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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane
Autoren: Courtney Milan
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natürlich nicht nur männliche Anhänger“, bestätigte Lewis seine schlimmsten Befürchtungen. „Am Sonntag, nach dem Gottesdienst, würde ich Ihnen gern meine Tochter Dinah vorstellen.“
    Hatte er es doch gewusst. Andauernd sollte er die Bekanntschaft mit jungen, unbedarften Frauen machen. Neben ihm rieb Tolliver sich das Kinn und sah Mark mit einem Ingrimm an, als wäre sein Held plötzlich zum Rivalen geworden. Wenn der junge Tolliver sich für besagte Dinah interessierte, dürfte es sich so verhalten, wie Mark vermutete. Man schien davon auszugehen, dass die passende Frau für einen Gentleman seiner moralischen Rechtschaffenheit nur …
    „Sie ist ein reizendes Mädchen“, sagte Lewis. „Gehorsam, keusch und gottgefällig. Sehr fügsam, noch keine sechzehn und ließe sich somit ganz nach Gutdünken formen.“
    Mark schloss in stummer Verzweiflung die Augen. Kaum schrieb man ein Buch über Keuschheit, nahm alle Welt an, man wünsche sich ein gefügiges Kind zur Braut.
    „Ich bin achtundzwanzig“, sagte er trocken.
    „Dann sind Sie nicht mal doppelt so alt!“, frohlockte der Pfarrer und fügte vertraulich hinzu: „Ich sähe sie ungern an einen alten Mann gebunden. Oder …“, er warf einen vielsagenden Blick auf Tolliver, „… an einen Jungspund, der selbst kaum weiß, was er will.“ Sichtlich mit sich zufrieden, fuhr er fort: „Als Junggeselle freuen Sie sich bestimmt über Gesellschaft. Ich werde gleich einen Besuchsplan aufstellen. Wenn wir Sie täglich reihum zu Tee und Dinner einladen, sollten Sie binnen sechs Wochen …“
    „Nein.“ Es half nichts, Mark musste unhöflich werden. „Nein, tut mir leid. Ich bin hier, da ich Ruhe und Frieden suche, nicht weil mir der Sinn nach Geselligkeit steht. Schon gar nicht zweimal täglich.“
    Dem Pfarrer fiel die Kinnlade herunter, Tolliver verzog das Gesicht. Mark fühlte sich schäbig. Warum, o warum nur hatte sein Buch nicht wie so viele andere Bücher in der Versenkung verschwinden können?
    „Einmal die Woche“, bot er an. „Mehr nicht.“
    Dem Pfarrer entrang sich ein tiefer Seufzer. „Na schön, wir könnten die Zusammenkünfte in größerem Rahmen abhalten. Ein Picknick der Kirchengemeinde vielleicht? Doch, das wäre eine gute Idee. Und dann … oje.“ Mit finsterer Miene schaute er über den Platz. „Nun denn, auf diese Weise können wir Sie wenigstens vor schlechtem Umgang bewahren.“
    Mark folgte seinem Blick. Ein paar Sonnenstrahlen brachen durch die Wolken, fielen auf die leeren Marktstände. Das Interesse des Pfarrers schien einer Frau zu gelten, die eben den Platz betreten hatte.
    Zunächst nahm er nur ihre Haare war – eine ebenholzschwarze Pracht in kunstvoll geflochtenen Schlingen aufgesteckt, die gerade noch ihre Schultern berührten, das Haupt bedeckt von einer hauchdünnen Spitzenhaube. Schwarz war ihm immer als farblos erschienen, doch ihr Haar war so dicht und so dunkel, dass es in der Sonne schimmerte und alle Farben in sich zu vereinen schien. Ohne Haube, Flechten, Nadeln dürfte es ihr bis an die Kniekehlen reichen …
    Ihre Bewegungen waren anmutig, fast schien es, als schwebe sie über den Platz. Ihre weit ausholenden Schritte ließen lange, schlanke Beine unter den fließenden Röcken vermuten. Vor dem Wirtshaus blieb sie stehen. Obwohl erst morgen Markttag war, karrte der Gemüsehändler bereits einige Waren an; sie besah sich die Auslage, und wohl selten war die Begutachtung eines Kohlkopfs so poetisch anzusehen.
    Erst da bemerkte Mark, weshalb der Pfarrer sie so anstarrte. Ihr Kleid war von hellem Rosa, um die Taille mit einem breiten roten Band geschnürt. Das Oberteil wurde von weiteren roten Bändern gehalten, die ihre weiblichen Rundungen vorteilhaft betonten. Nicht dass diese einer Betonung bedurft hätten, war ihre Figur doch, gelinde gesagt, beeindruckend. Weder zu zart und zierlich noch zu rundlich und üppig, sondern genau richtig. Jede andere Frau dürfte neben ihr schlecht proportioniert wirken.
    Mit leiser Wehmut fragte sich Mark, warum eigentlich niemand versuchte, ihn mit Frauen wie ihr zu behelligen?
    In London hätte sie wohl den einen oder anderen Blick auf sich gezogen – neugierige und bewundernde Blicke eher denn verachtende. Die Bewohner von Shepton Mallet indes dürften ratlos sein, was sie von einer Frau wie ihr zu halten hatten. Oder von einem solchen Kleid. Aber Mark wusste es. Dieses Kleid schrie geradezu: Schau mich an!
    Mark war kein Freund lautstarker Befehle. Er wandte sich
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