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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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Ashton war, vielleicht brachte sie ihm ein Fässchen Butter und einen frisch gebackenen Laib Brot. Wer sollte es sonst sein bei diesem Wetter? Schwungvoll öffnete er die Tür …
    … und erstarrte. Es war doch die Schuljungenfantasie. Jessica Farleigh stand vor seiner Tür, nass bis auf die Haut. Ihr Kleid hing triefend herab, klebte ihr am Körper. Es juckte ihn in den Fingern, ihr die Regentropfen von der Haut zu wischen. Sein Blick senkte sich. Unter dem durchnässten Musselin zeichneten sich zwei dunkle Halbkreise ab, die Brustspitzen selbst lagen – gerade so – unter dem Korsett verborgen.
    Sie hätte genauso gut kein Kleid tragen können. Er konnte sogar die grüne Stickerei auf ihren Unterkleidern erkennen, die Nähte ihres Korsetts, das wie angegossen saß. Und als sein Blick noch tiefer schweifte – auch er war nur aus Fleisch und Blut –, sah er den Schwung ihrer Hüften, wie geschaffen, eines Mannes Leib zu umfangen.
    Schuljungenfantasie? Wohl kaum. Eher, wonach es gestandene Männer verlangte. Sie war umwerfend. Zu schön, um wahr zu sein. Und somit suspekt.
    Langsam hob er seinen Blick wieder, sah ihr ins Gesicht. Jawohl, ins Gesicht, rief er seine querschießenden Triebe zur Räson.
    Es half nur nichts. Ein Regentropfen rann ihre noble Nase hinab, und er musste sich sehr beherrschen, nicht die Hand danach auszustrecken. Wie gebannt starrte er den Tropfen an, der nun von ihrer Nasenspitze hing und sich beharrlich der Schwerkraft widersetzte.
    Na schön, sagte er sich. Auch er konnte der Natur trotzen. Glaswand. Glasstein um Glasstein zog er sie um sich. Hinter ihr spürte er kein Verlangen. War sicher vor der Versuchung, ihr die Regentropfen von den Lippen zu lecken.
    „Sir Mark.“ Ihre Stimme war hell und freundlich, Musik in seinen Ohren. „Es ist mir schrecklich unangenehm, Sie zu stören, aber die Umstände ließen mir keine Wahl.“
    Er sah ihr in die Augen. Sie waren so dunkel, dass er nichts darin erkennen konnte, keine Regung. Sie log, ohne mit der Wimper zu zucken.
    „Ich war spazieren“, fuhr sie fort, „und habe überhaupt nicht auf das Wetter geachtet.“
    „Spazieren. Ohne Schirm, Umhang oder Schal.“ Seine Stimme klang ihm seltsam tonlos in den Ohren. „Es sah den ganzen Tag schon nach Regen aus, Mrs Farleigh.“
    „Oh, gewiss, wenigstens ein Tuch hätte ich umlegen sollen. Wie dumm von mir.“ Sie stieß ein helles Lachen aus. „Ich hatte wohl andere Dinge im Kopf.“
    Ihren Hut hielt sie in der Hand, ihre Haare waren nass. Doch waren sie nicht zerzaust, klebten ihr nicht flach am Kopf. Einzelne Strähnen hatten sich gelöst und lockten sich – lockten einen, sich einige Haare um den Finger zu wickeln.
    Allen Lockungen zum Trotz hielt seine Erregung sich in Grenzen. Schade, eigentlich.
    Denn Mrs Farleigh übertrieb. Sie tat, als wäre sie töricht, ein vergessliches Frauenzimmer, das schutzlos vom Regen überrascht wurde. Mark kannte Männer, die ihr geglaubt hätten – weil sie glaubten, dass Frauen grundsätzlich töricht seien.
    Nicht so Mark. Und sie war es erst gar nicht. Sie dürfte jedes Kleidungsstück mit derselben Präzision ausgewählt haben, die ein Uhrmacher auf die Auswahl seiner Uhrfedern verwandte.
    „Mrs Farleigh“, seufzte er. „Bei so viel Gedankenlosigkeit hätten Sie sich schon vor Jahren den Tod geholt. Sie erfreuen sich indes bester Gesundheit, weshalb ich Ihre kleine Geschichte für das halte, was sie ist – eine dumme Ausrede.“
    Ungläubig blinzelnd sah sie ihn an; schimmernde Regentropfen hingen an ihren Wimpern.
    „Sehen Sie? Ich bin längst nicht so nett, wie es allgemein verbreitet wird, hätte ich Sie doch sonst keine Lügnerin genannt.“
    Sie senkte den Blick. „Gut, ich gebe es zu. Ich war neugierig auf Sie. Und in Anbetracht meiner Reputation – und der Ihren – wusste ich nicht, wie wir uns sonst einmal ausführlich hätten unterhalten können.“
    Ihm wäre schon etwas eingefallen. Der Gedanke war ihm selbst gekommen, wollten ihre schlagfertigen Erwiderungen ihm nicht aus dem Kopf, ihre Widersprüchlichkeit, dieses Lächeln, das abgeklärt, traurig und argwöhnisch zugleich war. Doch diese kleine Episode hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Wahrscheinlich hatte sie geglaubt, sie brauche sich ihm nur in all ihrer triefnassen Pracht zu präsentieren, um ihn um den Verstand zu bringen.
    „Wenn Sie sich mit mir unterhalten wollten“, bemerkte er trocken, „hätten Sie einen Umhang tragen können.“ Er hob den Blick.

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