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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder
Autoren: Lisa Kleypas
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wirkte älter, weil sie größer war und eine süße Ernsthaftigkeit besaß, die ihr scheinbar eine gewisse Reife verlieh.
    Früher einmal hatten sie als die attraktivsten Schwestern in Lincolnshire gegolten, aber Lara wusste, dass Rachels Schönheit die ihre überstrahlte. Rachels Gesichtszüge waren vollkommen klassisch: große Augen, ein kleiner Mund wie eine Rosenknospe und eine kleine, leicht nach oben geschwungene Nase. Laras Gesicht dagegen war rund statt oval und ihr Mund war zu groß; und außerdem entschlüpften ihre glatten dunklen Haare – die jedem Lockenwickler widerstanden – immerzu den Nadeln.
    Lara hieß ihre Schwester an der Tür willkommen und zog sie hinein. Rachel war teuer gekleidet und ihre Haare waren sorgfältig hochgesteckt. Ihre Haut und ihre Haare dufteten süß nach Veilchen.
    »Meine liebe Larissa«, sagte Rachel und blickte sich um, »zum tausendsten Mal, warum ziehst du nicht einfach zu Terrell und mir? Wir haben Dutzende von freien Zimmern und du hättest es viel bequemer …«
    »Danke, Rachel.« Lara umarmte ihre Schwester. »Aber ich könnte nicht mit deinem Mann unter einem Dach leben.
    Ich kann nicht so tun, als tolerierte ich einen Mann, der dich nicht gut behandelt. Und ich bin sicher, dass Lord Lonsdale mir die gleichen ablehnenden Gefühle entgegenbringt.«
    »So schlimm ist er ja nun auch wieder nicht…«
    »Er ist ein grässlicher Ehemann, auch wenn du dich noch so sehr bemühst, etwas anderes zu behaupten. Lord Lonsdale schert sich nicht im Geringsten um irgendjemanden, nur um sich selbst, und er wird sich auch niemals ändern.«
    Rachel runzelte die Stirn und setzte sich neben die Feuerstelle. »Manchmal denke ich, die einzige Person, die Terrell jemals wirklich gemocht hat, war Lord Hawksworth.«
    »Sie waren beide aus dem gleichen Holz«, stimmte Lara zu, »wenn man einmal davon absieht, dass Hunter zumindest nie die Hand gegen mich erhoben hat.«
    »Das war nur einmal«, protestierte Rachel. »Ich hätte es dir nie erzählen dürfen.«
    »Du brauchtest es mir gar nicht zu erzählen. Der blaue Fleck in deinem Gesicht war aussagekräftig genug.«
    Beide schwiegen und dachten an die Episode vor zwei Monaten, als Lord Lonsdale Rachel bei einem Streit ins Gesicht geschlagen hatte. Es hatte Wochen gedauert, bis die blauen Flecken auf Rachels Wange und um ihr Auge völlig verblasst waren. Rachel hatte es nicht gewagt, aus dem Haus zu gehen. Und jetzt behauptete sie, dass Lord Lonsdale seinen Mangel an Selbstbeherrschung tief bedauerte. Sie hatte ihm vergeben, so sagte sie, und sie wünschte, Lara würde das auch tun.
    Lara jedoch konnte niemandem vergeben, der ihrer Schwester wehgetan hatte, und sie hegte den Verdacht, es würde wieder passieren. Fast wünschte sie, Hunter sei noch am Leben. Trotz all seiner Fehler hätte er sich nie so weit herabgelassen, eine Frau zu schlagen. Hunter würde Lord Lonsdale klargemacht haben, dass ein solches Verhalten nicht akzeptabel war. Und Lonsdale hätte möglicherweise auf ihn gehört, denn Hunter war einer der wenigen Menschen auf der Welt, die er respektierte.
    »Ich bin nicht hierher gekommen, um darüber zu reden, Larissa.« Rachel blickte ihre Schwester liebevoll und besorgt an, während Lara sich auf einen gepolsterten Hocker neben sie setzte. »Ich habe die Neuigkeiten über Lord Hawksworth gehört. Sag mir … kommt er wirklich zu dir zurück?«
    Lara schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Irgendein Verrückter in London behauptet, mein Ehemann zu sein. Mr. Young und Dr. Slade suchen ihn auf und ich bin sicher, sie bringen ihn entweder nach Bedlam oder nach Newgate, je nachdem, ob er verrückt oder kriminell ist.«
    »Und es gibt keine Chance, dass Lord Hawksworth doch am Leben ist?« Rachel seufzte, als sie die Antwort in Laras Gesicht las. »Es tut mir Leid, dass ich das sagen muss, aber ich bin erleichtert. Deine Ehe war nicht gut und ich wünsche mir, dass du glücklich bist.«
    »Dir wünsche ich das Gleiche«, entgegnete Lara ernst. »Doch die Umstände, unter denen du lebst, sind weitaus schlimmer, Rachel, als es meine jemals gewesen sind. Hunter war weit davon entfernt, ein idealer Ehemann zu sein, aber wir beide kamen trotz allem einigermaßen gut miteinander aus, abgesehen von …« Sie brach ab und errötete plötzlich.
    Es fiel ihr nicht leicht, über intime Dinge zu reden. Sie und Rachel waren puritanisch erzogen worden und ihre Eltern waren zwar freundlich, aber auch distanziert gewesen. Lara und
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