-Barsch-Pasteten zu essen und langweiliges Zeug über ihren Verlobten Arnood zu tratschen, ein verdrießliches Hinduschwein, das christlichen Weihnachtsbaumschmuck über eBay sammelt. Arnood ist heterosexuell, aber wirklich nur um Haaresbreite. Mein Onkel und meine Tante waren so froh, meine Cousine loszuwerden, dass sie sie auch mit einem Banyanbaum verheiratet hätten, wenn der so nett gewesen wäre, um ihre Hand anzuhalten.
    Wie sich
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