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Generation A

Generation A

Titel: Generation A
Autoren: Douglas Coupland
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meinem Unterarm an und klatschte es in Panik weg. Die beiden alten Weiber starrten die Biene am Boden an, sanken auf die Knie und fingen an zu beten.
     

DIANA
    NORTH BAY, ONTARIO, KANADA
    Ich heiße Diana - ganz recht, ich bin nach Diana, der Prinzessin von Wales, benannt, so wie meine Mutter nach Jackie Kennedy benannt ist. Plus ca change. Ich bin das älteste der Wonka-Kinder (so bezeichnet uns Julien) und war anfangs eher eine erwachsene Schwester als eine aus der Kinderschar. Ich weiß noch ganz genau, wo und wie ich gestochen wurde.
    Es war Sonntagnachmittag, und ich hatte mich um den Kuchenbasar in der Sonntagsschule gekümmert. Ich schrubbte gerade ein paar Kuchenbleche ab, die zum Einweichen in Wasser gelegen hatten, und ich weiß noch, dass ich trödelte, weil die Bleche so wunderbar dufteten - nach Mandeln, Zucker und Zitrone -, und ich dann traurig wurde, weil Mandeln ja praktisch der Vergangenheit angehören. Ich erinnere mich noch an die vielen Fotos von Mandelbäumen in Kalifornien, an die Nahaufnahmen von den Ästen, an denen pro Baum vielleicht gerade noch eine Mandel hing. Der Geruch von künstlichem Mandelaroma wiederum stürzte mich in düstere Gedanken, weil ich mit vierunddreißig noch alleinstehend bin, ohne irgendwas in Aussicht. Ich trocknete mir die Hände ab und beschloss, ins Internet zu gehen, vielleicht fand ich ja einen netten Mann auf einem christlichen schwarzen Brett für Partnersuche.
    »Schwarzes Brett« - ich weiß, das klingt prämillennial, aber ich bin ein konservativer Mensch, und wenn ich auch nicht krampfhaft darauf beharre, mein Leben mit jemandem zu teilen, weiß ich immerhin, wie schwer es für eine Frau meines Alters ist, etwas Dauerhaftes zu finden, vor allem, wenn man kein Flittchen ist wie meine Schwester - aber das ist eine andere Geschichte.
     

    Diesmal ging ich nicht wie sonst zu M4W, sondern zu W4M, um mir die Konkurrenz anzusehen.
     
    Hallo, ich heiße Richelle, ich bin dreiundzwanzig und liebe den Herrn mit aller Inbrunst, ich bin ganz verrückt nach Gott! Meine Beziehung zum Herrn ist mir das Wichtigste im Leben. Ich stamme ursprünglich aus Ontario, bin aber ...
     
    Hallo, ihr da draußen! Hier kommt's: Ich bin Michelle, zweiundzwanzig, und vor allem eins: Christin. Ich möchte, dass Jesus in jedem Aspekt meines Lebens gegenwärtig ist. Ich suche nach jemandem, der diese Passion mit mir teilt ...
     
    Ich heiße Sarah, bin zwanzig und suche einen Seelenfreund, jemanden, mit dem ich im Glauben leben und dem Herrn dienen kann. Ich bin ein höflicher und sanftmütiger Mensch. Ich tue mein Bestes, meine Nächsten zu lieben wie der Herr ...
     
    Mir schwand der Mut. Wie sollte ich gegen diese jungen Dinger ankommen? Die nehmen die Religion hin, wie sie das Alphabet auswendig lernen. Sie sind noch zu jung, um überhaupt an etwas zu zweifeln.
    Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, einem von diesen schwarzen Standarddingern von Staples, und versuchte zum ersten Mal bewusst, mir eine Strategie des Alleinbleibens für den Rest meines Lebens zurechtzulegen. Ich musste mich der Tatsache stellen, dass ich dieses Loch in mir habe; mein Leben lang habe ich Angst gehabt, die Leute könnten dieses Loch sehen. Vielleicht sollte ich das Loch einfach annehmen und stolz darauf sein, auch wenn es ein bisschen abstoßend klingt. Vielleicht sollte ich ganz zusammengekrümmt durchs Leben gehen, so dass mein Körper und mein Gesicht diese Leere widerspiegeln.
     
    Kackepissefotzearsch.
    Ist das nicht schockierend, wenn es das erste Mal passiert? Ich habe das Tourette-Syndrom - im Ernst. Aber man gewöhnt sich recht schnell daran. Normalerweise hören die Leute schon bei der fünften »Fotzen«-Salve darüber hinweg. Mir selbst fällt das kaum noch auf.
    Abgesehen davon laufe ich ja nicht die ganze Zeit rum und sage »Kackepissefotze«. Ich blöke alles raus, was mir gerade durch den Kopf geht, bin eine lebende Aussprechmaschine. Ich würde sagen, wir alle denken solche Sachen, nur ich sage sie auch laut.
     
    ... Fettarsch
    ... Schweinenase
    ... Faustficker
    ... schwuler Vogel
    ... Frauenschläger
     
    Ich sage Ihnen auf den Kopf zu, was Sie sind.
    Na gut, zurück zum Tag des Bienenstichs.
    Ich saß immer noch auf meinem Staples-Stuhl, genau so wie ich reingeplumpst war, als ich von der anderen Straßenseite einen Hund jaulen hörte - Kayla, einen Dobermannpinscher. Es war so ein Jaulen zwischen Angst und Schmerz. Ich rannte zur Vordertür raus auf den Bürgersteig, der nach
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