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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane
Autoren: Courtney Milan
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ihr fasziniert, als ihm lieb oder eines Pfarrers würdig war. Schließlich wandte er sich wieder Mark zu. „So, das hätten wir“, verkündete er und rieb sich die Hände. „Keine Sorge, Sir Mark. Wir achten darauf, dass ihresgleichen Sie nicht weiter behelligt.“
    Mark sah hinüber zu Mrs Farleigh, die an den Gemüsestand zurückgekehrt war. Die roten Bänder ihres Kleides ließen sogar die Radieschen verblassen, wie überhaupt alles neben ihr seltsam farblos schien.
    Er war keusch, kein Heiliger. Außerdem schaute er ja nur.
    Wenn da nicht dieser Widerspruch an ihr wäre, ebenso augenfällig wie der Kontrast zwischen dem hellen Rosa ihres Kleides und dem satten Rot des Taillenbands. Und sie hatte den Pfarrer einen Heuchler genannt, ohne dass der es überhaupt bemerkt hatte. Was sie wohl zu Mark zu sagen hätte?
    Würde auch sie einen Heiligen in ihm sehen? Ein anbetungswürdiges Idol?
    Oder würde sie wirklich ihn sehen?
    Möglich wäre es. Nein, wozu sich länger etwas vormachen? Er schaute nicht nur. Sein Interesse war geweckt. Er wollte mehr erfahren.

3. KAPITEL
    J essica hatte die letzten sieben Jahre in London gelebt. Ihre Gönner hatten sie wohl mit auf Landpartien genommen, doch unschicklich, wie die Verhältnisse nun einmal waren, hatte man sie nie bei den Nachbarn eingeführt. Ihre Vorstellung des Landlebens war eine reduziertere, ruhigere Version des Lebens in der Stadt. Erstaunlich, wie schnell man seine eigene Kindheit vergessen konnte.
    In gewisser Weise hatte sie in Shepton Mallet ihre Ruhe. Jessica hatte etwas außerhalb der Ortschaft ein kleines Haus gefunden, dort, wo die Straßen aufhörten, gepflastert zu sein, und die Häuser Wiesen und Feldern wichen. Manchmal vergingen Stunden, wenn nicht gar Tage, bis sie außer ihrem aus London mitgebrachten Mädchen einer Menschenseele begegnete.
    Dass Sir Mark sich zufällig in die Nähe ihres Hauses verirrte, dürfte unwahrscheinlich sein. Weshalb es eigentlich nur einen Ort gab, ihn zu sehen: die Kirche. Früh am Sonntagmorgen brach sie auf. Die Sommersonne hatte das alte Gemäuer noch nicht erwärmt, aber das Gedränge im Innern ließ es stickiger sein, als Jessica erwartet hatte. Zudem schien es eine feste Sitzordnung zu geben. Für die besten Familien waren die vorderen Bänke reserviert, das einfache Fußvolk stand hinten.
    Man war sich in Shepton Mallet bislang nicht im Klaren, wohin Jessica gehörte. Sie hatte genügend Geld, ein Haus zu mieten, und eine Dienerin hatte sie auch. Aber Fragen zu ihrer Familie und ihrer Vergangenheit wich sie aus, was mit ziemlicher Sicherheit auf eine zweifelhafte Moral schließen ließ. Zudem war sie schön, und schönen Frauen war bekanntlich nicht zu trauen.
    Letztlich entschied sie sich für einen Platz auf den hinteren Rängen, von wo sie alles gut überblicken konnte. Sir Mark saß natürlich in der ersten Reihe und zog alle Blicke auf sich, als sei er es, der die Predigt halte.
    Jessica hatte vor Beginn des Gottesdienstes seine Bekanntschaft machen wollen, doch halb Shepton Mallet schien denselben Gedanken zu hegen. Und wer dessen nicht mehr bedurfte, versuchte nach Kräften, ihn von der zweifelhaften Mrs Farleigh fernzuhalten. Vielleicht kam ihre Reputation ihr ja zupass. Immerhin wollte sie ihn verführen und nicht heiraten. Männer ließen sich nicht von Frauen verführen, die sie heiraten wollten, weshalb sich alles sehr sinnig fügte. Nun galt es, an ihn heranzukommen – und das möglichst bald.
    Während der Predigt hielt er den Blick auf die Kanzel gerichtet. Doch dann, als Lewis endlich zum Schluss fand, drehte Sir Mark sich um, sah sie direkt an, als hätte er die ganze Zeit gewusst, wo sie saß und dass sie ihn beobachtete.
    Ihre Blicke trafen sich. Weder wandte sie den Kopf, noch schlug sie die Augen nieder; Schüchternheit und Schicklichkeit gehörten der Vergangenheit an. Ohne mit der Wimper zu zucken, schaute sie ihn an.
    Sein Blick schweifte abwärts – und schon bereute sie die Macht der Gewohnheit, die sie heute früh zu einem respektablen Kleid hatte greifen lassen. All die Jahre, und sie zog zum Kirchgang noch immer ein hochgeschlossenes Kleid an.
    Dann hob er den Blick wieder, begegnete dem ihren – und zwinkerte ihr zur.
    Fast meinte sie, es sich nur eingebildet zu haben, denn er wandte sich wieder nach vorn.
    Was hatte das zu bedeuten? Was wollte er bezwecken? Es flatterte bei ihr im Bauch wie bei einem jungen Mädchen, das jeden Blick des Angebeteten zu deuten versucht. Aber hier
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