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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia
Autoren: Karl Plepelits
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aber nur auf eine einzige Waschküche - im Klartext: zu sehen war unter uns nur eine einheitlich weißleuchtende Wolkendecke und bald gar nichts mehr, und als wir dann gelandet waren, erkenne ich zu meiner grenzenlosen Enttäuschung, daß es in Strömen regnet. Na, so hab' ich mir aber meine erste Ankunft in Ägypten nicht vorgestellt! Hat's denn nicht geheißen, in Ägypten scheine das ganze Jahr über die Sonne - außer natürlich in der Nacht -, und Regen sei vollkommen unbekannt? Oder hat sich vielleicht der Pilot verflogen, und wir sind statt in Kairo in London oder gar in Reykjavik gelandet? Aber nein: da meldet sich die Stewardess über Lautsprecher und teilt uns mit, daß wir soeben in Kairo gelandet seien. Na also! Die wird's ja wohl wissen!
    Aber da beschleicht mich eine neue Sorge: wie wird das dann im Flughafengebäude sein? Wird man uns auch wirklich abholen? Wird ein Führer auf uns warten, der zumindest dem Chauffeur sagen kann, wohin's gehen soll? Ich kann doch kein Wort Arabisch! Oder wird man auf uns vergessen haben? Man kennt doch die sprichwörtliche Unzuverlässigkeit der Orientalen! Sowas ist mir nämlich einmal in London passiert! Ich steh' mit einer Gruppe am Flughafen - aber da war kein Bus, der auf uns gewartet hätte, um uns ins Hotel zu bringen! Das heißt, er ist dann schon gekommen, aber mit welcher Verspätung!
    Aber siehe da: meine Befürchtungen sind völlig unbegründet! Da stehen sie ja schon, drei Mann hoch, und einer von ihnen hält ein großes Schild in die Höhe, und auf dem steht deutlich und unübersehbar geschrieben: Katholisches Bildungswerk St. Pölten! Na also! Nichts ist mit der sprichwörtlichen Unzuverlässigkeit der Orientalen! Und mit welcher Freundlichkeit, ja, Herzlichkeit wir begrüßt werden! Das ist ja direkt herzerfrischend! Nun, ich stelle mich, leicht verlegen und zugleich unheimlich erleichtert, als Reiseleiter vor, und dabei strahlen alle drei übers ganze Gesicht und schütteln mir heftig und ausgiebig die Hand, und dann spricht mich der älteste von den dreien in halbwegs verständlichem Englisch an und stellt sich selber vor als Mister Mohammed und Chef der Agentur, die uns auf der gesamten Reise durch Ägypten betreuen wird, und den zweitältesten als Mister Ali, seine rechte Hand. Hierauf verstummt er, und der Dritte im Bunde, der jüngste und zugleich mit Abstand fescheste von allen, tut den Mund auf und beginnt zu reden, und ich denke mir, nanu, meine Englischkenntnisse werden auch immer schwächer, ich sollte mich echt schämen - bis ich auf einmal merke, hoppla, der redet ja gar nicht englisch, der redet deutsch! Und jetzt beginne ich langsam zu verstehen, was er sagt: er sei unser Führer für die ganze Reise, und er heiße ... Wie heiße er? Salami? Ah, Salam heiße er. Na bumm, denk' ich mir, das kann ja noch heiter werden! Wie sollen denn meine Leute den verstehen? Aber ein fescher Kerl ist er, das muß ihm der Neid der Götter lassen!
    Nun, die drei helfen uns in wirklich rührender Weise bei den entsetzlich komplizierten Formalitäten am Zoll und so weiter, und sobald all das erledigt ist, führen sie uns hinaus - hu, und wie's regnet, und wärmer hätt' ich mir's eigentlich auch vorgestellt! -, und dort fordert uns Mister Mohammed auf, unter dem Vordach einen Augenblick zu warten, worauf sie sich alle drei entfernen und uns allein zurücklassen. Ja, ja, so war's in London damals: mutterseelenallein mit einer Gruppe vor dem Flughafen, und weit und breit kein Bus in Sicht! Um meine aufkommende Nervosität zu unterdrücken, beginne ich auf mein liebes Grüpplein eine kleine Ansprache loszulassen, oder genauer: mehrere Miniansprachen loszulassen: daß sie, falls sie's noch nicht getan hätten, ihre Uhren um eine Stunde vorstellen müßten, daß es also in Wirklichkeit schon zehn vor zwei sei; daß die Fahrt bis zu unserem Hotel garantiert eine geschlagene Stunde dauern werde; daß anschließend für heute kein Programm mehr vorgesehen sei und daß sie sich lieber ausruhen und das schöne Hotel genießen sollten; daß es bei diesem Wetter eh nicht viel Sinn hätte, wenn ich ihnen irgendein Zusatzprogramm mit Taxi oder so organisieren würde, zumal ich bestimmt für den Rest des Tages ausgebucht sei - und dabei wies ich mit weit ausholender Geste auf zwei auffallend riesige, alte und schäbige Koffer, die zu unseren übrigen Koffern auf den Wägelchen in seltsamem Gegensatz standen -; diese zwei Koffer enthielten nämlich angeblich Spenden für die
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